Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

dies würde aber, wie bereits berichtet, eine wesent- 
liche Erhöhung meines Etats bedingen. 
Wenn ich unter so gestalteten —— einem 
verehrten Komitee die Belassung des „H. v. Wiss- 
mann“ auf dem Nyaßa-See als durchaus erforderlich 
bezeichnen muß, so halte ich es andererseits geboten, 
schon jetzt über die Bestimmung eines zweiten Dampfers 
für den Tanganyka, über dessen Konstruirung ich 
mich bereits in meinem Blantyre-Bericht ausgelassen 
habe, schlüssig zu werden. Wie ich höre, liegt der 
Dampfer „Peters“ vorläufig ohne definitive Be- 
stimmung an der Ostküste. Sollte der Petersdampfer, 
wie es den Anschein hat, den Anforderungen für den 
Tanganyka-See entsprechen, so erbiete ich mich, deu- 
selben noch mit meiner Expedition sofort dorthin zu 
überführen. Für diesen Vorschlag sprechen folgende 
Gesichtspunkte: 
1. Die Tranusportlinie Chinde bis Nord-Nyasa ist 
durch eigene Transportmittel gesichert, da ein 
Leichter für die Strecke Chinde bis Katunga 
dauernd am unteren Schire stationirt bleibt, 
während ein zweiter Leichter die mit der Feld- 
bahn und sonstigen Expeditionskarren über den 
Schirepaß gebrachten Waaren zum Süd-Nyasa 
befördert, von wo wiederum der bis Ende dieses 
Jahres fertig montirte „H. v. Wissmam“ die 
Dampfertheile des „Peters“ nach dem Nord- 
ende des Sees transportirt. 
. Da ich ferner durch die Gewinnung der Atongas 
eine glückliche Lösung der Trägerfrage herbei- 
geführt habe, so werde ich auch den Schwierig- 
keiten zwischen Nyasa bis Tanganyka gewachsen 
sein, vorausgesetzt, daß bis dahin die Tanganyta= 
station fertig gestellt ist. 
. Bei dem numerisch starken Personal meiner 
Expedition würde dieses Unternehmen keinen 
einzigen Beamten als einen Kapitän für den 
Dampfer selbst — das sonstige lechnische Dampfer- 
personal kann ich ebenfalls aus meinem jebigen 
Personal stellen — benöthigen, da meine sämmt- 
lichen Beamten auf 3 Jahre kontraktlich ge- 
bunden sind. 
Das Unternehmen würde durch die mir zu Ge- 
bote stehende schwarze Truppe auch militärisch 
gesichert sein. 
. Die Erfahrungen meines jetzigen, eingearbeileten 
Personals würden diesem Transport sehr zu 
statten kommen. 
. Neben der großen Zeitersparniß bei diesem Unter- 
nehmen stände eine solche auch an Mitteln, da 
fast alle Kosten aus dem Etat meiner jetzigen 
Expedition, welcher nach Montirung des Dampfers 
naauf dem Nyasa, also gegen Ende dieses Jahres, 
* in Kraft tritt und den ich vorläufig mit etwa 
20 000 Mark monatlich beziffert habe, getragen 
werden und als Mehrkosten nur Fracht des 
Dampfers nach Chinde, sowie die Trägerlöhne 
für den Weg vom Nyaßa zum Tanganyka in 
Betracht kommen. 
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7. Eine sofortige Inangriffnahme des Transportes 
ist nöthig, da einerseits jetzt gerade die günstige 
Konstellation in Bezug auf Personal wie Mann- 
schaft vorliegt, andrerseits zur Zeit alle Trans- 
portmittel in bestem Zustande sich befinden, bei 
einem Ausschub jedoch durch die Einflüsse des 
Klimas leicht schadhaft oder unbrauchbar werden 
könnten. 
Sollte sich für obigen Zweck „Peters“ aus 
irgend welchen Gründen nicht eignen, so könnte 
ein neuer Dampfer, vielleicht von der Größe 
des „Pfeil“, aber natürlich zerlegbar, gebaut 
und noch in diesem Jahre nach Chinde über- 
führt werden. Als spätesten Termin hierfür 
erlaube ich mir Jannar bis Februar nächsten 
Jahres, also 1894, anzugeben, loco Chinde. 
Wenn es auch mir nicht möglich sein sollte, 
dieses Unternehmen persönlich bis zu Ende zu 
führen, so hätte ich jedenfalls bis dahin ein 
derartig eingearbeitetes Personal, daß ich dem- 
selben getrost diese Aufgabe übertragen könnte. 
Bei der Dringlichkeit der Angelegenheit möchte 
ich um telegraphischen Bescheid bitten, damit 
sofort die event. nothwendigen Schritte veran- 
laßt werden können. 
gez. v. Wissmann, 
Major à la suite der Armec. 
· 
Rumvirabai, den 19. Jannar 1893. 
In Verfolg meines Berichtes aus Bandawe be- 
richte ich der Ansführungskommission über den weileren 
Verlauf der Expedition, daß ich in der bis jetzt von 
den Eugländern mit Amelia-Bai bezeichneten Bucht, 
die, wie ich berichtet hatte, ein wichtiger Sklaven- 
transporthafen sein soll, wider Erwarten keinen für 
unsere Zwecke brauchbaren Hafen gefunden, da die 
Bucht nach Süden, woher fast 9 Monate lang ein 
steiser Südwestwind mit hohem Schwall steht, ganz 
offeu ist. 
Weiter nach Norden fahrend, erreichte ich mit 
der Expedition am 17. dieses Monats Rumvirabai 
und bezog daselbst Lager. Von hier aus werde ich 
erst eine nähere Untersuchung der Küste vornehmen, 
bevor ich mich für den Bau einer Hafenstation ent- 
scheide. Da ich mich hier im Gebiete der mächtigen, 
räuberischen Zuluverwandten Wagwangwara befinde, 
so werde ich, bevor ich meine Untersuchungstour an- 
trete, mein jehiges Lager derart befestigen, daß es 
von der zurückbleibenden Hälfte meiner Expedition 
gegen einen durchaus nicht unwahrscheinlichen Angriff 
gehalten werden kann. 
Bei der Küstentour werde ich auch die beiden 
deutschen Missionsstationen besuchen. 
gez. v. Wissmann, 
Major à la suite der Armee.
	        
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