84 2. Tl. Kriegserklärung u. Friedensschluß n. deutsch. Völkerrecht.
zulegen und die Absicht anzuzeigen, den Streit mit den Waffen
auszutragen. Hierdurch unterscheidet sich das Manifest von der
reinen bedingungslosen Kriegserklärung, daß es das Streit-
verhältnis zwischen den Parteien auseinandersetzt, die Versuche
der eigenen Regierung, die zur Erlangung der Genugtuung ver-
geblich gemacht wurden, und die Weigerung der fremden Re-
gierung, die verlangte Genugtuung zu leisten, enthält.
Der einzige Vorteil, den das Manifest gegenüber den beiden
anderen Arten bot, war der, daß durch dasselbe die neutralen
Staaten direkt benachrichtigt wurden.
Neben dem eigentlichen Manifest pflegte die Regierung des
sich verletzt fühlenden Staates in einer sogen. Proklamation
ihren eigenen Untertanen die Gründe, die zum Kriege geführt
haben, darzulegen und ihnen Verhaltungsmaßregeln, insbeson-
dere gegenüber dem Feinde zu geben. Damit bezweckte die
Regierung gleichzeitig die Sympathien der öffentlichen Meinung,
insbesondere die des Auslandes, der neutralen Staaten, zu ge-
winnen. 5)
Jedenfalls war diese Art der Kriegserklärung sehr wenig
gebräuchlich. Nur in verhältnismäßig wenigen Fällen wurde im
19. Jahrhundert durch ein Manifest der Krieg erklärt.)
4. Als eine vierte Form der Kriegserklärung wurde von
einigen Schriftstellern der Abbruch der diplomatischen Bezie-
hungen durch die Abberufung der Gesandten betrachtet. 3) Das
ist jedoch unrichtig, denn der Abbruch der diplomatischen Be-
ziehungen kann höchstens in Verbindung mit einer der drei
angeführten Formen als solche in Berracht kommen, er allein
begründel keineswegs den Kriegszustand.") Das geht schon
daraus hervor, daß einerseits die Gesandtschaft abberufen wer-
den kann, ohne daß der Krieg ausbricht,') daß andererseits
Feindseligkeiten stattfinden können, während die Gesandtschaft
1) Vgl. Blin de Bailleul S. 81; Rivier, Principes S. 222.
2) So sandte z. B. am 28. April 1859 der Kaiser von Oesterreich ein
Manisfest an Sardinien und an Napoleon III.
3) So von Calvo, § 1655
4) Hesster, § 120 Anm. 3: „Daß die Zurückberusung der Gesandten
den Anfang des Krieges darstellt, kann nicht behauptet werden“.
5) Dies war z. B. der Fall, als England und die Niederlande nach der
Ermordung des serbischen Königspaares 1903 ihre Gesandtschaften abberiefen.