68 2. Tl. Kriegserklärung u. Friedensschluß n. deutsch. Völkerrecht.
Frankreich mit Japan Krieg, und erst auf Drängen Englands,
welches seine bisherige, Frankreich günstige Stellungnahme ver-
ließ und die Neutralität gegenüber Japan zu wahren anfing,
mußte es schließlich nachgeben.
Dagegen wurden im russisch-zapanischen Kriege 1904 die
Feindseligkeiten von Japan gegen Rußland eröffnet, bevor eine
offizielle Kriegserklärung Japans an Rußland angekommen war.
Am 6. Februar hatte zwar der Mikado in einer ersten Note die
diplomatischen Beziehungen mit Rußland abgebrochen und in
einer zweiten Note erklärt, er behalte sich das Recht vor, alle
Maßnahmen zu ergreisen, die Japan zur Wahrung seiner
Interessen für notwendig halten würde. Auf diese offizielle Mit-
teilung an die russische Regierung hin, die wegen ihrer Unbe-
stimmtheit keineswegs als Kriegserklärung angesehen werden
kann, begannen die Japaner zwei Tage später, am 8. Februar
1904 den nächtlichen Angriff auf Port Arthur, obwohl sie wußten,
daß eine versöhnliche Note von Rußland an sie unterwegs war.
Dieser Angriff mußte allgemein überraschen; der Zar behauptete
mit Recht, er sei von Japan ohne Benachrichtigung angegriffen
worden, und die öffentliche Meinung in Europa, mit Ausnahme
von England, geriet in große Erregung; und die Völkerrechts-
lehrer, ##nsbesondere die russischen, protestierten gleichfalls gegen
diese Handlungsweise Japans, obgleich sie zugeben müssen, daß
eine rechtliche Verpflichtung zur Kriegserklärung nicht bestand,
mithin Japan eine solche auch nicht verletzt hat. Doch kann man,
wie v. Marteus)g sagt, „unmöglich die Haltung Japans kor-
rekt finden vom Standpunkte der von den zivilisierten Nationen
Europas und Amerikas angenommenen Gewohnheiten.“
Ebenso wie im fernen Orient, war auch auf dem Kriegs-
schauplatze im Balkan der griechisch-türkische Krieg vor der offi-
ziellen Kriegserklärung durch die Türkei am 18. April 1897
durch Beschießung eines griechischen Schiffes von einem türti-
schen Forts aus begonnen worden. 2)
1) F. v. Martens, Les hostllités sans declaratlon de guerre in Revue
gen. de dr. intern. publ. 1904, S. 150.
2) Zu einem für die Kriegserklärung ungünstigen Ergebnis kommt Mauriee,
Hostilittes without declaration of warx, der die Kricge von 1700—1870 danach
untersucht, ob sie durch eine Kriegserklärung eingeleitet worden sind; da er hierbei
auch alle Fälle von Interventionen, Friedensblokaden und dergl. hinzunimmt, kommt