Full text: Kriegserklärung und Friedensschluß nach deutschem Staats- und Völkerrecht.

52 1. Tl. Kriegserklärung u. Friedensschluß n. deutsch. Staatsrecht. 
„Staatsvertrag und Gesetz sind identisch“?"1), Kann demnach 
auch durch einen Staatsvertrag inneres Staatsrecht entstehen? 
Um eine richtige Antwort auf diese Frage geben zu können, 
wollen wir die einzelnen Entstehungsvorgänge eines Gesetzes 
mit denen der Willensbildung eines Staatsvertrages vergleichen. 
In der Literatur werden, insbesondere von Laband für 
das Zustandekommen eines gültigen Gesetzes vier Erforder- 
nisse aufgestellt.)) nämlich 1. Feststellung des Gesetzesinhaltes 
(Schaffung eines Rechtssatzes), 2. Sanktion (Gesetzesbefehl, Aus- 
stattung des Rechtssatzes mit verbindlicher Kraft), 3. Promul-= 
gation, 4. Publikation. Die beiden ersten Momente machen 
die Willensbildung aus. Die beiden letzten enthalten den „ge- 
hörigen Ausspruch des gesetzgeberischen Willens.“ 3) Die Fest- 
stellung des Gesetzesinhaltes geschieht im Reich durch zwei Or- 
gane, den Bundesrat und Reichstag; und zwar werden gemäß 
Art. 7 Ziff. 1 R. V. die Gesetzentwürfe sowohl, bevor sie an 
den Reichstag gelangen, als auch nachher vom Bundesrate be- 
raten und Beschlüsse darüber gefaßt. Der zweite Beschluß des 
Bundesrates enthält nun einmal die Zustimmung zum Gesetzes- 
inhalt, also die endgültige Feststellung des staatlichen Willens 
als auch die Erteilung des Gesetzesbefehl: die Sanktion. Beide 
Erfordernisse fallen aber notwendigerweise zusammen. „Der 
Rechtssatz enthält“, wie Gierket) m. E. richtig sagt, „von 
vornherein den Gesetzesbefehl als notwendiges Moment, da man 
nicht wollen kann, daß etwas Recht sei, ohne zugleich zu wollen, 
daß es bindende Kraft habe.“ Die Sanktion ist die Vollendung 
der gesetzgeberischen Willensbildung in dem abschließenden und 
entscheidenden Akt des Bundesrates. Freilich tritt „dieser staats- 
rechtlich wichtigste Vorgang unter allen staatlichen Funktionen“ 5) 
äußerlich nicht hervor. „Die Sanktion ist vielmehr ein innerer 
Vorgang in der Monarchenpersönlichkeit.“.) 
Mit dem Abschluß der Willensbildung ist das perfekte Ge- 
setz Toch nicht verbindlich, es ist rechtlich noch gar nicht vor- 
handen. Es bedarf vielmehr, „um rechtlich wirksam werden zu 
1) A. a. O. S. 110. 
2) Ugl. Laband, a. a. O. Bd. II S. 21 ff. 
3) Vgl. O. Gierke in Grünh. Zeitschr. Bd. VI S. 229. 
4) A. a. O. 5S) Zorn, Deutsch. St. R. Bd. | S. 414. 
6) Jellinek, Gesetz und Verordnung S. 319. 
 
	        
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