Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

Gebliebene nachprüsen und womöglich Vorschläge über 
die Schreibung der geographischen Namen machen 
soll, die Aussicht auf internationale Annahme haben. 
Es ist unmöglich, bei dem begrenzten Raume 
dieses Blattes weitere Einzelheiten aus dem Schrift- 
chen anzuführen. Diejenigen, welche sich für die 
Sache interessiren, werden es nicht ohne mannigfaltige 
Anregung lesen. Vielleicht läßt sich das Ziel, das 
dem Verfasser vorschwebt, eine internationale (d. h. 
englisch = französisch -deutsche) Schreibweise erreichen. 
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Aber es ist nicht zu übersehen, daß in dieser Sache 
von drei durchaus verschiedenen Standpunkten, 
von deuen jeder seine besondere Berechtigung hat, 
Forderungen gestellt werden. Einerseits wird für 
den amtlichen Gebrauch eine möglichst einfache, 
der üblichen deutschen Orthographie angepaßte Schrei- 
bung gewünscht, welche auch den nicht sprachgelehrten 
Beamten der Kanzleien beim Lesen und Schreiben 
klar und verständlich ist. Andererseits wird für die, 
welche in den Schutzgebieten selbst mit den Ein- 
geborenen verkehren müssen, eine jeden Irrthum der 
Aussprache ausschließende möglichst genaue Schrei- 
Eine solche läßt sich aber, 
bung nothwendig sein. 
was freilich Viele in Europa nicht zu wissen scheinen, 
nicht mehr leicht durch irgend welchen Beschluß einer ge- 
lehrten Kommission herbeiführen. Denn da man an 
sehr vielen Stellen, besonders seitens der christlichen 
Missionen viele der früher litteraturlosen Sprachen 
mit lateinischen Buchstaben seit Jahren schreibt, so 
haben sich für die einzelnen Sprachgebiete, wenn auch 
im Anschluß an die Arbeiten von Lepsius u. A., 
besondere orthographische Systeme herausgebildet, 
welche den dort hervortretenden praktischen Ansprüchen 
meist ziemlich gut genügen, in den betheiligten Kreisen 
lichen Punklen geändert werden können. 
drittens wünschen die Geographen von Fach eine 
internalionale Schreibweise, die allen Gelehrten 
Europas l(eserlich ist; meist wird dabei verlangt, 
daß dic hierfür anzuwendende Schreibweise sowohl 
genau als einfach sein soll, und auch der Ver- 
fasser vorliegenden Schriftchens scheint zu hoffen, daß 
sich beide Forderungen würden vereinigen lassen. 
Aber man kann fast mit Sicherheit voraussagen, daß 
dieses dritte System auf die Dauer weder diejenigen, 
welche nur möglichst einfach, noch die, welche möglichst 
genau schreiben wollen, befriedigen kann, und es wird 
wohl das Ende vom Liede sein, daß in den Karten 
vorkommen werden, beziehentlich, daß für die Karten 
je nachdem die Kreise sind, in welchen die Verleger 
sie verbreiten wollen, mit Bewußtsein verschiedene 
Schreibarten gewählt werden. Anfänge dazu sind 
ja wohl schon vorhanden. » 
Jedenfalls wird es gut sein, wenn die Sache in 
den betheiligten Kreisen möglichst gründlich diskutirt 
wird, damit sich in immer weiteren Kreisen Klarheit 
verbreitet, was wünschenswerth, was angänglich, was 
unmöglich ist. C. G. Büttner. 
Petermanns Mittheilungen bringen im 
2. Heft 1893 einen kurzen Bericht von Dr. Bau- 
mann über dessen wichtige Reise in dem Gebiete 
zwischen dem Victoria-Nyansa und dem Nordende 
des Tanganyika. Dr. Baumann verließ die Station 
Mwansa am Suyth-Sund am 8. August 1892 und 
erreichte, indem er ungefähr der Route von Schynse 
folgte, das am Südende des Emin Pascha-Golfes 
gelegene Bukome. Von hier aus wandte er sich direkt 
nach Westen, kreuzte am 23. August die Spekesche 
Route beim Dorfe Kasusuras, des Herrschers von 
Ost-Usni und betrat von hier aus völlig unerforschtes 
Gebiet. West-Usui oder Uyagoma ist ein bergiges, 
wasserreiches Gebiet mit nach Nordnordost streichen- 
den Kämmen, ganz wie in Kafuro. Am 5. Septem- 
ber wurde der Kagera, hier Ruvuvu genaunt, über- 
schritten, und die Expedition fand in dem nunmehr 
erreichten Urundi eine sehr freundliche Aufnahme, 
weil die Bevölkerung glaubte, in dem Reisenden den 
Nachkommen ihres früheren Königsgeschlechtes vor 
sich zu haben. Weiter nach Westen vordringend, er- 
reichte Baumann bald den Akanyaru, welcher nicht, 
wie man nach Stanleys Erkundungen annehmen 
mußte, ein See, sondern ein Nebenfluß des Kagera 
ist und die Grenze nach Ruanda zu bildet. Nach 
den Insormationen, welche der Reisende von orts- 
tundigen Ruanda-Leuten einzuziehen vermochte, existirt 
überhaupt in Ruanda kein See von erheblicher Größe, 
und wird also der Alexandra-See von den Karten 
Centralafrikas zu verschwinden haben. Die Ver- 
wechselung stammt daher, daß die Warundi jeden 
größeren Wasserlauf mit „Nyansa“, jeden See aber 
mit „Tanganyika“ bezeichnen. Welche Gründe den 
NReisenden veranlaßten, auf ein weiteres Eindringen 
eingeführt sind und jetzt kaum noch mehr in wesent- 
Endlich 
in das unbekannte Ruanda zu verzichten, geht aus 
seinem kurzen Berichte nicht hervor. Er wandte sich 
bald wieder auf das rechte Akanyarn-Ufer zurück und 
erreichte, südwestlich marschirend, am 19. September 
auf einem hohen waldigen Kamm, welcher die Wasser- 
scheide nach dem in das Nordende des Tanganyika 
mündenden Nusisi bildet, die Quelle des Kagera. 
Will man nicht den Victoria-Nyansa selbst, sondern 
die von der Mündung am weitesten entfernte Quelle 
des größten Zuflusses dieses Sees als Ursprung des 
Nils erklären, so darf Dr. Baumann neben 
Speke mit Recht als der Entdecker der Nil- 
quellen bezeichnet werden, und die Jahr- 
tausende alte Nilqnelleufrage ist jetzt für 
drei Schreibungen, wenigstens bei einzelnen Namen, 
immer und endgültig gelöst. Sache einer ge- 
naueren Ausmessung der Flußstrecken wird es sein, 
l 
zu entscheiden, ob der von 4° südl. Breite bis 
Z1#% nördl. Breite reichende Nil dem Missouri- 
Mississippi in Bezug auf die Länge nicht noch den 
Nang ablaufen wird. Am 25. September gelangte 
Baumann, nachdem er die 2000 m hohe Wasser- 
scheide überstiegen halte, an den Tanganyika bei Usige, 
wo viele Oelpalmen vorkommen. Nach kurzem Auf- 
enthalte am See überstieg die Expedition abermals 
die Wasserscheide des Urundi-Gebirges in südöstlicher
	        
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