Full text: Kriegserklärung und Friedensschluß nach deutschem Staats- und Völkerrecht.

Kriegserklärung nach deutschem Völkerrecht. 73 
die Möglichkeit, sehr fühlbare Hiebe gegen den Seehandel frem- 
der Staater zu führen, da es in allen Erdteilen große Kolonien 
und gute Kriegshäfen besitzt und seine Kabel durch alle Meere 
laufen, die Mitteilungen vom Mutterlande aus rasch verbreiten. -) 
b. Gegen dieses System führen die Anhänger der Kriegs- 
erklärung ihrerseits sowohl moralische und Nützlichlieitsgründe 
als auch Rechtsgründe zu Gunsten der Notwendigkeit einer 
Kriegserklärung an. 
a. Jeder Staat als eine autonome juristische Person habe 
absolute Rechte gegenüber anderen Mitgliedern der Völkerrechts- 
gemeinschaft. Auf Grund seines Rechtes auf Existenz, insbeson- 
dere auf friedliche Existenz könne jeder Staat verlangen, daß 
der andere Staat nicht leichtfertig Krieg beginnt. „La pair 
est I’état normal des nations et des gouvernements. La guerre 
est un fait exceptionel et qui doit avoir un motif Llégitime.“ 
Ein legitimes Motiv genüge aber nicht allein. Recht und Moral 
verlangen, daß kein Mittel vernachlässigt werde, das den Krieg 
vermeiden läßt. Daraus resultiere die Verpflichtung eines Staa- 
tes, für erlittenen Schaden zunächst Genugtuung zu verlangen 
und seine evtl. Absicht, diese mit Gewalt zu fordern, erst zu 
erkennen zu geben. Die vorausgehenden friedlichen Unterhandlun- 
gen und im äußersten Falle die Absendung eines Ultimatums 
vor Eröffnung der Feindseligkeiten seien deshalb als formelle 
Bedingung für die Verwirklichung des materiellen Rechtes zu 
betrachten.) 
Es biete ferner nicht nur einen besonderen Vorteil für den 
angreifenden Staat, sondern sei ein allgemeiner Nutzen für alle 
Staaten, wenn das gegenseitige Vertrauen und die allgemeine 
Sicherheit nicht durch einen plötzlichen Angriff, einen Ueberfall 
vernichtet wird. „Es würde keine Treue und Glauben unter 
den Nationen finden, sondern ein System der Isolierung und 
Furcht Platz greifen, wenn eine unerwartete Kriegsüberziehung 
in jedem Augenblick befürchtet werden müßte.“ 2) Treu und 
Glauben fordern in der Tat gebieterisch, daß in einer Zeit der 
gegenseitigen Annäherung der Völker auf Kongressen und Kon- 
1) Vgl. auch Ebren a. a. O. S. 140, Bruyas S. 77. 
2) So Rettich S. 144. 
8) Heffter, §9 120. 
 
	        
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