Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

Die dichten Waldungen und üppigen Grasfelder er- 
rinnern lebhaft an die mittelenropäischen Gebirgs- 
landschaften. Das Gebiet ist nur schwach bevölkert, 
aber reich an Wild, besonders Elefanten, Büffel 
und Antilopen, aber auch Löwen, Leoparden und 
Hyänen sind häufig. Am 27. März überschritt die 
Expedition den Lualaba, welcher die Grenze vom 
Msiris-Reich bildet. Das Land am rechten Lnalaba-= 
Ufer hat ein ganz anderes Aussehen als die bisher 
durchwanderten Gebiete. Das Gebirge steigt bis zu 
einer Höhe von 1400 m an und ist von engen Thälern 
und kiefen Schluchten durchzogen. In diesem unwirth- 
lichen Gebiet hausen die Beno-Kabamba, ein wildes 
und scheues Jägervolk. Ihre kleinen unscheinbaren 
Dörfer sind in die wild zerklüfteten Felswände ein- 
genistet und mit Pallisaden und dichtem Gebüsch 
umgeben. Sie gestatten keinem Fremden, in das 
Innere der Umzännung einzudringen. Ein Theil der 
Beno-Kabamba lebt in Höhlen, aus denen sie nur 
herauskommen, um zu jagen oder Holz zu sammeln. 
Auf dem Rückmarsch entdeckte der Reisende auf 
der Nordseite des Kanke-Gebirges unweit des Lualaba 
warme Schwefelquellen. In der Hauptstadt Mfiris 
wurde dem Reisenden ein sehr freundlicher Empfang 
zu Theil; er traf dort den Missionar Swan und zwei 
seiner Begleiter, welche sich seit einigen Jahren hier 
niedergelassen hatten. Die Hauptstadt Mfiris ist 
aus einer großen Zahl kleiner Dörfer zusammen- 
gesetzt, welche alle mit Pallisaden und Euphorbien= 
hecken umgeben sind; sie liegt in einem schmalen 
Thal an dem kleinen Bunkei-Fluß und hat unge- 
fähr 6000 bis 7000 Einwohner. Außer der Mission 
befinden sich dort auch einige arabische Elfenbein= 
händler. 
Die Expedition verweilte im Ganzen sieben Wochen 
im Lande Msiris. Am 11. Juni trat Le Marinel 
den Rückmarsch auf einer etwas nördlicheren Nonte 
an und langte am 11. August wieder in Lusambo an. 
Eine zweite Expedition unter der Führung des 
Kapitän Stairs, eines bewährten Afrikaners aus 
der Stanleyschen Schule, wählte die östliche Nonte 
über Tabora, um Katanga zu erreichen; sie brach 
Anfang Juli 1891 von Bagamoyo auf und langte 
am 9. Oktober in Karaua am Tanganyika-See an. 
Mit Hülfe der dort stationirten Mission gelang es 
Stairs, seine Karawane ohne Aufenthalt über den 
See zu setzen. Am 14. Dezember erreichte er nach 
überaus glücklichem Marsch, ohne Lasten verloren 
oder einen einzigen Schuß abgegeben zu haben, sein 
Reiseziel Bunleia. Hier fand die Expedilion jedoch 
unerwartete Schwierigkeiten, da Msiri, der Häupt- 
ling des Katanga-Distrikts, sich den Plänen der 
Kompagnie durchaus abhold zeigte. Zunächst ver- 
suchte Stairs auf friedlichem Wege eine Ver- 
ständigung mit dem Machthaber zu erzielen und ihn 
zur Anerkennung der seiner Zeit mit Le Marinel 
abgeschlossenen Verträge zu bewegen. Nachdem die 
friedlichen Verhandlungen gescheitert waren, sah sich 
Stairs genöthigt, mit größter Energie vorzugehen. 
  
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Er sandte einen seiner Begleiter, den Kapitän 
Bodson, zu Msiri, um ihm seine früheren Ver- 
sprechungen ins Gedächtniß zurückzurufen. Die Ver- 
handlungen nahmen einen ungünstigen Verlauf, und 
Kapitän Bodson, der von den Leuten Misiris be- 
droht wurde, war genöthigt, von seiner Waffe Ge- 
brauch zu machen. Er tödtete Msiri durch einen 
Nevolverschuß. In dem darauf folgenden Kampf 
wurde Bodson tödtlich verwundet und starb am 
nächsten Tage. Kapitän Stairs gelang es, die 
Ordnung im Lande wieder herzustellen und durch 
Anlage eines starlen Forts seine Stellung zu be- 
festigen. An der weiteren Erforschung des Landes 
wurde er jedoch durch eine plötzliche schwere Krank- 
heit gehindert. Als am 30. Jannar 1892 der 
Kapitän Bia in Bunkeia eintraf, entschloß sich 
Stairs, dessen Expedition durch Hunger und Krank- 
heit dezimirt war, den Rückmarsch anzutreten. Er 
wählte die Route über den Tanganyika, Nyassa 
und Shire. Aber trotzdem die Expedition den 
Marsch nach Möglichkeit beeilte, erreichte der schwer- 
kranke Führer die Küste nicht mehr. Am 5. Juni, 
wenige Tage vor Quilimane, erlag Kapitän Stairs 
einem heftigen Gallenfieber. Der Marquis de Bon- 
champs und der Dr. Moloney, die beiden einzigen 
überlebenden Europäer der Expedition, kehrten über 
Sansibar nach Brüssel zurück. 
Die Expedition Bia war in zwei Abtheilungen 
vom Stanleypool abmarschirt und hatte sich im 
Lager von Lusambo, am Sankuru am 16.Oktober 1891 
vereinigt. Einen Monat später trat Kapitän Bia 
mit 450 Soldaten und Trägern den Vormarsch 
nach dem Süden an. Die Reise Bias verlief über- 
aus glücklich; ohne auf ein Hinderniß zu stoßen, 
legte er die Strecke von Lusambo bis Bunkeia in 
74 Tagen zurück. Durch diese Expedition hat die 
geographische Wissenschaft werthvolle Aufschlüsse über 
den Lauf des Sankuru, den Lomami und das 
Seengebiet des oberen Lualaba erhalten. Nach 
Kapitän Bias Berichten, welche Marquis de 
Bonchamps nach Europa brachte, beabsichtigte er, 
seine Forschungen im Katanga-Gebiet fortzusetzen. 
Weitere Nachrichten über den Verlauf der Expedition 
sind bisher nicht eingetroffen. 
Alexandre Delcommune war zuerst 1887 mit 
der Erforschung des oberen Kongo betraut worden. 
Nach Brüssel zurückgekehrt, wurde ihm alsbald 
die Führung einer zweiten Expedition zur Erforschung 
des Lualaba und speziell zur wissenschaftlichen und 
kommerziellen Untersuchung des Katanga- Distrikts 
übertragen. Nachdem er seine Expedition am oberen 
Kongo organisirt hatte, trat er am 18. Mai 1891 
mit 4 Europäern und 370 Mann von der Station 
Gongo Lutita den Marsch nach Süden an; er über- 
schritt den Lomami unter 7° 30“ südlicher Breite 
und schlug dann eine südwestliche Richtung ein. Von 
Kilema Muskeia wandte er sich nach Nordosten 
und erreichte den Lualaba, einen der Quellflüsse des 
Kongo, an dem Schnittpunkt mit dem 27. Längen-
	        
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