grad; er entdeckte hier den Kasali-See, eine sumpfige
Erweiterung des Flußbettes von 2 geogr. Meilen
Breite und beträchtlicher Länge, dessen Wasserspiegel
Cameron zuerst erblickt hatte. Hier wurde die
Arrieregarde der Expedition von den Eingeborenen
überfallen und der Lieutenant Hakanson mit
12 Soldaten niedergemacht, noch bevor es Del-
commune möglich war, seinen bedrängten Gefährten
zu Hülfe zu kommen. Bald darauf hatte die
Expedition einen Kampf mit den Baluba zu bestehen,
wobei der Bruder des Häuptlings Kigandja getödtet
wurde. Um weiteren Feindseligkeiten auszuweichen,
setzte die Expedition über den Lualaba. Unter be-
ständigen Kämpfen erreichte die Expedition endlich
Bunkeian am 6. Oktober 1891 nach einem Marsch
von 70 Tagen. Hier erreichten sie die ersten Nach-
richten von der Expedition Le Marinels, welcher
am Lofoi, einem kleinen Nebenfluß des Lufira, drei
Tagemärsche von Bunkeia eine Befestigung errichtet
und einen Offizier mit einer kleinen Besatzung zurück-
gelassen hatte. Le Marinel hatte Bunkeia
bereits am 11. Juni 1891, also 4 Monate vor
Ankunft Delcommunes, wieder verlassen. Der
Empfang bei Msiri war überaus glänzend und
herzlich, aber bald überzeugte sich Delcommune,
daß die politischen Verhältnisse des Landes sehr
verworren waren. Der greisenhafte und fast ganz
gelähmte Despot hatte bereits den größten Theil
seiner Macht eingebüßt, und während die nächste
Umgebung dem alternden Löwen noch eine sklavische
Unterwürfigkeit zeigte, herrschte im ganzen Lande
bereits eine vollkommene Anarchie. Katanga und die
angrenzenden Gebiete waren durch jahrelange Kriege
und Mißernten erschöpft, und in dem reichen und
fruchtbaren Lande herrschte jetzt allgemeine Hungers-
noth, unter der auch die europäischen Karawanen
schwer zu leiden hatten. Mfiri hoffte sich der euro-
päischen Expedition zur Wiederherstellung seiner Macht
bedienen zu können und versuchte, Delcommune
zu einem Kriegszuge gegen die Basanga, seine
mächtigsten Feinde, zu überreden; als Delcommune
dies Ansinnen jedoch energisch zurückwies und den
Wunsch zu erkennen gab, sich nach dem südlichen
Katanga-Gebiet, dessen Bewohner Msiri ebenfalls
feindlich gesiunt waren, zu begeben, verweigerte Mfiri
ihm die früher versprochenen Führer und versuchte
ihm allerhand Schwierigkeiten zu bereiten. Del-
commune bestand jedoch auf seiner Absicht und
selzte am 19. Oktober den Marsch nach Süden fort;
er passirte Katanga und erreichte am 30. November
Ntenke, ein Dorf an der äußersten südlichen Grenze
des Kongo-Staats. Diese beiden Ortschaften liegen
nahe an der Quelle des Lufira, eines der Quellflüsse
des Kongo, sie wurden zuerst von den portugiesischen
Reisenden Capello und Ivens besucht. Dieser
Marsch durch ein fast ganz unbewohntes Gebiet war
mit den größten Entbehrungen verbunden. Wochen-
lang nährte sich die Expedition allein von Pilzen
und Baumfrüchten, und infolge der mangelhaften Er-
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nährung und der übergroßen Anstrengungen verlor
Decommune fast ein Drittel seiner Leute. Die
Ueberlebenden waren durch Hunger und Krankheiten
dermaßen geschwächt, daß der Führer sich genöthigt
sah, um seine Expedition vor dem Untergang zu
retten, den Weitermarsch nach Süden aufzugeben.
Er wandte sich nach Nordwesten und erreichte am
20. Dezember den Lualaba bei Masima, welcher
dort nur 30 m breit ist. Aus Baumstämmen ver-
fertigte Delcommune mit den primitivsten Werk-
zeugen Boote, zu deren Herstellung er zwei Monate
Zeit bedurfte. Sieben Wochen folgte er donn dem
Fluß, bis die gewaltigen Fälle von Nzilo etwa
unter 10° südlicher Breike der Stromfahrt
ein Ziel setzten. Der Versuch, die Fälle zu um-
gehen, mußte bald als unausführbar aufgegeben
werden. Delcommune entschloß sich nun, nach
Bunkeia zurückzukehren, wo die Expedition am
8. Juni eintraf. Hier traf Delcommune die
Expedition Bia und erfuhr den Tod Kapitän
Bodsons und Msiris und die Gründung des
Katanga-Syndikats. Nachdem die Expedition sich in
Lofoi, auf der Station des Kongo-Staats durch ein-
monatliche Ruhe von den Strapazen der langen,
mühevollen Reisen erholt hatte, schuug Delcommunc
den Weg nach dem Tanganyika-See ein. Er über-
schritt den Luapula dicht oberhalb seines Austritts
aus dem Moero-See und stellte fsest, daß von den
beiden Quellflüssen dieser bei Weitem der größere,
also der wahre Kongo sei. Nach seinen Messungen
wälzt der Lualaba bei seinem Austritt aus dem
Moero-See 520 ehm Wasser in der Sekunde nach
Norden, während der Luapula bei Kikondja nach der
Aufnahme des Losoi nur 253 chm Wasser bewegt.
Am 20. August traf die Expedition am Tanganyika-
See ein. Schon am Lualaba hatte Delcommune
von den Kämpfen am Tanganyika-See gehört, ohne
diesen Gerüchten jedoch eine besondere Bedeutung
beizulegen; als er Bandoninville, den Posten des
Kapiläm Joubert am Tanganyika-See, erreichte, er-
fuhr er zuerst, daß die Manjema-Araber sich im Auf-
ruhr befänden und daß Kapitän Jaques in Fort
Alberwille ernstlich bedroht sei; er beschloß nun nach
Albertville weiter zu marschiren, um Kapitän Jaques
seine Unterstützung anzubieten. Nach einmonatlichem
Aufenthalt auf der Station brach er wieder auf,
um den Rückmarsch längs des Lukuya nach Bena
Kamba und Lusamba anzutreten.
Wir müssen hier zurückgreifen, um dem Leser die
Verhältnisse am Tanganyika-See verständlich zu
machen. Die Aufstände der Araber im ästlichen
Kongo-Gebiet haben zwei räumlich getrennte Centren,
wie sie auch durch ganz verschiedene Ursachen her-
vorgerusen sind. Das eine Centrum des arabischen
Widerstandes gegen die Autorität der Europäer
bildet das Westufer des Tanganyika-Sees.
Wie bekannt, wurde infolge der Berliner Kon-
ferenz 1885 das Westufer des Tanganyika-Sees der
algerischen Mission zugewiesen, welche das von