Anlage 3. Bericht
der 2. Kompagnie, Abtheilung Bukoba, über
im Oktober und November slattgehabte
Gefechte.
Bukoba, den 20. November 1892.
Am 14. Oktober wurde der Ombascha Seliman
el Schami mit 14 Mann abgesandt, um an der
Grenze des hiesigen Sultauats Kyamtuara (Sultan
Mbkotani) und des benachbarten Bugabu (Sultan
Kahjosa) in der Ortschaft des Unterchefs Wawussi
etwa vier Stunden von hier einen Unterchef zu ver-
haften, der sich Uebergriff gegen das Eigenthum der
französischen Mission erlaubt hatte. Da die Pa-
trouille bei Ergreifung des Mannes thätlich ange-
griffen wurde, machte sie von der Wasse Gebrauch;
vier Wasiba fielen.
Die Eingeborenen schlugen jetzt die Kriegs-
trommel und sammelten sich in zwei Stunden in
großen Schaaren, bei der Mission allein zogen nach
Aussage der Missionare gegen 1000 vorbei. Die
Soldaten formirten auf freiem Felde Karree,
schülleten ihre Patronen vor sich und ließen den
Gegner auf 60 Meter herankommen. In den dicken
Massen saß jeder Schuß, die Wasiba ließen 60 Todte
vor dem Karrce liegen und entflohen. Der Ombascha
Seliman el Schami kommandirte Tausenden gegen-
über mit vollster Ruhe.
Am 16. und 17. Oktober wurden Fouragirungs-=
abtheilungen innerhalb der Bauanenhaine angegriffen,
wobei die Wasiba am ersten Tage sieben, am zweiten
Tage 27 Todie hatten. Diesseils wurden nur gegen
acht Krieger des befreundeten Sultans Kahjosa
durch Kugeln und Pfeile verwundet.
Am 7. November sammelte ich bei Kahjosa fol-
gende Truppen:
40 Soldaten, 1500 katholische Waganda mit
500 Gewehren (etwa 30 Hinterlader), 400 Kahjosa-
Leute mit 150 Gewehren.
Die Mission war mit 12 Mam besetzt, im Fort
blieben Lazarethgehülfe Weidner, Herr Rinder-
mann und 13 Mann.
Das Unternehmen war gegen den auf langem
Höhenzuge gelegenen Bezirk des Unterchefs Radiumon
gerichtet. Der Vormarsch fand am 8. November in
drei Kolonnen statt:
Rechter Flügel: 500 Waganda, 200 Wasiba.
Centrum: ich, 40 Soldaten, 500 Waganda.
Linker Flügel: 500 Waganda, 200 Wasiba.
Rendezvouns nach Einnahme der Bananenhaine
und Ueberschreiten des Höhenzuges war die Mission.
Trotzdem in den dicken Bananenwäldern Alles
auseinanderkam, so wurde der ganze Höhenzug doch
glatt genommen, und kamen die drei Kolonnen auf
der anderen Seite gleichzeitig heraus. Einige für
sich auf Bergkegeln gelegene Dörfer wurden mit
Hülfe der Soldaten gestürmt. Während Centrum
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und linker Flügel auch den Bezirk des Unterchefs
Ruanduru einnahmen, war der rechte Flügel
gegen meinen Befehl, einer Ochsenheerde folgend,
durch das nächste Thal in den sehr hoch gelegenen
Bezirk Katoma eingedrungen, den bevölkertsten und
von der Natur am meisten befestigten des ganzen
Sultanats. In den stundenweiten Bananendickichten
geriethen die Waganda ganz auseinander, hatten be-
deutende Verluste und konnten von mir erst nach
Stunden mit Hülfe von Soldaten und permanentem
Signalblasen herausgeholt werden. Auf der
Mission wurde Lager bezogen und folgende Verlusie
sestgestellt:
Soldaten: —
Waganda: 12 Todte,
30 Verwundete,
etwa 20 verlorene Gewehre.
Die nächsten Tage wurden zur Säuberung und
Besetung der eroberten Distrikte durch die Waganda
verwendet.
Es stellte sich nämlich Folgendes heraus: Die
hiesigen Wasiba haben eine Menge Höhlen, theils in
den Hainen, theils auf freiem Felde oder in den
Felsen, in der Größe zwischen 5 und 500 Personen
sassend. In einzelne steigt man wie in ein Berg-
werk erst 15 Meter tief auf Stufen hinab, andere
haben unter einem Stein einen ganz schmalen Ein-
gang, erweitern sich aber unterirdisch zu hohen
Hallen. In diese Höhlen versteckten sich die Wasiba-
Krieger beim Anmarsch der Kolonne, um später die
Nachzügler nieder zu machen. Sie räumten die-
selben jedoch meist freiwillig aus Furcht, abgeschnitten
zu werden.
Nachdem der hiesige Sultan, der aus seiner
Hauptstadt bereits enislohen war, um Frieden ge-
beten und eine Kriegslontribution von
4 Frasilah Elfenbein,
25 Ochsen,
100 000 Kauris
gezahlt hatte, wurde am 14. November Friede ge-
schlossen, diesseits der Sieg, nach Landessitte, durch
ein Fest geseiert. Der Verlust des Gegners in den
fünf Gefechtstagen war sehr bedentend, darunter zwei
lubaga, d. h. Mitglieder des königlichen Hauses.
Die Waganda, die permanent im Handgemenge mit
Speeren und Aexten fochten, haben sehr viele ge-
tödtet; ees sind sehr tapfere Leute.
Die Haltung der Soldaten, auch der Sunaheli,
war gut; der Gegner hat nach der ersten Niederlage
durch den Ombascha Seliman el Schami den Sol-
daten nirgends Stand gehalten, die Waganda da-
gegen rücksichtslos attackirt und stets das Nah-
gefecht gesucht; die Wasiba sind außerordentlich ge-
wandt im Handgemenge mit Speer und Apxt.
Ich habe am 7. November absichtlich mit den
Soldaten sichtbar für den Gegner gelagerk, so daß
derselbe Weiber und Kinder in Sicherheit bringen
konnte.