Kriegserklärung nach deutschem Völlerrecht. L
zur Anwendung. 1) Die wichtigsten Grundsätze desselben sind
bereits oben hervorgehoben. Es sei deshalb hier noch gestattet,
auf einige Unterschiede des Ultimatums gegenüber der einfachen
Kriegserklärung hinzuweisen.
a) Eine Begründung, wie bei der einfachen Kriegserklä-
rung kann beim Ultimatum deshalb unterbleiben, weil hier die
Forderungen, welche zur eventuellen Rechtfertigung des Krieges
dienen können bereits angegeben sind.?) Hüber sagt, das Ulti-
matum enthalte mittelbar eine Begründung, gestatte aber „weit
eher den wahren Grund des Krieges zu verheimlichen und
hinter der Form eines bestimmten, an sich vielleicht unwichtigen
Begehrens das wahre Kriegsziel zu verbergen.“ 3) Hierbei ist
jedoch zu bedenken, daß es dem Gegner ein leichtes sein wird,
die Scheingründe aufzudecken und den Anderen vor den übrigen
Staaten bloszustellen.
Aber auch bei dieser Form der Kriegserklärung kann un-
möglich ein Staat, der eine schlechte Sache vertritt, an der Krieg-
führung verhindert werden.
b) Das Ultimatum mit bedingter Kriegserklärung unter-
scheidet sich ferner von der einfachen Kriegserklärung dadurch,
daß es dem Gegner noch eine, und zwar ganz bestimmte Frist
setzt,!) nach deren Ablauf man erst mit Gewalttätigkeiten vor-
gehen kann. Die Dauer dieser Frist muß so bemessen sein, daß
der Gegner Zeit hat, sich zu beraten und über die ihm gesetzten
Bedingungen schlüssig zu werden. Unter Umständen kann schon
1) Für das Ultimatum konnte die Konvention auch keine klare und bestimmte
Form vorschreiben, da sie sich den verschiedenen Einzelsällen anpassen muß. Anderer
Ansicht Bellat S. 90.
2) Lgl. hierzu die Ausführungen Amourels in der 2. Sitzung der ll.
Unterkommission vom 5. Juli 1907, Ackes... III1 S. 168: (Pultimatum porte
en lul-meme I’savertissement préalable et non Cquivoque; il indlque la con-
cession exigée, et par consequent la cause de la guerre en cas de refus“.
#gl. serner Westlake 1907 S. 267, deutsches Weißbuch S. 6.
8) S. 573.
4) Keine Fristangabe enthielt die von der japanischen Regierung an China
im Jahre 1904 geschickte Note. Sie sorderte nur in allgemeinen unbestimmten Aus-
drücken die Mitwirkung Chinas bei der Durchsetzung gewisser Resormen in Korea.
Trothdem betrachtete Japan sie als Ultimatum und eröffnete daraufhin die Feindselig-
keiten. Bgl. Bruyas S. 161.