Full text: Kriegserklärung und Friedensschluß nach deutschem Staats- und Völkerrecht.

22 1. Tl. Kriegserklärung u. Friedensschluß n. deutsch. Staatsrecht. 
schichte eine wahrhaft einheitliche nationale Politik zu ermög- 
lichen. ) Infolgedessen ist auch in der Verfassung des Norddeut- 
schen Bundes der Unterschied zwischen beiden Rechten nicht klar- 
zum Ausdruck gekommen. Denn die Bundesverfassung bestimmte 
in Art. 11 Abs. 1 -„„ .Das Bundespräsidium hat das 
Reich völkerrechtlich zu vertreten, im Namen des Reiches Krieg 
zu erklären und Frieden zu schließen, Bündnisse mit fremden 
Staaten einzugehen . .“ Demnach besaß das Bundesprä— 
sidium nicht nur das Recht der Kriegserklärung, sondern auch 
selbständig und ausschließlich das Recht der Kriegbeschließung. 
Weder die Zustimmung des Bundesrats noch die des Reichstages 
war dazu erforderlich. 2) 
Hierir ist, wie bereits erwähnt, eine grundsätzliche Aende- 
rung eingetreten, — indem das Recht der Kriegserklärung 
prinzipiell an die Zustimmung des Bundesrats geknüpft wird,) 
— durch die Einfügung des neuen Abs. 2 in Art. 11: „Zur 
Kriegserklärung im Namen des Reichs ist die Zustimmung des 
Bundesrats erforderlich, es sei denn, daß ein Angriff auf das 
Bundesgebiet oder dessen Küsten erfolgt.“ 
Dieser Zusatz findet sich zuerst in der mit den Großherzog= 
tümern Baden und Hessen vereinbarten Verfassung des Nord- 
deutschen Bundes vom 15. November 1870. (Bd. G. Bl. 1870 
S. 632.) Im konstituierenden Reichstag wurde er durch den 
Präsidenten des Bundeskanzleramtes, Delbrück, in der Sitz- 
ung vom 5. Dezember 1870 zur Erörterung gestellt. Die An- 
sichten, die bei seiner Beratung hier zum Ausdruck gekommen 
sind, geben uns einigen Aufschluß über die Absichten, die dem 
Antrag zu Grunde lagen und die darauf hinausliefen, das 
Bundespräsidium in der Ausübung des bisher uneingeschränkten 
Rechts der Entscheidung über Krieg und Frieden in dem noch 
näher anzugebenden Sinne einzuschränken. 
In der erwähnten Sitzung des Reichstages des Norddeutschen 
Bundes begründete Delbrück den in Frage stehenden Abs. 2 
des Art. 11 der Bundesverfassung folgendermaßen: „Dieser 
  
1) H. Schulze, Preuß. Staatsr. I S. 823. — Auch die deutsche K. V. 
von 1849 legte dem Kaiser im § 76 das Recht bei, Krieg zu erklären und Frieden 
zu schließen. 
2) Ebenso Thudichum, a. a. O. 8) So Behling S. 174.
	        
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