62 Die Bildung des meißnisch-sächsischen Staatswesens.
Obwohl somit die Stände und die Landesteile mit—
einander in mannigfachem Verkehr standen, so strebte doch,
das genaue Abbild der politischen Zustände, jede Gutswirt—
schaft, jedes Dorf und namentlich jede Stadt darnach, sich
als ein selbständiges Wirtschaftsgebiet abzuschließen, also
alle Bedürfnisse möglichst selbst zu produzieren oder von
den andern wenigstens unter den günstigsten Bedingungen
zu kaufen. Ansätze zu einer territorialen Wirtschaftspolitik
waren nur die fürstlichen Münzordnungen, deren erste unter
Friedrich dem Freidigen 1307 statt der alten dünnen silbernen
Brakteaten „Meißner Dickpfennige“ (grossi Misnenses,
Groschen, 60 auf 1 Mark Silbers) einführte, eine andere
von 1490 21 Groschen gleich 1 rheinischen Goldgulden
(etwa 9 Reichsmark Silberwert) setzte, und Einfuhrverbote
für einzelne Waren wie in der Landesordnung von 1482.
Am meisten wuchs der Wohlstand und damit die Ein-
wohnerzahl in den Städten. Doch zählte zu Ende des
15. Jahrhunderts auch Freiberg, die größte Stadt der
Wettiner, nur etwa 5000 Einwohner, Leipzig und Dresden
4—5000, Großenhain und Chemnitz 2—3000. Alle be-
standen im wesentlichen aus unansehnlichen, mit Schindeln
oder Stroh gedeckten, höchst feuergefährlichen Fachwerkhäusern
an engen Gassen hinter hohen Maueru und tiefen Gräben,
aus denen nur die Kirchen und hier und da ein Rathaus
stattlich hervorragten. Um so mehr verwendete man auf
Kleidung und Waffen, Speise und Trank. Nicht besser, eher
schlechter lebte die Masse des Adels. Für alle Stände
knüpften sich die meisten Feste an die Kirche an; der Adel
pflegte im besonderen noch die Turniere, die Bürgerschaften
die zunächst als Waffenübungen betrachteten Schützenfeste.
Im übrigen stand die Herrschaft der Kirche über das
ganze geistige Leben noch ungebrochen aufrecht. Sie fesselte
die Gläubigen, freilich durchaus im Sinne der äußerlichen