Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

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Die Cowpagnie des Produits du Congo 
beschäftigt sich vorzugsweise mit Viehzucht. Sie 
besitt gegenwärtig auf der Insel Mateba am unteren 
Kongo etwa 1600 Stück Rindvieh, von denen ein großer 
Theil schon auf der Insel geboren ist. Die von 
Mossamedes und Sierra Leone zur Zucht einge- 
führten Stiere und Kühe haben sich schnell akkli- 
matisirt. In leßter Zeit hat die Gesellschaft auch 
aus Deutsch-Südwestafrika zwei Viehtransporte be- 
zogen. Boma, Banana und Matadi bieten ein 
bequemes Absatzgebiet für Schlachtvieh; monatlich 
kommen durchschnittlich 50 bis 70 Stück zum Verkauf. 
Auch das Pferd scheint sich am unteren Kongo zu 
akklimatisiren. Auf Mateba sind 19 Stück vor- 
handen, darunter 6 auf der Jusel geboren; zu der 
ursprünglich allein vertretbaren kleinen, flinken Tene- 
riffa-Rasse hat man zur Kreuzung 3 Ardenner, 1 Hengst 
und 2 Stuten eingeführt, die sich bis jetzt gut 
gehalten haben. Neuerdings sind auch Teneriffa-Esel 
eingeführt, und man will Versuche mit der Maul- 
thierzucht machen; Ziegen gedeihen, wie überall am 
Kongo, gut, dagegen scheinen Schafe sich nicht zu 
halten. « 
Die fünfte der von der Compagnie du Congo 
pour le Commerce et l'Industrie ins Leben ge- 
rufenen Gesellschaften ist die Compagnie du Katanga, 
welcher die Ausbentung des Quellgebiets des Kongo 
mit weitgehenden Konzessionen überlassen ist. Das 
Bestreben der Gesellschaft ging dahin, so schnell als 
möglich von dem ihr zugesprochenen, ungeheuren 
Gebiet thatsächlich Besitz zu ergreifen. Zu diesem 
Zwecke entsandte sic die Expeditionen Stairs, Bia 
und Hodister auf verschiedenen Wegen nach Katanga. 
Bereits im Inni 1890 hatte die Compagnie du 
Congo pour le Commerce et IIndustric eine große 
Forschungsexpedition unter den Befehl des bewährten 
Alexandre Delcommune nach dem Ouellgebiete des 
Lomami und Lualaba entsendt, um das Katanga- 
Gebiet, von dessen Mineralschätzen Cameron, Paul 
Reichard, Capello, Jvens und Arnot berichtet 
hatten, fachmännisch zu durchforschen und die Frage der 
Schiffbarkeit jener Ströme in ihrem Oberlaufe zu 
lösen. Die Expedition war bei Gründung der Com- 
pagnie du Katanga schon in dem dieser Gesellschaft 
zugewiesenen Gebiete angelangt. Letztere übernahm 
daher die Expedition auf ihre Rechnung, nachdem sie 
die Auftraggeberin durch Zahlung von 2500000 Frcs. 
und 1080 Katanga-Aklien abgefunden hatte. 
Das Gesammttapital aller dieser Gesellschaften 
mit dem der Muttergesellschaft beträgt gegen 
37 Millionen Frcs., von dem 21 Millionen Fres. 
thatsächlich eingezahlt sind. Direktor sämmtlicher 
Gesellschaften ist Major Thys, bisheriger Ordonnanz= 
offizier des Königs; Generalsekretär derselben der 
bekannte Geograph A. J. Wanters. 
Die geographische und ethnographische Erforschung. 
des oberen Kongo-Beckens hat dank dem energischen 
Vorgehen der Kongo-Regierung und der privaten 
Gesellschaften in den lebten zwei Jahren eine mächtige 
  
Förderung erfahren. Der erste belgische Forscher, 
welcher in das vollkommen unbekannte Quellgebiet 
des Kongo entsandt wurde, war Paul le Marinel, 
dessen Reise zu den interessantesten und erfolgreichsten 
der letzten Jahre gehört. Er brach am 23. De- 
zember 1890, begleitet von 4 Europäern, 180 Sol- 
daten und 144 Trägern, von Lusambo am Sankurn 
auf und marschirte, in südlicher Richtung dem Lauf 
des Lubi folgend, durch das Gebiet der Bambue und 
Kalveh. Le Marinel schildert dies Gebiet als 
überaus fruchtbar und viehreich. Die Eingeborenen 
gehen fast ganz nackt, bemalen Gesicht und Körper 
in den verschiedensten Farben und tragen das 
Haar in eigenartigen, hochaufgethürmten Frisuren, 
welche wie ein Helm den Kopf schmücken. Ihre 
Wohnungen sind äußerst primiliv, als einzige Waffe 
führen sie nur kleine Wurfspeere. Dieses Volk be- 
findet sich noch ganz im Urzustande; niemals hat 
eine Karawane oder irgend ein Neisender das Land 
besucht, die europäischen Handelsartikel, welche durch 
ganz Afrika verbreitet sind und selbst bei den Zwerg- 
völkern im Urwald gefunden wurden, sind ihm ganz 
unbekannt. Troßdem das Land ungewöhnlich dicht 
bevölkert ist und sich längs des Weges Dorf an 
Dorf reiht, leben sie in glücklichster Eintracht und 
kennen den Krieg nicht einmal dem Namen nach. 
Von Tshikunga auf 6° 20“ 40“ schlug Le Mari- 
nel eine südwestliche Richtung ein und durchwanderte 
den Kanioka-Distrikt, welcher von den Balunga be- 
wohnt ist. Das Land ist nicht so stark bevölkert wie 
das Ufer des Lubi-Flusses; zwischen einzelnen dicht 
bewohnten Distrikten dehnen sich weite Steppen- 
gebiete aus. Die Balunga stehen auf einer viel 
höheren Kultur als ihre Nachbarn; die meisten 
europäischen Handelsartikel sind ihnen bekannt, und 
Ackerbau und Industrie stehen bei ihnen in hoher 
Blüthe. 
Am 26. Januar erreichte die Expedition die 
Haupistadt des Oberhäuptlings Musemba, welcher 
der Expedition jedoch wenig freundlich begegnete. 
Am 17. Februar überschritt Le Marinel den 
Sankuru nahe der Hauptstadt Mutambo-Munkulus 
des Häuptlings des Kalunde-Distrikt#. Die Kalunde 
verwenden eine große Sorgfalt auf die Herstellung 
von Wegen. Die Ortschaften sind nicht wie im 
größten Theile Afrikas durch schmale JFußpfade, 
sondern durch breite, sorgfältig unterhaltene Straßen 
verbunden. Am Eingang der Dörfer sieht man rechts 
und links vom Wege eine lange Reihe von Grab- 
hügeln, die sorgsam von jedem Grashalm gereinigt 
werden. Eine kleine, sehr reinlich gehaltene Allee 
führt von der Straße zu den Gräbern, auf denen 
zahllose, meist werthlose Gegenstände wie Töpfer- 
waaren, Kalabassen, Thierhörner aufgehäuft sind. 
Der Lomami, einer der bedeutendsten Nebenflüsse 
des Kongo, dessen Quellen Le Marinel entdeckte, 
entspringt auf einem 1150 m hohen Plateanzwischen 
8° und 9° südl. Breite. Das Plateau ist durch 
zahllose Bäche und kleine Seen reichlich bewässert.
	        
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