Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

ein. Kapitän Prager berichtete mir Folgendes: 
Er war mit dem Geschülz und 15 Sudanesen, ferner 
mit den freiwillig theilnehmenden Handwerkern, 
Kesselschmied Knuth und Zimmermann Ottlich, 
Mr. Johnston auf einem Boote zu Hülfe geeilt, 
unterwegs wären sie scharf beschossen worden, wobei 
ein Sudanese durch die rechte Handfläche und den 
rechten Oberschenkel geschossen wäre. Unter dem 
Schutze der Mannschaft und des Geschützes hätte 
Mr. Johnston sich verschanzt und erwarte weitere 
Hülfe, bevor er die Aktion gegen die Eingeborenen 
und eingewanderten Sklavenhändler wieder beginnen 
wolle. 
Ich beschloß, Johnston zu unterstützen, und zwar 
aus folgenden Gründen: Solange die Ruhestörun- 
gen andauerten, konnte ich keine Last nach Mpimbi 
schaffen, da es erstens riskant war, Lasten auf dem 
Wege zu haben, und auch die Träger sich weigerten, 
solche zu nehmen, zweitens war ich fest überzeugt, 
daß der ganze Aufstand von den bei Leondas Dorf 
wohnenden arabischen Sklavenhäudlern ausging und 
daß ich dadurch nur den Zweck der Antisklaverei- 
Lotterie erfülle, als letzter Grund, und nicht weniger 
wichtig erscheint er mir, war die Hülfeleistung an 
England, in dessen Gebiet wir uns besanden. Am 
19. d. M. marschirte ich über Land zusammen mit 
der englischen Marine nach dem Orte, wo Mr. 
Johnston sich verschanzt hatte. Nach dem Opera- 
tionsplane wurde bestimmt, daß Mr. Johnston mit 
der Marine und weiteren 200 Bewaffneten (im 
Ganzen 37 Europäer) am rechten Ufer marschiren 
sollte, während ich mit 25 unserer Leute, dem Ge- 
schütz und 30 Bewaffneten am linken Ufer operiren 
sollte. Mit mir waren von unserer Expedition Herr 
Dr. Roewer, Proviantmeister v. Liebermann 
(Geschütz), Kesselschmied Kunnth und dann noch zwei 
Engländer, welchen ich das Kommando über die 
irregulären Mannschaften übergeben hatte. Die 
Landschaft ist mit hohem Gras oder noch höherem 
Mais oder Niggerkorn bestanden. Nach 2½ stündi- 
gem Marsch, bei welchem wir nur aus großer Ent- 
fernung beschossen wurden, erreichten wir Leondas 
Niederlassungen, d. h. die Landschaft, welche von 
den Sklavenhändlern bewohnt wird. Wir geriethen 
bald in lebhaftes Feuer, konnten aber keinen Feind 
sehen und mußten daher nur in die Gegend feuern, 
von der wir beschossen wurden. Die Sitluation 
wurde noch durch unsere Irregulären verschlimmert, 
welche auf meine Soldaten drängten. Unter stets 
lebhaftem Feuer von hinten und der rechten Flanke 
ließ ich einen breiten Weg bis zum Flusse durch 
den Mais schlagen, machte dann Front und ging 
Schritt| vor Schritt gegen die Niederlassung vor, 
allen Mais vor uns niederschlagend. Nach einigen 
Salven drangen wir in die Niederlassung ein und 
brannten sie nieder. Die Gegner hatten sich zurück- 
hezogen. Bei der Aktion wurde einer meiner Ir- 
regulären getödtet, drei andere verwundet. Das Ge- 
schütz hat uns große Dienste gethan, ich bin fest 
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überzeugt, daß, wenn die Leute nicht durch die Kar- 
tätschen zurückgeschreckt wären, ich eine viel schwierigere 
Arbeit gehabt hätte. Unsere Soldaten haben sich 
sehr brav gehalten, obgleich die meisten von ihnen 
zum ersten Mal im Feuer waren. 
Johnston traf erst drei Stunden nach mir ein, 
ohne einen Schuß abgefeuert zu haben, und dies 
wahrscheinlich deshalb, weil ich einige Granaten in 
das am gegenüberliegenden User liegende Dorf hatte 
werfen lassen, nachdem ich auch von dort beschossen 
wurde. 
Am nächsten Tage, 21. Februar, ging ich mit 
meinen Sudanesen durch die ganze Landschaft, alle 
Häuser der Sklavenhändler niederbrennend, ohne 
weiteren Widerstand als einige von größerer Distanz 
abgefeuerte Schiüsse. 
An demselben Tage traf in Leonda Lieutenant 
v. Vronsart mit 5 Soldaten und 272 Watonga- 
Trägern ein, er war von Fort Johnston am rechten 
Ufer marschirt, vor Leonda bedroht worden, hatte 
einige Leute niedergeschossen und einen gefangen. 
Noch an demselben Tage sandte ich Herrn v. Bron- 
sart mit seinen Leuten, jebt am linken Ufser unter 
Mitgabe weiterer Mannschaft, herunter nach Mpimbi 
und hat Herr v. Bronsart den Rest der Nieder- 
lassungen zerstört. 
Wie viele der Aufständischen gefallen, kann man 
nicht wissen, verwundet sind aber viele, was Blut- 
spnren in Häusern und im Grase bezeugen. 
Daß die Sklavenhändler den ganzen Aufstand 
angezettelt, unterliegt gar keinem Zweifel — ob sie 
die Noute der Dampfer verhindern oder verzögern 
wollten oder nur Krieg wollten, um unter diesem 
Vorwande Menschen zu rauben, ist offene Frage. 
Ich kenne persönlich den angesehensten dieser 
Araber, er war in meinem Lager zu Mpimbi; ich 
weiß, daß er und seine Leute mit Chassepot-Gewehren 
bewassnet sind, ich habe Patronenhülsen zu diesen 
Gewehren auf dem Wege gefunden und habe deut- 
lich das Pfeisen der Hinterladergeschosse gehört, ich 
glaube kaum, daß die eingeborene Bevölkerung sich 
am Kampfe betheiligt hat, jedenfalls ist dies in sehr 
geringem Maßstabe geschehen. Die Sklavenhändler 
hatten in Leonda eine förmliche Kolonie gebildet, sich 
arabische Häuser gebaut und bestellten mit ihren 
Sklaven recht ansehnliche Flächen Landes. Ihre 
ganze Ernte ist vernichtet, ihre Hänser und Ge- 
räthschaften verbrannt, und ist sicher zu hoffen, daß 
sie das Weite suchen werden, da erstens die in Mit- 
leidenschaft gezogenen Eingeborenen an ihnen Nache 
nehmen würden, und zweitens die Administration be- 
schlossen hat, an dem Platze ein festes Fort zu er- 
richten. Ich ging am 22. zurück nach Mpimbi, da 
Mr. Johnston von einer weiteren Aktion absehen 
wollte. 
Herr Dr. Rvewer, welcher soeben mit dem Rest 
der Soldaten im Bovote zurückgekommcn, hat das Boot 
der Lakes Co. leck geschlagen im Schilfe gefunden, 
nothdürftig ausgebessert und nach Mpimoi gebracht.
	        
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