so konnte ich mit den drei bedeutendsten Häuptlingen
meine Reise antreten. In Omaqua noch, wo
Hunderte von Leuten am Ufer standen, herrschte
allgemeines Staunen und Verwunderung über die
Dummheit der Häuptlinge, die so leichtsinnig ihr
Leben einem Weißen anvertraut hatten.
Am nächsten Morgen gegen 9 Uhr kamen wir
in Kamerun an. Ich meldete alsbald dem Gonwerne=
ment, daß die Bakoko mich schickten, um den Frieden
zu vermitteln und daß, falls man den Häuptlingen
Leben und Freiheit zusichere, sie sich selbst stellen
würden. Alle Weißen und Schwarzen in Kamerun
waren erstaunt, daß King Toko und die anderen
zwei es gewagt hatten, mitzukommen, besonders Toko,
der für vogelfrei erklärt worden war; Manche
meinten, ich hätte doch eine recht faule Geschichte in
die Hand genommen, und es könne dem Einen oder
Andern doch an den Kragen gehen. Eine Vorsicht,
wie ich sie bei der Meldung gebrauchte, war also
ganz angebracht. Als mir dann die verlangte Zu-
sicherung gewährt wurde, ging ich mit den drei
Leuten, gefolgt von unseren Ruderern und anderen
Schwarzen, um 4 Uhr zum Gouvernement, wo der
Kaiserliche Kanzler die Verhandlungen leitete, die
zur Zufriedenheit Aller verliefen. Aber nicht wenig
zitterten die armen Kerls, als ihnen der Kanzler
vorhielt, daß sie eigentlich den Tod verdient hätten.
Als sie dennoch mit bloßen Geld= und Arbeitsstrafen
ihrer Leute davon kamen, lebten sie wieder auf, und
freudig hob sich ihre Brust, da sie endlich aus dem
Saale entlassen wurden, denn noch bis zum letzten
Angenblick hatten sie eine List befürchtet und geglaubt,
sie würden entweder mit Tod oder furchtbarem
Gefängniß bestraft werden. Dankbar drückten sie
mir die Hände; auf der Heimreise besprachen sie
immer und immer wieder den glücklichen Ausgang
der Sache mit stets erneuten Dankesausbrüchen mir
gegenüber. Wie erstaunten aber erst die Omaqua=
leute, als wir spät Abends an ihrer Beach ankamen
und ausstiegen, Alle heil und unversehrt, wie wir
einige Tage zuvor vorbei gekommen waren. Kein
Laut, kein Ruf kam über ihre Lippen, Todtenstille
herrschte troh der ungeheuren Masse der Leute am
Ufer; ihre Ueberraschung war eben zu groß. Da
wurde mir die Geschichte zu toll, und ich forderte
sie auf, zu sprechen, zu lachen, zu singen und zu
lärmen, welche Aufforderung sofort eine gehörige
Lachsalve zur Folge hatte. Sie führten uns dann
in ein geräumiges Haus, wo ich mich ermüdet auf
ein Negerbett hinstreckte.
Die Häuptlinge selbst mit ihren Leuten saßen
mitten im Kreise der gesammten Bevölkerung und
erzählten ihre Erlebnisse. Zuweilen, wenn sie eiwas
ihnen Auffälliges erzählten, erschallte einstimmiges
Lachen aus Aller Kehlen; ich selbst mußte herzlich
mitlachen, als der Häuptling Yanye die rauhe barsche
Stimme des Kanzlers nachzuahmen suchte; wie das
Krachen des Maximgeschützes und der Kanonen-
donner sei sie gewesen, sagte er. Dann machte der
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Mimbo, das heißt Palmwein, die Runde, bis alle
Schwarzen in süßem Schlummer von ihren Strapazen
und ihrem Schrecken ausruhten.
Am nächsten Tage gegen 2 Uhr kamen wir bei
der Mission au. Freudenschüsse ertönten bald und
trugen die Kunde der glücklichen Heimkehr überall
hin. Jetzt fanden auch die anderen zurückgebliebenen
Häupllinge den Muth zur Reise nach Kamerun, so
daß wir jetzt hier mitten im tiefsten Frieden stecken,
ruhiger und sicherer als ganz Europa, trotz der
dicksten Friedensversicherungen aller Mächte.
Nun, zum Glück hat die Mission durch den
Krieg nichts beim Volke an Einfluß und Ansehen
verloren, im Gegentheil sehen die Bakobko jetzt erst
klar ein, daß wir doch nicht die bösen Zauberer und
nichtswürdigen Menschen sind, wie die Herren
Duallas den Bakoko vorzulügen beliebten.
Die Verstärkung der südwestafrikanischen Schutztruppe.
Der von der Deutschen Kolonial-Gesellschaft ge-
charterte Dampfer „Carl Woermann"“, auf dem die
Verstärkungsmannschaft der südwestafrikanischen Schutz-
truppe am 15. Februar d. J. in Cuxhaven eingeschifft
worden war, ist nach einer über Loanda hier ein-
gegangenen Meldung am 16. März in Walfischbai
eingetroffen.
Das Verstärkungskommando besteht aus
1 Offizier, 1 Arzt, 21 Unteroffizieren, 4 Lazareth=
gehülfen, 189 Gemeinen.
Als Offizier ist Sekondlieutenant Schwabe vom
Grenadier-Regiment Nr. 12, als Arzt Assistenzarzt
Dr. Richter, à la suite des Sanitätskorps, komman-
dirt worden. Auszerdem wird der seit längerer Zeit
im Schutzggebiete beschäftigte Premierlieutenant a. D.
v. Bülow als Offizier in die Truppe eingestellt
werden.
Mit der Führung des Transportes war der
Kompagnieführer in der Kaiserlichen Schutztruppe
für Deutsch-Ostafrika Fischer betraut worden, unter
dessen Befehl das Kommando bis zur Ankunft in
Südwestafrika und der Uebergabe an Hauptmann
v. Frangois gestellt war.
Die Anwerbung der Verstärkung ist durch das
Reichs-Marine-Amt erfolgt. Die Unteroffiziere und
Mannschaften sind auf Grund freiwilliger Meldungen
dem aktiven Dienststande der Armee und zwar den
Fußtruppen, die Mannschaften durchweg dem dritten
Jahrgange, entnommen. Bei der Auswahl sind Feld-
dienstfähigkeit, Zuverlässigkeit, gute Führung und
gute militärische Ausbildung, vor Allem im Schießen
und im Felddienst, als unerläßliche Vorbedingungen
gestellt worden. Da bei den ausgedehnten Entfer-
nungen im Schutgebiete die Marschbewegungen der
Truppe öfters zu Pferde erfolgen, so ist darauf
geachtet worden, daß die einberufenen Leute bei einem
Körpergewicht von nicht über 70 Kilogramm Neigung
und einiges Geschick zum Reiten, sowie Kenntnisse