108 2. Tl. Kriegserklärung u. Friedensschluß n. deutsch. Völkerrecht.
zu ersehen ist, daß er dem Kriege beitritt. Da derjenige, gegen
den das Schutz= und Trutzbündnis gerichtet ist, in den beiden
genannten Fällen in der Verteidigungsstellung sich befindet,
braucht er natürlich nicht mit einer Kriegserklärung zu antwor-
ten.
c. Bei gegenseitigem Schutz= und Trutzbündnis haben die
Staaten, die dem Kriege auf der einen oder anderen Seite bei-
zutreten wünschen, eine entsprechende Erklärung, insbesondere
an ihre Gegner abzugeben.
III. Im Falle eines Bürgerkrieges.
Zunächst außerhalb des Rahmens eines regulären Krie-
ges zwischen selbständigen und unabhängigen Staaten liegen der
sogen. Bürgerkrieg und die mit ihm verwandten Kriege von
Mitgliedern staatlicher Gemeinwesen untereinander. Sie können
aber unter gewissen Umständen in die Sphäre des Völkerrechts
hineingreifen, nämlich in dem Augenblicke, wo sie zu regulären
Kriegen werden. Es fragt sich dann: Ist jetzt noch eine be-
sondere Kriegserklärung erforderlich?
a. Da der Bürgerkrieg wie schon sein Name sagt, eine
revolutionäre Bewegung im Innern eines Staates darstellt, reicht
er als solche nicht in die Domäne des Völkerrechts hinein.
Denn Subjekte dieses Krieges sind Bevölkerungsteile ein und
desselben Staates, also Private im Sinne des Völkerrechts. Da-
von nun, ob es der bisherigen Regierung gelingt, die aufrührer-
ische Bewegung zu unterdrücken oder nicht, wird es abhängen,
ob dieser Streit die Rechtsnatur eines Krieges gewinnt. Nur
im letzteren Falle, wenn die aufständische Partei neben die
alte Regierung als ein neues Staatsgebilde oder überhaupt
an deren Stelle tritt, ist ihr die Möglichkeit gegeben, völker-
rechtliches Rechtssubjebt zu werden. Ob ihre Kämpfe zu wirk-
lichen Kriegen führen und demgemäß nach den völkerrecht-
lichen Grundsätzen des Krieges beurteilt werden müssen, hängt
im Einzelfalle von der Ausdehnung und Machtstellung der
Kämpfenden ab und ist eine für jeden Fall besonders zu ent-
scheidende Tatfrage. 1) „Die für diese Wandlung juristisch maß-
gebende Tatsache, ist die Behandlung, mithin die Anerkennung
der Bewegungspartei als kriegführende Partei“, 2) sei es durch
1) Vgl. Lueder a. a. O. § 62. 2) So Ullmann, § 168.