Full text: Deutsches Kolonialblatt. I. Jahrgang, 1890. (1)

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gebietes eingeschifft und nach Einnahme der 
betreffenden Orte auf die neu gegründeten 
Stationen Kilwa, Lindi und Mikindani zu je 
zwei Kompagnien vertheilt wurden, während 
nur zwei Kompagnien des 1. Expeditionskorps 
nach Bagamoyo bezw. Pangani zurückkehrten. 
Da die Operationen im Süden bei äußerst 
schlechter Witterung auf der Höhe der Regen- 
zeit stattfanden, da ferner die zu Aufang April 
aus Egypten eingetroffenen, neu angeworbenen 
Sudanesen sich noch nicht an das Klima ge- 
wöhnt hatten, auch einige nicht felddienstfähige 
Leute zählten, so war der Gesundheitszustand 
ein ungünstiger und es kamen insbesondere 
viele Malaria-Erkrankungen vor. Die früher 
gemachten Erfahrungen lassen indessen erwarten, 
daß nach beendigter Regenzeit und mit dem 
Fortschreiten in der Entwickelung der neu ge- 
gründeten Stationen der Gesundheitszustand 
dieser neuen Truppen ein ebenso guter werden 
wird, wie bei den alten sudanesischen Soldaten. 
Der deutsche Handel in Gst-Afrika 
und die Araber. 
Vor einiger Zeit traf die telegraphische 
Meldung hier ein, daß ein Araber Namens 
Mohammed ben Kassim durch den stell- 
vertretenden Reichskommissar für Ost-Afrika vor 
ein Kriegsgericht gestellt und nach erfolgter Ver- 
urtheilung mit dem Tode bestraft worden sei. 
Wie sich aus dem im Weißbuche über Ost- 
Afrika abgedruckten Berichte des Reichskommissars 
v. Wissmann vom 31. März d. J. ergiebt, hatte 
Mohammed ben Kassim die Absicht gehabt, 
die Station Mpuapua zu überfallen und war 
zu diesem Behufe von Tabora aufgebrochen. 
Er hatte 8 Boten mit Geschenken zu dem 
größten Wagogo-Häuptling gesandt und diesen 
gebeten, ihn passiren zu lassen, da er die 
Deutschen angreifen wollte. Der Wagaogo- 
Häuptling hatte aber sofort die Geschenke nebst 
den 8 Köpfen der Boten an den Araber zu- 
rückgesandt und ihm sagen lassen, er werde sich 
hüten, etwas Feindseliges gegen die Deutschen 
zu unternehmen. 
Mohammed ben Kassim gehörte zu den 
in Tabora ansässigen Arabern, welche schon 
seit langem das Vordringen des deutschen 
Handels und Einflusses in Ost-Afrika mit mis- 
günstigen Augen ansahen und gewaltsam zu ver- 
hindern suchten. Insbesondere war er es, welcher 
seiner Zeit der Elfenbeinkarawane, welche die 
Hamburger Firma Heinrich Ad. Meyer von 
Zanzibar nach Tabora entsandt hatte, beraubte 
und an dem Morde des Führers derselben, 
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Giesecke, betheiligt war. Die nachsiehenden 
Mittheilungen hierüber werden in mehrfacher 
Hinsicht von Interesse sein. 
Anfang 1885 faßte die genannte Ham- 
burger Firma, welche seit 1874 eine Geschäfts- 
niederlassung in Zanzibar besitzt, den Entschluß, 
eine größere Karawane in das Innere zu ent- 
senden, ein Unternehmen, wie es in der ge- 
planten Bedeutung nie zuvor von einem Eu- 
ropäer ins Werk gesetzt worden war. 
wurde oine Karawane von 600 Mann aus- 
gerüstet, deren Leitung dem Engländer Har- 
ders übertragen wurde und an welcher auch 
der bekannte Kurt Tveppen theilnahm. Beiden 
stand große Erfahrung zur Seite, namentlich 
dem Hauptleiter, Herrn Harders, welcher im 
Dienste der Firma in Zanzibar, Khartum, 
Tripolis und Kairo seit langem thätig gewesen 
war. Da die Expedition die erste war, welche 
in Central-Afrika direkte Verbindungen zur 
Erwerbung von Elfenbein für ein europêisches 
Haus eröffnen sollte, so erblickte die arabische 
Handelswelt in der neuen Konkurrenz eine 
Beeinträchtigung ihrer bisherigen Erwerbs- 
quellen und suchte das Aufkommen des euro- 
päischen Handels im Innern auf jede Weise 
zu verhindern. 
Der Oberhäuptling von Unianjembe, dessen 
Hauptort Tabora ist, war von den zahlreichen 
dort ansässigen Arabern eingesetzt, ohne jedoch 
in einem direkten Vasallenverhältniß zu ihnen 
zu stehen. Derselbe, ein Schwarzer aus der 
einheimischen Bevölkerung, Namens Ssiki, 
brauchte indessen einestheils die Hülfe der stark 
bewaffneten arabischen Händler, um sich gegen- 
über seinen nur mit Pfeil und Bogen ausge- 
rüsteten Unterthanen zu halten, andererseits 
mußte er die Rache der Araber fürchten, falls 
er sich ihren Wünschen nicht fügte. Diesen 
ihren Einfluß benutzten die Araber, um durch 
Vorschieben von Ssiki die deutschen Ange- 
stellten in Tabora mit einem regelrechten 
Isolirsystem zu umgeben. Ssiki führte die 
erhaltenen Weisungen im Sinne seiner Auftrag- 
geber aus. Er verbot den arabischen Hausirern, 
welche an jeder Thür Elfenbein ausboten, 
solches an die Deutschen zu verkaufen, ver- 
hinderte die Letzteren, kleinere Karawanen in 
die Umgegend zum Ankauf von Elfenbein zu 
entsenden, erschwerte ihnen die Beschaffung der 
nothwendigen Lebensmittel und zwang sie, ihm 
werthvolle „Geschenke“ zu machen. Beschwerte 
sich Harders hierüber bei Seth ben Juma, 
dem Residenten oder Konsul des Sultans von 
Zanzibar in Tabora, so gab dieser, selbst der 
Anstifter des feindlichen Verhaltens Ssitis, 
vor, sich in die Angelegenheiten dieses und der 
Weißen nicht einmischen zu dürfen.
	        
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