Kriegserklärung nach deutschem Völkerrecht. 115
den Uebeltäter zu bestrafen, so kann allerdings die Handlung
des einzelnen zu Feindseligkeiten führen. )
2. Ebenso braucht man den Krieg den Piraten nicht zu er-
klären, selbst wenn diese ein Gemeinwesen nach Art der Staaten
bilden. Sie stehen außerhalb des Schutzes des Völkerrechts, da
sie keine Beziehungen zur internationalen Staatengemeinschaft
unterhalten.:) So stellte Frankreichs Vorgehen gegen Algier
1830 keinen Krieg im völkerrechtlichen Sinne dar. )
3. Wie die feindlichen Handlungen einzelner Personen, so
gelten auch solche von Angehörigen der bewaffneten Macht,
wenn diese ohne Befehl ihrer vorgesetzten Behörde handeln,
nicht als Feindseligkeitsaltte des Staates. Sie können als solche
allerdinge zu Konflikten, insbesondere zu Grenzzwischenfällen
und schließlich zu kriegerischen Verwickelungen führen. So nahm
die Sceschlacht bei Navarin ihren Anfang durch einen zufällig
abgegebenen Schuß.
Erst wenn Feindseligkeiten auf Befehl der souveränen
Macht geübt werden, kommt die Frage der Kriegserklärung
in Betracht.
4. Ja sogar in dem Falle, wo eine oder mehrere Mächte zur
bewaffneten Intervention schreiten, d. h. der legitimen von
einer aufständischen Partei im Staate bedrängten Regierung
zu Hilfe Kommen, liegt ein Krieg nicht vor.
Wenn die aufständische Partei noch nicht im Besitze der
Regierung ist, stellt sich das Eingreifen der fremden Mächte zu
Gunsten und im Namen der regulären Regierung als innere
Angelegenheit des angegriffenen Staates dar, so daß die Not-
wendigkeit einer Kriegserklärung wie beim Bürgerkrieg hier
wegfällt.
Schwieriger liegt der Fall, wenn die aufständische Partei,
gegen die die Intervention sich richtet, im Besitze der Regierung
ist, wi: Napoleon 1815 im Besitze der Regierung Frankreichs
und die Konstitutionellen 1823 im Besitz der von Spanien waren.
Doch werden wir das Vorgehen der fremden Mächte gegen diese
1) Vgl. Féraud- Giraud d. a. O. S. 42.
2) Ebenso Sainte-Croix GS. 236.
3) Vgl. Ftraud- Giraud S. 41.