Die Gründung der sächsischen Landeskirche. 69
hoheit (jus reformandi, jus in sacra) den einzelnen Reichs—
ständen einräumte. Kraft dieser Vollmacht ordnete er als
„Notbischof“ auf Grund der Kirchenvisitationen Luthers
(seit 1528) die kirchlichen Verhältnisse im Sinne einer ge—
schlossenen monarchischen Landeskirche mit Superintendenten
als kirchlichen Beamten des fürstlichen Landesbischofs, zog all—
mählich die Kirchengüter ein und sorgte für die humanistische
Umgestaltung der gelehrten Schulen nach Melanchthons
Schulordnung von 1527. So übernahmen die Reichs-
fürsten selbständig die wichtigste nationale Aufgabe der Zeit,
der sich das Kaisertum und die Hierarchie versagten, und
Kursachsen trat vorbildlich und leitend an die Spitze dieser
Bewegung. Das kleine Wittenberg aber wurde durch Luther
und Melanchthon der geistige Mittelpunkt der protestan—
tischen Welt.
Die gewaltige Machterweiterung des Hauses Habsburg
durch die Erwerbung Böhmens (1527) und Ungarns (1528)
sowie durch die glückliche Beendigung der ersten beiden
italienischen Kriege (1521—29) brachte die evangelischen
Reichsstände in die dringendste Gefahr, denn der zweite
Reichstag von Speier gebot trotz ihrer „Protestation“ (April
1529) die Einstellung der Neuerungen, und der Reichstag
von Augsburg unter Karls V. Vorsitz, dem die Protestanten,
an ihrer Spitze Kurfürst Johann, am 25. Juni 1530 die
„Konfession“ überreichten, setzte ihnen für die Abstellung
eine kurze Frist, indem er die Widerspenstigen mit Kammer-
gerichtsprozessen und Exekution bedrohte. Zur Abwehr dieser
Gefahren schlossen Kursachsen, Hessen u. a. m. 1530/31 den
Schmalkaldischen Bund, und da 1532 die Türken aufs neue
Deutschland bedrohten, so bewilligte der Reichstag von
Nürnberg im Juli 1532 einen Religionsfrieden, der den
evangelischen Ständen den Bestand ihrer Neuerungen bis
zu einem allgemeinen Konzil sicherte. Kurz darauf, am
1528
1529
1530
1531
1532