Full text: Kriegserklärung und Friedensschluß nach deutschem Staats- und Völkerrecht.

1. Kapitel: Kriegserklärung nach deutschem Staatsrecht. 37 
mit dem Angriff tatsächlich den Kriegszustand. Aber auch nach- 
dem die Verpflichtung zur Kriegserklärung zu einer Völker= 
rechtsnorm aller kontrahierenden Staaten geworden ist, wird 
der, wenn auch auf völkerrechtlich unzulässige Weise, durch tat- 
sächlichen Beginn eröffnete Kriegsstand als ein völkerrecht- 
licher Zustand anerkannt werden müssen (vgl. unten S. 102)1) 
Nach alledem behaupte ich mit Proebst, daß das Mitwirkungs- 
recht des Bundesrates nicht nur Voraussetzung für die „völker- 
rechtliche“ Gültigkeit der Kriegserklärung sein kann, sondern 
tatsächlich ist, wenn auch das Fehlen der Zustimmung praktisch 
nur dann zum Vorschein kommen dürfte, wenn der Kaiser den 
Krieg erklärt und bei verweigerter oder nicht eingeholter Zu- 
stimmung des Bundesrates das Fehlen derselben dem Gegner 
mitteilt, oder wenn der Bundesrat selbst den Gegner davon in 
Kenntnis setzt. 
Zur Begründung meiner Ansicht führe ich folgendes aus: 
1) Schon im ehemaligen Deutschen Reiche bedurfte der 
Kaiser zur Kriegführung der Zustimmung der Reichsstände (vgl. 
J. P. O. Art. VIII 5 2: „Gaudeant (sc. Status Imperü) sine 
contradictione iure suffragil in omnibus deliberationibus super 
negotiis Imperii, praesertim ubi leges kerendae vel inter- 
pretendae, bellum decernendum . .. nec non ubi pax aut 
foedera facinda .“ 2) 
Im Deutschen Bund konnte eine Kriegserklärung auch nur 
in der vollen Versammlung nach der für dieselbe vorgeschriebenen 
Stimmenmehrheit von Zweidritteilen beschlossen werden (Wie- 
ner Schlußakte Art. 40). 
Ebenso hat die Bundesverfassung der Vereinigten Staaten 
von Nordamerika) das Recht der Kriegserklärung dem Kon- 
greß zugeteilt und dem Präsidenten jegliche Mitwirkung bei 
  
1) Hierdurch widerlegt sich auch die Ansicht Heilborns, System S. 164: 
Der fremde Staat dürfe die deutschen Soldaten mit dem Kaiser an der Spitze als 
Freibeuter behandeln. — Denn ihm steht höchstens ein Recht zu, für den ihm zu- 
gefügten Schaden Repressalien auszuüben. 
2) Bgl. Zacharige, Pd. S. 63. 
8) Konstitution of the Unlted States I 6: The congress shall have 
power to declare War.
	        
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