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Die Behausungen sind sehr einfach und unmittel-
bar auf dem Erdboden siehend. Die Kokospalme
liefert das Material zur Herstellung der Wände, wie
auch der Boden mit Matten aus der Faser der
Kokospalme bedeckt ist. Matten, aus demselben Ma-
terial geslochten, von der Hüfte bis zu den Knien
reichend, bilden das einzige Kleidungsstück der Weiber,
während die Männer nur mit einer schmalen Binde,
die Scham verhüllend, bekleidet sind.
Die Ausstattung in Hausgeräth und Schmuck-
sachen ist höchst einfach; Waffen fehlen überhaupt
ganz und gar, da die isolirte Lage die Inseln vor
feindlichen Einfällen hinreichend sichert. Der Be-
förderung zur See dienen mit Auslegern versehene
Kanus, welche vermittelst großer dreieckiger Matten-
segel bewegt werden.
Als Nahrungsmittel dient, wie schon erwähnt,
in erster Linie die Kokosnuß, daneben kommen Fische,
welche, in Blätter gehüllt, zwischen erwärmten Steinen
gebacken werden, in Betracht.“) Diese Art Nahrung
äußert ihre Wirkung auf die körperliche Brauch-
barkeit der Eingeborenen.
Sie sind des öftern in Diensten der Handlung
Forsayht gewesen, konnten dort sehr gut zu Arbeiten,
welche Geschick und Gewanbtheit erforderten, z. B.
im Schiffsdienst, bei der Bedienung von Maschinen
verwandt werden, während sie bei den schweren, aus-
dauernde Körperkraft erfordernden Plantagenarbeiten
gänzlich versagten.
Als Handelsartikel ist im Wesentlichen nur Kopra
zu nennen. Auch wurden Hühner und Eier zum
Verkauf angeboten.
Auf den beiden Gruppen, insbesondere auf der
Lord Howegruppe, scheinen Häuptlingsgewalten an-
erkannt zu sein. Der Häuptling des Dorfes Leuen-
euwa Uila, dessen Vater dieselbe Stellung — man
bezeichnet den Inhaber als King — einnahm, hat
einen maßgebenden Einfluß, und sein ganzes Gebahren
(er trägt einen breitrandigen Strohhnt und eine Jacke
von Stoff) zeigt seine übergeordnele Stellung an, es
ist würdevoll und gemessen. Zu seinem Bezirk ge-
hören noch fünf fernere Ortschaften auf kleineren
Inseln: Keila, Kegurao, Kebai#, Keloma, Kemagu.
Ein anderer Distrikt der Gruppe steht unter der
Botmäßigkeit des King Vailua, welcher vollständig
unabhängig von Uila seinen Wohnsitz auf der Jusel
Palao hat. Zu seinem Bezirk zählt nur ein an-
derer Platz, Awassa genannt.
*) Nach Aussage des später erwähnten Eingeborenen
Barry Charly von den Lord Howe Inseln pflanzen die
dortigen Eingeborenen Taros, die indeß nicht die gewöhn-
liche Größe erreichen; auch bauen sie eine Knollenfrucht,
die erheblich größer ist wie eine Ananas und Abolié ge-
nannt wird; sie reift zu gleicher Zeit wie die Taros, 2
aber härteres Fleisch und wird an den Grenzen der Taro-
felder angepflanzt. Feuer wird auf beiden Inselgruppen
durch Reibung eines Rrößeren harten Holzes (vom Baume
Helango) mit einem kleineren weichen svom Vaume Boako)
gewonnen.
Sowohl auf der Tasman= als auf der Lord
Howegruppe stehen Personen in hohem Ansehen,
welchen die Fähigkeit, auf die Naturkräfte einzuwirken,
beigelegt wird. Dieselben, in der Landessprache
Makuc genannt, wurden uns als wissionary be-
zeichnet. Im Vordergrunde ihrer Befähigungen steht
die Kunst, Regen herbeizuführen und die See zu be-
schwichtigen. Wenngleich ich derartige sog. Regen-
macher (rain-wakers) auch in Kaiser Wilhelms-
land kannte, habe ich doch nirgends dieselben eine
so gehobene Stellung einnehmen sehen. Ich sah
deren je zwei in Niumanno (Tasman) und Leuenenwa
(Lord Howe). Wie Glieder einer besonderen Kaste
saßen sie seitab von der Menge auf geflochtenen
Kokosmatten mit platten unförmlich geschnitzten Schild-
pattstücken als Nasenschmuck geziert und wehten sich
mit dreieckigen Fächern Kühlung zu, scheinbar unbe-
kümmert um die Vorgänge, welche sich bei meiner
Auwesenheit abspielten. Auch unseren Annäherungs-
versuchen gegenüber blieben sie regungslos in ihrer
sitzenden Stellung, welche sie nicht einmal verließen,
um ihnen als Geschenk gebotenen Tabak zu erhalten.
Zurückkommend auf den Fortgang unserer Reise,
so begab ich mich in Begleitung des Kanzlers und
des Schiffsarztes mit der Dampfbarkasse des „Bussard“
am Vormittag des 6. Mai nach der Insel Niumanno.
Eingeborene empfingen uns an der Landungsstelle
und geleiteten uns zu dem Wohrplatz. Als wir
uns demselben näherten, wurde uns ein festlicher
Empfang zu Theil, indem sämmtliche Weiber des
Dorfes, vom jüngsten Mädchen bis zur Greisin,
etwa 40 an der Zahl, einen von Gesang beglei-
teteten Tanz aufführten, wobei sie durch krästiges
Klatschen der Hände den Takt angaben. Nachdem
wir für diesen Gruß gedankt und Tabak vertheilt
hatten, wurde vom Kanzler Geißler als Richter
des Bezirks zur Untersuchung des Straffalls geschritten.
Derselbe gewann sehr bald die Ueberzeugung, daß
die Eröffnung eines gerichtlichen Verfahrens gegen
die Eingeborenen Puli und Fotau zwecklos sein
würde, weil einzig und allein der Mitbeschuldigte
Ponisse Belastendes aussagte, sie selbst aber jegliche
Betheiligung an Gewaltthätigkeiten gegen den For-
sayhlschen Händler leugneten. Immerhin beschloß
ich, die Beiden nach Herbertshöh mitzunehmen, damit
sie als einflußreichste Männer einen Begriff von der
Macht unserer Verwaltung bekämen und demnächst
das Gefühl der Achtung vor derselben unter ihren
Landslenken verbreiteten. Zugleich sollten sie als
Geiseln für die Sicherheit des neuen Forsayhtschen
Händlers, eines Samoamannes, welcher mir mitgegeben
war und nunmehr von mir bei den Eingeborenen
eingeführt wurde, dienen. Hierbei wurde den Letzteren
eindringlich verständlich gemacht, daß ihr Gebiet unter
deutscher Schuzherrschaft stände und daß das Handel-
treiben der australischen Schiffe ungesetzlich sei und
in Zukunft an dieselben Kopra nicht abgegeben
werden dürfe.
Die Verhaftung des Puli und Fotau rief eine