Full text: Sächsische Geschichte.

Sachsen bei Begründg. u. Ausbau d. Deutsch. Reichs. 153 
nährten Bevölkerung zur landwirtschaftlichen, denn jene betrug 
1895 etwa 58% und 14%, diese nur noch 15,1%. Mit dem 
Wachstum der Volkszahl auf 4202000 Einwohner im Jahre 
1900 verschob sich dieses Verhältnis nur noch weiter. Um 
großen sozialen Ubelständen vorzubeugen, mußte der Staat 
1886 die nicht mehr ertragreichen Erzgruben in Freiberg an- 
kaufen, endlich aber doch die völlige Abrüstung beschließen. 
Trotzdem erhielt sich die Landwirtschaft in blühendem Zustande, 
da sie für ihre Produkte in der rasch anwachsenden Bevölkerung 
bequemen Absatz fand; doch kommt sie ohne polnische Wander- 
arbeiter („Sachsengänger") auf größeren Gütern nicht mehr 
aus, und die alte auf Wollerzeugung gerichtete Schafzucht ging 
unter der Konkurrenz der überseeischen Wolle fast ganz zugrunde; 
dagegen wurde die Fläche der vorzüglich bewirtschafteten Staats- 
forsten namentlich im Erzgebirge noch vermehrt. Im Handel 
behaupteten auch unter den veränderten Verhältnissen die Leip- 
ziger Messen namentlich für Tuch, Leder und Rauchwaren sowie 
als Mustermessen große Bedeutung. Das Wachstum des Volks- 
wohlstandes blieb hinter dem der industriellen Bevölkerung nicht 
zurück. 1878/96 wuchs der Vermögensbestand der Einzelwirt- 
schaften von 7 auf 12 Milliarden Mark, die Summe der Spar- 
kasseneinlagen 1849/1900 von 11 Millionen auf 925 Millionen. 
Dieser Volkswohlstand findet einen charakteristischen 
Ausdruck in dem Bestreben, das Leben durch künstlerischen 
Schmuck zu adeln. 
Daraus ist ebenso ein blühendes Kunstgewerbe hervor- 
gegangen, das mit den glänzendsten Zeiten des sächsischen 
Kunstgewerbes wetteifert, wie eine überaus rege und vielseitige 
Tätigkeit der Architektur (Konstantin Lipsius, Paul Wallot, 
Hugo Licht, Arwed Roßbach), der Plastik (Johannes Schilling, 
Ernst Hähnel, Robert Diez, Karl Seffner, Max Klinger) und 
der Malerei (Friedrich Preller, Leonhard Gey, Leo Pohle, Kies- 
ling). Durch Um= und Neubauten zeichneten sich vor allem 
Dresden (Kunstakademie, königliches Schloß, Finanzministerium, 
Polizeigebäude, Ständehaus, König Johanndenkmal) und Leipzig
	        
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