24 1. Tl. Kriegserklärung u. Friedensschluß n. deutsch. Staatsrecht.
auszugleichende Bedingungen stellte, oder deren mit einem
Bruche drohenden Forderungen zurückwies, welcher alle mili-
tärischen Vorkehrungen zu einem Kriege aus eigenem Rechte
traf bis zur Mobilmachung und Aufstellung an der Grenze,
welcher vielleicht Bündnisse zu dem Zwpecke rechtsgültig ab-
schloß, auf eine unerträgliche Weise bloßstellen und überdies
die Ehre und das Ansehen des Reiches, wahrscheinlich ganz
nutzlos, verletzen.“ 1)
Als Hauptgrund für die Einführung des erwähnten Zu-
satzes wird von Fischer (S. 135) der offenbare Nutzen ange-
geben, welchen die angeführte Bestimmung in politischer Be-
ziehung dem deutschen Volke namentlich in den Augen des
Auslandes gewähre. Als ein weiterer wichtiger Grund kommt
jedenfalls in Betracht die außerordentliche Bedeutsamkeit eines
solchen Staatsaktes, wie die Kriegserklärung ist. 2) Ein Mit-
wirkungsrecht des Bundesrates entspricht sodann dem Grund-
satze, daß die souveräne Macht im Staate die Entscheidung über
Krieg und Frieden besitzt.)
Diese Aeußerungen mögen zur vorläufigen Charakterisierung
des uns hier interessierenden Zusatzes genügen.
Im folgenden soll zunächst festgestellt werden, in welchen
Fällen die Verfassung bei einer Beschlußfassung über Krieg
und Frieden die Mitwirkung des Bundesrates verlangt, bezw.
den Kaiser allein beschließen läßt. Sodann wollen wir die recht-
liche Bedeutung der Mitwirkung des Bundesrates einer ge-
nauen Betrachtung unterziehen.
I. Wenn die Reichsverfassung in Abs. 2 des Art. 11 sagt:
„Zur Kriegserklärung im Namen des Reiches ist die Zustimmung
des Bundesrates erforderlich, es sei denn, daß erfolgt", so
geht schon aus der Wortfassung des Absatzes klar hervor, daß
prinzipiell die Zustimmung des Bundesrates zur Kriegserklä—
rung erforderlich ist, und daß nur ausnahmsweise der Kaiser
selbständig entscheiden kann: „Es sei denn, daß ein Angriff
auf das Bundesgebiet oder dessen Küsten erfolgt.“
1) v. Mohl c. a. O. S. 326. 2) Ebenso Reincke, S. 151.
8) Aus dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates solgt nun ganz klar seine Be-
fugnis, die vom Kaiser beabsichtigte Kriegserklärung zu verweigern. Daß die Reichs-
verfassung nur ein Scheinrecht des Bundesrates habe staluieren wollen, wird wohl
kaum behauptet werden können. Vgl. v. Mohl, RN. Si. R. S. 326.