Sachsen bei Begründg. u. Ausbau d. Deutsch. Reichs. 149
unter dem Zeichen innigster und vielseitigster Gemeinschaft
mit dem gesamtdeutschen Leben und einer auf diesem Grunde
ruhenden rüstigen, in mancher Beziehung eigenartigen Kultur—
arbeit. Unmittelbar der Reichsverwaltung gehören seit 1867
das Heerwesen sowie Post= und Telegraphendienst.
Doch ist das königlich sächsische Kriegsministerium die
oberste Reichsmilitärbehörde für Sachsen geblieben, und die
sächsischen Truppen bilden eine geschlossene Abteilung des Reichs-
heeres mit besonderem Offizierkorps, eigenem Kadettenhaus
(während die höheren Militärbildungsanstalten gemeinsam sind)
und eigenen Feldzeichen unter dem Kommandorecht des Königs
als Kontingentsherrn. Sie erhielten, möglichst in größeren
Garnisonen vereinigt, fast überall neue geräumige Kasernen
(die Albertstadt in Dresden 1873—76) und wurden allmählich
mit dem allgemeinen Wachstum der deutschen Heeresstärke so
vermehrt, daß sie seit dem 1. April 1899 zwei Armeekorps, das
XII. und XIX. des Reichsheeres, mit den Generalkommandos
in Dresden und Leipzig bilden. — Reichspost= und Telegraphen-
verwaltung, seit 1875 vereinigt, bildeten sich so aus, daß neben
der altesten Oberpostdirektion Leipzig schon 1872 eine zweite in
Dresden, 1897 eine dritte in Chemnitz errichtet wurde, und die
Zahl der Postanstalten mit vielen neuen zweckmäßigen Gebäuden
1873/98 von 346 auf 1754 stieg.
Von der Reichsgesetzgebung bestimmt, aber unter
Landesverwaltung stehen das Zollwesen an der Reichs-
grenze und die weichtigsten indirekten Steuern (als
Reichssache), Eisenbahn-, Schiffahrts= und Münzwesen, die
Rechtsprechung, die Gerichtsorganisation und die sozialen
Veranstaltungen für die handarbeitenden Klassen.
Die Eisenbahnen gingen seit 1876 fast alle in das Eigen-
tum oder in den Betrieb des sächsischen Staats über, erhielten
vielfach neue, erweiterte Bahnhofsanlagen (so seit 1890 in
Dresden), wurden durch zahlreiche Sekundärbahnen bis in ent-
legene Gebirgsgegenden verzweigt und erreichten um 1900 eine
1872
1879