Die dichten Waldungen und üppigen Grasfelder er-
rinnern lebhaft an die mittelenropäischen Gebirgs-
landschaften. Das Gebiet ist nur schwach bevölkert,
aber reich an Wild, besonders Elefanten, Büffel
und Antilopen, aber auch Löwen, Leoparden und
Hyänen sind häufig. Am 27. März überschritt die
Expedition den Lualaba, welcher die Grenze vom
Msiris-Reich bildet. Das Land am rechten Lnalaba-=
Ufer hat ein ganz anderes Aussehen als die bisher
durchwanderten Gebiete. Das Gebirge steigt bis zu
einer Höhe von 1400 m an und ist von engen Thälern
und kiefen Schluchten durchzogen. In diesem unwirth-
lichen Gebiet hausen die Beno-Kabamba, ein wildes
und scheues Jägervolk. Ihre kleinen unscheinbaren
Dörfer sind in die wild zerklüfteten Felswände ein-
genistet und mit Pallisaden und dichtem Gebüsch
umgeben. Sie gestatten keinem Fremden, in das
Innere der Umzännung einzudringen. Ein Theil der
Beno-Kabamba lebt in Höhlen, aus denen sie nur
herauskommen, um zu jagen oder Holz zu sammeln.
Auf dem Rückmarsch entdeckte der Reisende auf
der Nordseite des Kanke-Gebirges unweit des Lualaba
warme Schwefelquellen. In der Hauptstadt Mfiris
wurde dem Reisenden ein sehr freundlicher Empfang
zu Theil; er traf dort den Missionar Swan und zwei
seiner Begleiter, welche sich seit einigen Jahren hier
niedergelassen hatten. Die Hauptstadt Mfiris ist
aus einer großen Zahl kleiner Dörfer zusammen-
gesetzt, welche alle mit Pallisaden und Euphorbien=
hecken umgeben sind; sie liegt in einem schmalen
Thal an dem kleinen Bunkei-Fluß und hat unge-
fähr 6000 bis 7000 Einwohner. Außer der Mission
befinden sich dort auch einige arabische Elfenbein=
händler.
Die Expedition verweilte im Ganzen sieben Wochen
im Lande Msiris. Am 11. Juni trat Le Marinel
den Rückmarsch auf einer etwas nördlicheren Nonte
an und langte am 11. August wieder in Lusambo an.
Eine zweite Expedition unter der Führung des
Kapitän Stairs, eines bewährten Afrikaners aus
der Stanleyschen Schule, wählte die östliche Nonte
über Tabora, um Katanga zu erreichen; sie brach
Anfang Juli 1891 von Bagamoyo auf und langte
am 9. Oktober in Karaua am Tanganyika-See an.
Mit Hülfe der dort stationirten Mission gelang es
Stairs, seine Karawane ohne Aufenthalt über den
See zu setzen. Am 14. Dezember erreichte er nach
überaus glücklichem Marsch, ohne Lasten verloren
oder einen einzigen Schuß abgegeben zu haben, sein
Reiseziel Bunleia. Hier fand die Expedilion jedoch
unerwartete Schwierigkeiten, da Msiri, der Häupt-
ling des Katanga-Distrikts, sich den Plänen der
Kompagnie durchaus abhold zeigte. Zunächst ver-
suchte Stairs auf friedlichem Wege eine Ver-
ständigung mit dem Machthaber zu erzielen und ihn
zur Anerkennung der seiner Zeit mit Le Marinel
abgeschlossenen Verträge zu bewegen. Nachdem die
friedlichen Verhandlungen gescheitert waren, sah sich
Stairs genöthigt, mit größter Energie vorzugehen.
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Er sandte einen seiner Begleiter, den Kapitän
Bodson, zu Msiri, um ihm seine früheren Ver-
sprechungen ins Gedächtniß zurückzurufen. Die Ver-
handlungen nahmen einen ungünstigen Verlauf, und
Kapitän Bodson, der von den Leuten Misiris be-
droht wurde, war genöthigt, von seiner Waffe Ge-
brauch zu machen. Er tödtete Msiri durch einen
Nevolverschuß. In dem darauf folgenden Kampf
wurde Bodson tödtlich verwundet und starb am
nächsten Tage. Kapitän Stairs gelang es, die
Ordnung im Lande wieder herzustellen und durch
Anlage eines starlen Forts seine Stellung zu be-
festigen. An der weiteren Erforschung des Landes
wurde er jedoch durch eine plötzliche schwere Krank-
heit gehindert. Als am 30. Jannar 1892 der
Kapitän Bia in Bunkeia eintraf, entschloß sich
Stairs, dessen Expedition durch Hunger und Krank-
heit dezimirt war, den Rückmarsch anzutreten. Er
wählte die Route über den Tanganyika, Nyassa
und Shire. Aber trotzdem die Expedition den
Marsch nach Möglichkeit beeilte, erreichte der schwer-
kranke Führer die Küste nicht mehr. Am 5. Juni,
wenige Tage vor Quilimane, erlag Kapitän Stairs
einem heftigen Gallenfieber. Der Marquis de Bon-
champs und der Dr. Moloney, die beiden einzigen
überlebenden Europäer der Expedition, kehrten über
Sansibar nach Brüssel zurück.
Die Expedition Bia war in zwei Abtheilungen
vom Stanleypool abmarschirt und hatte sich im
Lager von Lusambo, am Sankuru am 16.Oktober 1891
vereinigt. Einen Monat später trat Kapitän Bia
mit 450 Soldaten und Trägern den Vormarsch
nach dem Süden an. Die Reise Bias verlief über-
aus glücklich; ohne auf ein Hinderniß zu stoßen,
legte er die Strecke von Lusambo bis Bunkeia in
74 Tagen zurück. Durch diese Expedition hat die
geographische Wissenschaft werthvolle Aufschlüsse über
den Lauf des Sankuru, den Lomami und das
Seengebiet des oberen Lualaba erhalten. Nach
Kapitän Bias Berichten, welche Marquis de
Bonchamps nach Europa brachte, beabsichtigte er,
seine Forschungen im Katanga-Gebiet fortzusetzen.
Weitere Nachrichten über den Verlauf der Expedition
sind bisher nicht eingetroffen.
Alexandre Delcommune war zuerst 1887 mit
der Erforschung des oberen Kongo betraut worden.
Nach Brüssel zurückgekehrt, wurde ihm alsbald
die Führung einer zweiten Expedition zur Erforschung
des Lualaba und speziell zur wissenschaftlichen und
kommerziellen Untersuchung des Katanga- Distrikts
übertragen. Nachdem er seine Expedition am oberen
Kongo organisirt hatte, trat er am 18. Mai 1891
mit 4 Europäern und 370 Mann von der Station
Gongo Lutita den Marsch nach Süden an; er über-
schritt den Lomami unter 7° 30“ südlicher Breite
und schlug dann eine südwestliche Richtung ein. Von
Kilema Muskeia wandte er sich nach Nordosten
und erreichte den Lualaba, einen der Quellflüsse des
Kongo, an dem Schnittpunkt mit dem 27. Längen-