dies würde aber, wie bereits berichtet, eine wesent-
liche Erhöhung meines Etats bedingen.
Wenn ich unter so gestalteten —— einem
verehrten Komitee die Belassung des „H. v. Wiss-
mann“ auf dem Nyaßa-See als durchaus erforderlich
bezeichnen muß, so halte ich es andererseits geboten,
schon jetzt über die Bestimmung eines zweiten Dampfers
für den Tanganyka, über dessen Konstruirung ich
mich bereits in meinem Blantyre-Bericht ausgelassen
habe, schlüssig zu werden. Wie ich höre, liegt der
Dampfer „Peters“ vorläufig ohne definitive Be-
stimmung an der Ostküste. Sollte der Petersdampfer,
wie es den Anschein hat, den Anforderungen für den
Tanganyka-See entsprechen, so erbiete ich mich, deu-
selben noch mit meiner Expedition sofort dorthin zu
überführen. Für diesen Vorschlag sprechen folgende
Gesichtspunkte:
1. Die Tranusportlinie Chinde bis Nord-Nyasa ist
durch eigene Transportmittel gesichert, da ein
Leichter für die Strecke Chinde bis Katunga
dauernd am unteren Schire stationirt bleibt,
während ein zweiter Leichter die mit der Feld-
bahn und sonstigen Expeditionskarren über den
Schirepaß gebrachten Waaren zum Süd-Nyasa
befördert, von wo wiederum der bis Ende dieses
Jahres fertig montirte „H. v. Wissmam“ die
Dampfertheile des „Peters“ nach dem Nord-
ende des Sees transportirt.
. Da ich ferner durch die Gewinnung der Atongas
eine glückliche Lösung der Trägerfrage herbei-
geführt habe, so werde ich auch den Schwierig-
keiten zwischen Nyasa bis Tanganyka gewachsen
sein, vorausgesetzt, daß bis dahin die Tanganyta=
station fertig gestellt ist.
. Bei dem numerisch starken Personal meiner
Expedition würde dieses Unternehmen keinen
einzigen Beamten als einen Kapitän für den
Dampfer selbst — das sonstige lechnische Dampfer-
personal kann ich ebenfalls aus meinem jebigen
Personal stellen — benöthigen, da meine sämmt-
lichen Beamten auf 3 Jahre kontraktlich ge-
bunden sind.
Das Unternehmen würde durch die mir zu Ge-
bote stehende schwarze Truppe auch militärisch
gesichert sein.
. Die Erfahrungen meines jetzigen, eingearbeileten
Personals würden diesem Transport sehr zu
statten kommen.
. Neben der großen Zeitersparniß bei diesem Unter-
nehmen stände eine solche auch an Mitteln, da
fast alle Kosten aus dem Etat meiner jetzigen
Expedition, welcher nach Montirung des Dampfers
naauf dem Nyasa, also gegen Ende dieses Jahres,
* in Kraft tritt und den ich vorläufig mit etwa
20 000 Mark monatlich beziffert habe, getragen
werden und als Mehrkosten nur Fracht des
Dampfers nach Chinde, sowie die Trägerlöhne
für den Weg vom Nyaßa zum Tanganyka in
Betracht kommen.
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7. Eine sofortige Inangriffnahme des Transportes
ist nöthig, da einerseits jetzt gerade die günstige
Konstellation in Bezug auf Personal wie Mann-
schaft vorliegt, andrerseits zur Zeit alle Trans-
portmittel in bestem Zustande sich befinden, bei
einem Ausschub jedoch durch die Einflüsse des
Klimas leicht schadhaft oder unbrauchbar werden
könnten.
Sollte sich für obigen Zweck „Peters“ aus
irgend welchen Gründen nicht eignen, so könnte
ein neuer Dampfer, vielleicht von der Größe
des „Pfeil“, aber natürlich zerlegbar, gebaut
und noch in diesem Jahre nach Chinde über-
führt werden. Als spätesten Termin hierfür
erlaube ich mir Jannar bis Februar nächsten
Jahres, also 1894, anzugeben, loco Chinde.
Wenn es auch mir nicht möglich sein sollte,
dieses Unternehmen persönlich bis zu Ende zu
führen, so hätte ich jedenfalls bis dahin ein
derartig eingearbeitetes Personal, daß ich dem-
selben getrost diese Aufgabe übertragen könnte.
Bei der Dringlichkeit der Angelegenheit möchte
ich um telegraphischen Bescheid bitten, damit
sofort die event. nothwendigen Schritte veran-
laßt werden können.
gez. v. Wissmann,
Major à la suite der Armec.
·
Rumvirabai, den 19. Jannar 1893.
In Verfolg meines Berichtes aus Bandawe be-
richte ich der Ansführungskommission über den weileren
Verlauf der Expedition, daß ich in der bis jetzt von
den Eugländern mit Amelia-Bai bezeichneten Bucht,
die, wie ich berichtet hatte, ein wichtiger Sklaven-
transporthafen sein soll, wider Erwarten keinen für
unsere Zwecke brauchbaren Hafen gefunden, da die
Bucht nach Süden, woher fast 9 Monate lang ein
steiser Südwestwind mit hohem Schwall steht, ganz
offeu ist.
Weiter nach Norden fahrend, erreichte ich mit
der Expedition am 17. dieses Monats Rumvirabai
und bezog daselbst Lager. Von hier aus werde ich
erst eine nähere Untersuchung der Küste vornehmen,
bevor ich mich für den Bau einer Hafenstation ent-
scheide. Da ich mich hier im Gebiete der mächtigen,
räuberischen Zuluverwandten Wagwangwara befinde,
so werde ich, bevor ich meine Untersuchungstour an-
trete, mein jehiges Lager derart befestigen, daß es
von der zurückbleibenden Hälfte meiner Expedition
gegen einen durchaus nicht unwahrscheinlichen Angriff
gehalten werden kann.
Bei der Küstentour werde ich auch die beiden
deutschen Missionsstationen besuchen.
gez. v. Wissmann,
Major à la suite der Armee.