Full text: Sächsische Geschichte.

64 Die Bildung des meißnisch-sächsischen Staatswesens. 
gleichberechtigte Macht neben die Autorität der Kirche; doch 
sahen sie ihre Hauptaufgabe noch darin, die Kirchenlehre 
mit Verstandesbeweisen zu begründen und gegen jede Ab- 
weichung zu verteidigen, und in allen Zweigen das über- 
lieferte Wissen zu lehren, nicht neues Wissen durch selb- 
ständige Forschung zu erwerben, standen auch unter geist- 
licher Aufsicht (Leipzig unter dem Bischof von Merseburg 
als Kanzler). Der Universität verdankte Leipzig wohl auch 
seine erste Buchdruckerei (um 1480). 
Die an die Universitäten sich knüpfende wissenschaftliche 
Tätigkeit trug einen internationalen Charakter wie sie selbst. 
Dabei hielt gerade Leipzig, von jeher konservativ, an der 
alten scholastischen Methode strenge fest und verhielt sich, im 
Gegensatze zu Erfurt, auch im wesentlichen ablehnend gegen 
den aufstrebenden Humanismus. Doch lasen vorübergehend 
auf die Veranlassung der Landesherren einzelne Humanisten 
in Leipzig, so Paul Niavis (Schneevogel), Hermann von 
dem Busche, Johann Rhagius, Petrus Mosellanus u. a., 
aber heimisch wurde nur der letzte. Daher schrieben auch 
jetzt fast nur Geistliche die Landesgeschichte, Johann Rothe 
eine thüringische Chronik (bis 1421, später bis 1467 fort- 
gesetzt), Nicolaus von Siegen das Chronicon Sanpetrinum 
(bis 1502), Joh. Tylich eine Fortsetzung der sog. Alt-Zeller 
Annalen (1375.—1421). Dazu kamen historisch-epische 
Volkslieder. Der bürgerliche Meistersang fand zwar in 
Heinrich von Mügeln im 14. Jahrhundert einen Vertreter 
meißnischer Abkunft, aber im Lande selbst keine Pflegstätte. 
Von dieser sehr bescheidenen Stellung zur Wissenschaft 
und Literatur sticht der Anteil der wettinischen Länder an 
der bildenden Kunst glänzend ab. Neben die Kirche traten 
als Bauherren Fürsten und Stadtgemeinden, und mit dem 
Aufkommen des gotischen Stils ging der technische Betrieb 
der Architektur an die bürgerlichen Bauhütten über, die für
	        
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