56 1. Tl. Kriegserklärung u. Friedensschluß n. deutsch. Staatsrecht.
beschlossenen Urteils kein freier Willensakt des Vorsitzenden
ist, so Kknüpft auch das Verfassungsrecht an die Tatsache der
Sanktion und hier auch der Ratifikation für das dazu be-
rusene Organ die Verpflichtung, den Willen des Staates zu
verkünden. )
Von der Publikation des Staatsvertrages in der Form des
Gesetzes oder der Verordnung hängt freilich, wie wir gesehen
haben, die Gültigkeit und Wirksambeit desselben gegenüber den
Kontrahenten nicht ab. Da aber der Vertrag von den Untertanen
und Behörden, denen er Verpflichtungen auferlegt, erfüllt werden
soll, so ist die Publikation des Vertrages erforderlich, um ihm
diese Erfüllung zu sichern.
Während nun die Anhänger der Theorie von der „völker-
rechtlichen“" Gültigkeit der Staatsverträge, des sogen. eng-
lischen Systems, behaupten, an dem Abschluß eines Staatsver-
trages seien die Gesetzgebungsorgane des Reiches niemals be-
teiligt, deren Mitwirkung beschränke sich in den Fällen, in
welchen der Vertrag in die Gesetzgebung cingreift, auf die
„staatsrechtliche“ Durchführung, sind wir der Ansicht: Die Mit-
wirkung dieser Organe ist erforderlich zur verfassungsmäßigen
Willensbildung des Staates. Diese wiederum ist die Voraus-
setzung für die Gültigkeit und Wirksamkeit des Vertrages so-
wohl gegenüber den anderen Kontrahenten als auch gegenüber
den eigenen Untertanen.:) Beide Wirkungen sind, wie wir
1) Vgl. Laband, a. a. O. S. 27 Anm. 1.
2) Freilich gehen wir hierbei nicht seweit wie E. Meier, der den Vertrags-
abschluß auf den Weg der Gesetzgebung verweist. Denn damit würden die gesetz-
gebenden Faktoren zu Organen der vertragschliesgenden Gewalt; nicht mehr die Rati-
fikation bedeute dann den Vertragsschluß, sondern die Genehmigung der Legislative.
Diese Ansicht E. Meiers ist m. E. weniger unrichtig, als vielmehr ungenau. Ein
Vertrag, der aus zwei oder mehreren Willenserklärungen besteht, kommt erst dadurch
zustande, wenn beide oder die mehreren Willenserklärungen vorliegen. An der ein-
zelnen Willenserklärung sind nun die gesetzgebenden Organe nicht beteiligt, wohl aber
an der einzelnen Willensbildung, welche eine „res interna“ des betreffenden Kontra-
henten ist. E. Meier (S. 13) sagt selbst: „Denn der Monarch, sowohl der kon-
stitutionelle als der absolute, repräsentiert den Staat in allen seinen Beziehungen,
nicht bloß in den auswärtigen, sondern auch in Bezug auf die staatlichen Handlungen
im Innern, d. h. er allein veranlaßt alle Verrichtungen der Staatsgewalt, und es
steht dem Landtag insbesondere auch nicht zu, mit auswärtigen Mächten Unterhand-
lungen oder Beziehungen irgendwelcher Art anzuknüpfen“.