Die Ausbildung des Verfassungs- u. Industriestaats. 131
Verfassung für Gesamtdeutschland zu entwerfen, und daher
am 29. Juni den Erzherzog Johann von Osterreich als
„Reichsverweser“ an die Spitze der provisorischen „Zentral—
gewalt“ stellte, der Bundestag aber zu deren Gunsten zurück—
trat, genehmigte der sächsische Landtag die Gesetze über
Preß-, Vereins= und Versammlungsfreiheit, Schwurgerichte
und allgemeine Wehrpflicht (ohne Stellvertretung) und ge-
staltete das Wahlrecht so um, daß künftig beide Kammern
aus direkten Wahlen hervorgehen sollten.
Aber als der Landtag am 17. November geschlossen
wurde, hatten in Osterreich und in Preußen schon die kon-
servativ-monarchischen Elemente mit Hilfe des Heeres wieder
das Übergewicht erlangt, und als das Frankfurter Parla-
ment nach heißem Streite endlich am 28. März 1849, um
die neue Reichsverfassung abzuschließen, König Friedrich
Wilhelm IV. von Preußen zum „Kaiser der Deutschen“
wählte, da wies dieser die Krone als eine revolutionäre
Schöpfung der Volkssouveränität am 3. April tatsächlich
zurück und brachte dadurch die ganze nationale Bewegung
zum Scheitern. Inzwischen war in Sachsen vor dem An-
dringen der Demokratie auf dem neuen „Unverstandsland-
tage“ (seit 17. Jannar) das „Märzministerium“ schon am
24. Februar zurückgetreten, und das neue, konservative
Ministerium Held (Beust, Nabenhorst) stieß heftig mit den
Kammern zusammen, als diese die Anerkennung der sehr
demokratischen Reichsverfassung forderten. Nach dem Vor-
gange Preußens und seines militärischen Beistandes für den
Notfall schon versichert, löste der König am 28. April den
Landtag auf. Dies gab das Zeichen zu der längst geplanten
republikanischen Erhebung in Dresden unter dem volkstüm-
lichen Deckmantel der Reichsverfassung. Nur unter harten
Kämpfen und nur mit preußischer Hilfe bewältigten die
wenig zahlreichen Truppen diesen „Maiaufstand“ (3. bis
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1848
Nov.
17.
März
28.
1849
Febr.
24.
April
Mai
3.—9.