Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

so konnte ich mit den drei bedeutendsten Häuptlingen 
meine Reise antreten. In Omaqua noch, wo 
Hunderte von Leuten am Ufer standen, herrschte 
allgemeines Staunen und Verwunderung über die 
Dummheit der Häuptlinge, die so leichtsinnig ihr 
Leben einem Weißen anvertraut hatten. 
Am nächsten Morgen gegen 9 Uhr kamen wir 
in Kamerun an. Ich meldete alsbald dem Gonwerne= 
ment, daß die Bakoko mich schickten, um den Frieden 
zu vermitteln und daß, falls man den Häuptlingen 
Leben und Freiheit zusichere, sie sich selbst stellen 
würden. Alle Weißen und Schwarzen in Kamerun 
waren erstaunt, daß King Toko und die anderen 
zwei es gewagt hatten, mitzukommen, besonders Toko, 
der für vogelfrei erklärt worden war; Manche 
meinten, ich hätte doch eine recht faule Geschichte in 
die Hand genommen, und es könne dem Einen oder 
Andern doch an den Kragen gehen. Eine Vorsicht, 
wie ich sie bei der Meldung gebrauchte, war also 
ganz angebracht. Als mir dann die verlangte Zu- 
sicherung gewährt wurde, ging ich mit den drei 
Leuten, gefolgt von unseren Ruderern und anderen 
Schwarzen, um 4 Uhr zum Gouvernement, wo der 
Kaiserliche Kanzler die Verhandlungen leitete, die 
zur Zufriedenheit Aller verliefen. Aber nicht wenig 
zitterten die armen Kerls, als ihnen der Kanzler 
vorhielt, daß sie eigentlich den Tod verdient hätten. 
Als sie dennoch mit bloßen Geld= und Arbeitsstrafen 
ihrer Leute davon kamen, lebten sie wieder auf, und 
freudig hob sich ihre Brust, da sie endlich aus dem 
Saale entlassen wurden, denn noch bis zum letzten 
Angenblick hatten sie eine List befürchtet und geglaubt, 
sie würden entweder mit Tod oder furchtbarem 
Gefängniß bestraft werden. Dankbar drückten sie 
mir die Hände; auf der Heimreise besprachen sie 
immer und immer wieder den glücklichen Ausgang 
der Sache mit stets erneuten Dankesausbrüchen mir 
gegenüber. Wie erstaunten aber erst die Omaqua= 
leute, als wir spät Abends an ihrer Beach ankamen 
und ausstiegen, Alle heil und unversehrt, wie wir 
einige Tage zuvor vorbei gekommen waren. Kein 
Laut, kein Ruf kam über ihre Lippen, Todtenstille 
herrschte troh der ungeheuren Masse der Leute am 
Ufer; ihre Ueberraschung war eben zu groß. Da 
wurde mir die Geschichte zu toll, und ich forderte 
sie auf, zu sprechen, zu lachen, zu singen und zu 
lärmen, welche Aufforderung sofort eine gehörige 
Lachsalve zur Folge hatte. Sie führten uns dann 
in ein geräumiges Haus, wo ich mich ermüdet auf 
ein Negerbett hinstreckte. 
Die Häuptlinge selbst mit ihren Leuten saßen 
mitten im Kreise der gesammten Bevölkerung und 
erzählten ihre Erlebnisse. Zuweilen, wenn sie eiwas 
ihnen Auffälliges erzählten, erschallte einstimmiges 
Lachen aus Aller Kehlen; ich selbst mußte herzlich 
mitlachen, als der Häuptling Yanye die rauhe barsche 
Stimme des Kanzlers nachzuahmen suchte; wie das 
Krachen des Maximgeschützes und der Kanonen- 
donner sei sie gewesen, sagte er. Dann machte der 
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Mimbo, das heißt Palmwein, die Runde, bis alle 
Schwarzen in süßem Schlummer von ihren Strapazen 
und ihrem Schrecken ausruhten. 
Am nächsten Tage gegen 2 Uhr kamen wir bei 
der Mission au. Freudenschüsse ertönten bald und 
trugen die Kunde der glücklichen Heimkehr überall 
hin. Jetzt fanden auch die anderen zurückgebliebenen 
Häupllinge den Muth zur Reise nach Kamerun, so 
daß wir jetzt hier mitten im tiefsten Frieden stecken, 
ruhiger und sicherer als ganz Europa, trotz der 
dicksten Friedensversicherungen aller Mächte. 
Nun, zum Glück hat die Mission durch den 
Krieg nichts beim Volke an Einfluß und Ansehen 
verloren, im Gegentheil sehen die Bakobko jetzt erst 
klar ein, daß wir doch nicht die bösen Zauberer und 
nichtswürdigen Menschen sind, wie die Herren 
Duallas den Bakoko vorzulügen beliebten. 
  
Die Verstärkung der südwestafrikanischen Schutztruppe. 
Der von der Deutschen Kolonial-Gesellschaft ge- 
charterte Dampfer „Carl Woermann"“, auf dem die 
Verstärkungsmannschaft der südwestafrikanischen Schutz- 
truppe am 15. Februar d. J. in Cuxhaven eingeschifft 
worden war, ist nach einer über Loanda hier ein- 
gegangenen Meldung am 16. März in Walfischbai 
eingetroffen. 
Das Verstärkungskommando besteht aus 
1 Offizier, 1 Arzt, 21 Unteroffizieren, 4 Lazareth= 
gehülfen, 189 Gemeinen. 
Als Offizier ist Sekondlieutenant Schwabe vom 
Grenadier-Regiment Nr. 12, als Arzt Assistenzarzt 
Dr. Richter, à la suite des Sanitätskorps, komman- 
dirt worden. Auszerdem wird der seit längerer Zeit 
im Schutzggebiete beschäftigte Premierlieutenant a. D. 
v. Bülow als Offizier in die Truppe eingestellt 
werden. 
Mit der Führung des Transportes war der 
Kompagnieführer in der Kaiserlichen Schutztruppe 
für Deutsch-Ostafrika Fischer betraut worden, unter 
dessen Befehl das Kommando bis zur Ankunft in 
Südwestafrika und der Uebergabe an Hauptmann 
v. Frangois gestellt war. 
Die Anwerbung der Verstärkung ist durch das 
Reichs-Marine-Amt erfolgt. Die Unteroffiziere und 
Mannschaften sind auf Grund freiwilliger Meldungen 
dem aktiven Dienststande der Armee und zwar den 
Fußtruppen, die Mannschaften durchweg dem dritten 
Jahrgange, entnommen. Bei der Auswahl sind Feld- 
dienstfähigkeit, Zuverlässigkeit, gute Führung und 
gute militärische Ausbildung, vor Allem im Schießen 
und im Felddienst, als unerläßliche Vorbedingungen 
gestellt worden. Da bei den ausgedehnten Entfer- 
nungen im Schutgebiete die Marschbewegungen der 
Truppe öfters zu Pferde erfolgen, so ist darauf 
geachtet worden, daß die einberufenen Leute bei einem 
Körpergewicht von nicht über 70 Kilogramm Neigung 
und einiges Geschick zum Reiten, sowie Kenntnisse
	        
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