Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

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Die Behausungen sind sehr einfach und unmittel- 
bar auf dem Erdboden siehend. Die Kokospalme 
liefert das Material zur Herstellung der Wände, wie 
auch der Boden mit Matten aus der Faser der 
Kokospalme bedeckt ist. Matten, aus demselben Ma- 
terial geslochten, von der Hüfte bis zu den Knien 
reichend, bilden das einzige Kleidungsstück der Weiber, 
während die Männer nur mit einer schmalen Binde, 
die Scham verhüllend, bekleidet sind. 
Die Ausstattung in Hausgeräth und Schmuck- 
sachen ist höchst einfach; Waffen fehlen überhaupt 
ganz und gar, da die isolirte Lage die Inseln vor 
feindlichen Einfällen hinreichend sichert. Der Be- 
förderung zur See dienen mit Auslegern versehene 
Kanus, welche vermittelst großer dreieckiger Matten- 
segel bewegt werden. 
Als Nahrungsmittel dient, wie schon erwähnt, 
in erster Linie die Kokosnuß, daneben kommen Fische, 
welche, in Blätter gehüllt, zwischen erwärmten Steinen 
gebacken werden, in Betracht.“) Diese Art Nahrung 
äußert ihre Wirkung auf die körperliche Brauch- 
barkeit der Eingeborenen. 
Sie sind des öftern in Diensten der Handlung 
Forsayht gewesen, konnten dort sehr gut zu Arbeiten, 
welche Geschick und Gewanbtheit erforderten, z. B. 
im Schiffsdienst, bei der Bedienung von Maschinen 
verwandt werden, während sie bei den schweren, aus- 
dauernde Körperkraft erfordernden Plantagenarbeiten 
gänzlich versagten. 
Als Handelsartikel ist im Wesentlichen nur Kopra 
zu nennen. Auch wurden Hühner und Eier zum 
Verkauf angeboten. 
Auf den beiden Gruppen, insbesondere auf der 
Lord Howegruppe, scheinen Häuptlingsgewalten an- 
erkannt zu sein. Der Häuptling des Dorfes Leuen- 
euwa Uila, dessen Vater dieselbe Stellung — man 
bezeichnet den Inhaber als King — einnahm, hat 
einen maßgebenden Einfluß, und sein ganzes Gebahren 
(er trägt einen breitrandigen Strohhnt und eine Jacke 
von Stoff) zeigt seine übergeordnele Stellung an, es 
ist würdevoll und gemessen. Zu seinem Bezirk ge- 
hören noch fünf fernere Ortschaften auf kleineren 
Inseln: Keila, Kegurao, Kebai#, Keloma, Kemagu. 
Ein anderer Distrikt der Gruppe steht unter der 
Botmäßigkeit des King Vailua, welcher vollständig 
unabhängig von Uila seinen Wohnsitz auf der Jusel 
Palao hat. Zu seinem Bezirk zählt nur ein an- 
derer Platz, Awassa genannt. 
  
  
*) Nach Aussage des später erwähnten Eingeborenen 
Barry Charly von den Lord Howe Inseln pflanzen die 
dortigen Eingeborenen Taros, die indeß nicht die gewöhn- 
liche Größe erreichen; auch bauen sie eine Knollenfrucht, 
die erheblich größer ist wie eine Ananas und Abolié ge- 
nannt wird; sie reift zu gleicher Zeit wie die Taros, 2 
aber härteres Fleisch und wird an den Grenzen der Taro- 
felder angepflanzt. Feuer wird auf beiden Inselgruppen 
durch Reibung eines Rrößeren harten Holzes (vom Baume 
Helango) mit einem kleineren weichen svom Vaume Boako) 
gewonnen. 
  
Sowohl auf der Tasman= als auf der Lord 
Howegruppe stehen Personen in hohem Ansehen, 
welchen die Fähigkeit, auf die Naturkräfte einzuwirken, 
beigelegt wird. Dieselben, in der Landessprache 
Makuc genannt, wurden uns als wissionary be- 
zeichnet. Im Vordergrunde ihrer Befähigungen steht 
die Kunst, Regen herbeizuführen und die See zu be- 
schwichtigen. Wenngleich ich derartige sog. Regen- 
macher (rain-wakers) auch in Kaiser Wilhelms- 
land kannte, habe ich doch nirgends dieselben eine 
so gehobene Stellung einnehmen sehen. Ich sah 
deren je zwei in Niumanno (Tasman) und Leuenenwa 
(Lord Howe). Wie Glieder einer besonderen Kaste 
saßen sie seitab von der Menge auf geflochtenen 
Kokosmatten mit platten unförmlich geschnitzten Schild- 
pattstücken als Nasenschmuck geziert und wehten sich 
mit dreieckigen Fächern Kühlung zu, scheinbar unbe- 
kümmert um die Vorgänge, welche sich bei meiner 
Auwesenheit abspielten. Auch unseren Annäherungs- 
versuchen gegenüber blieben sie regungslos in ihrer 
sitzenden Stellung, welche sie nicht einmal verließen, 
um ihnen als Geschenk gebotenen Tabak zu erhalten. 
Zurückkommend auf den Fortgang unserer Reise, 
so begab ich mich in Begleitung des Kanzlers und 
des Schiffsarztes mit der Dampfbarkasse des „Bussard“ 
am Vormittag des 6. Mai nach der Insel Niumanno. 
Eingeborene empfingen uns an der Landungsstelle 
und geleiteten uns zu dem Wohrplatz. Als wir 
uns demselben näherten, wurde uns ein festlicher 
Empfang zu Theil, indem sämmtliche Weiber des 
Dorfes, vom jüngsten Mädchen bis zur Greisin, 
etwa 40 an der Zahl, einen von Gesang beglei- 
teteten Tanz aufführten, wobei sie durch krästiges 
Klatschen der Hände den Takt angaben. Nachdem 
wir für diesen Gruß gedankt und Tabak vertheilt 
hatten, wurde vom Kanzler Geißler als Richter 
des Bezirks zur Untersuchung des Straffalls geschritten. 
Derselbe gewann sehr bald die Ueberzeugung, daß 
die Eröffnung eines gerichtlichen Verfahrens gegen 
die Eingeborenen Puli und Fotau zwecklos sein 
würde, weil einzig und allein der Mitbeschuldigte 
Ponisse Belastendes aussagte, sie selbst aber jegliche 
Betheiligung an Gewaltthätigkeiten gegen den For- 
sayhlschen Händler leugneten. Immerhin beschloß 
ich, die Beiden nach Herbertshöh mitzunehmen, damit 
sie als einflußreichste Männer einen Begriff von der 
Macht unserer Verwaltung bekämen und demnächst 
das Gefühl der Achtung vor derselben unter ihren 
Landslenken verbreiteten. Zugleich sollten sie als 
Geiseln für die Sicherheit des neuen Forsayhtschen 
Händlers, eines Samoamannes, welcher mir mitgegeben 
war und nunmehr von mir bei den Eingeborenen 
eingeführt wurde, dienen. Hierbei wurde den Letzteren 
eindringlich verständlich gemacht, daß ihr Gebiet unter 
deutscher Schuzherrschaft stände und daß das Handel- 
treiben der australischen Schiffe ungesetzlich sei und 
in Zukunft an dieselben Kopra nicht abgegeben 
werden dürfe. 
Die Verhaftung des Puli und Fotau rief eine
	        
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