Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

Um 3 Uhr befanden wir uns etwa 300 m vor 
der 400 m langen Ostfront des Kwikuru. Ich ließ 
zur Kompagniekolonne aufmarschiren, die Irregulären 
der Antisklavereilotterie als 4. Zug dahinter und 
rückte vorsichtig bis auf 80 m ans Kwikuru heran, 
in welchem wir Lärm hörten. Es gelang, die Sturm- 
leitern unbemerkt an die Tembewand zu legen. 
Dann kommandirte ich Sturm, der in der angeord- 
neten Weise, wie der Plan zeigt, mit „Tritt gefaßt!“ 
bis 30 m heran, dann „Marsch, Marsch, hurrah!“ 
auf die Tembe hinauf erfolgte. Der mir folgende 
Gewehrträger erhielt sofort einen Pfeilschuß, in 
kürzester Zeit aber waren alle Truppen auf dem 
Tembedach und eröffneten ein heftiges Schnellfeuer. 
Die Fackeln beleuchteten ein wirres Durcheinander 
der Feinde in den Höfen. Ich ließ daher das 
Feuer nach kaum einer Minute einstellen und setzte 
den weileren Sturm in vier getrennten Zügen an, 
Direktion die in Fackelschein sichtbar gewesene Fahnen- 
stange. Ohne Zaudern sprangen die Sudanesen von 
den sast 3 m hohen Temben in die Höfe; die In- 
sassen liefen blindlings davon und sielen theilweise 
den Hülfsmannschaften draußen in die Hände, welche 
die Tembe mittlerweile umgangen hatten und die 
Verwirrung durch Geschrei erhöhten. In der beson- 
deren Tembe des Mtwana kam es zu einem kurzen 
Handgemenge, wobei drei weitere Leute, darunter 
der Kapitän Spring, verletzt wurden. Innerhalb 
10 Minuten war das Kwikurn vom Feinde gesäubert, 
Muimi Mtwana und sein Vater durch den 1. und 
2. Halbzug, welche allen vorangingen, verwundet 
und gefangen. Nach kurzem Verhör ließ ich Beide 
hinrichten, die Tembe in vorläufig hinreichendem 
Maße in Brand stecken. Dann sammelte ich die 
Truppe und wartete, eines Angriffs gewärtig, 
Sonnenaufgang ab. Elwa 50 Todte lagen am Platze. 
Von den Regulären der Schutztruppe war Niemand 
verleczt. 
Ueber 100 Gefangene, an 150 Gewehre (darunter 
zwei M/71 der Zelewsky-Expedikion) ein kleines 
Vorderladergeschütz nebst Munition, die Fahne 
Mtwanas, viele Schilde u. s. w. der ebenfalls ge- 
flüchteten Wahehe und gegen 500 Stück Vieh wurden 
erbeutet. Einen beträchtlichen Theil der Beute 
brachten die „Hülfsvölker“ noch vor Sonnenaufgang 
bei Seite, die nach geglückter Ueberrumpelung natürlich 
alle zur Hand waren. 
Der geringe Widerstand und die daraus resul- 
tirenden geringsügigen Verluste sind der Thatsache 
zuzuschreiben, daß der vor der erwarteten Zeit und 
von allen Zügen scharf durchgeführte Sturm sowie 
das grelle Magnesiumlicht in dunkler Nacht den Feind 
in panischen Schrecken versetzte und in kopflose Flucht 
jagte. 
Um 8 Uhr morgens marschirte ich nach dem 
dreiviertel Stunden entsernten Magongorle und bezog 
in Erwartung eines Angriffs der Wahehe und 
Mdaburu-Leute ein festes Lager. 
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Die Hinrichtung Muini Mtwanas hatte aber die 
Organisation des Feindes gebrochen und von allen 
Seiten brachten die benachbarten Ortschaften, ihre 
Unterwerfung darzuthun, Elfenbein und Vieh an. 
Ich blieb deshalb noch den folgenden Tag in 
Mdaburu und trat am 12. März den Rückmarsch 
nach Unyangwira an. 
Eine Expedition in das südlichste Ramerungebiet. 
Der Zollbeamie Spaete, welcher an der Mün- 
dung des Campoflusses mit vielem Geschick eine Zoll- 
station errichtet hat, macht unter dem 26. März d. Is. 
nachstehende interessante Mittheilungen über eine 
Expedition, die er in der Zeit vom 13. bis 26. Fe- 
bruar d. Is. in das noch wenig bekannte Gebiet der 
Paugwes unternommen hat. 
Den Anlaß zu der Expedition gaben die mehr- 
maligen Aufforderungen der Pangwe, eine seit zwei 
Monaten zwischen den Stämmen Sasu und Yapo 
ausgebrochene Fehde, wodurch der hiesige Handel 
fast zum Stillstand gebracht wurde, zu schlichten. 
Gleichzeitig wollte ich versuchen, die hinter genannten 
Stämmen wohnenden Samagundeleute, die Handel 
nach Iwuni treiben sollen, zu veranlassen, ihre Pro- 
dukte in Campo abzusetzen, wie mich über die Lage 
der Pangwedörfer und den Lauf des Campoflusses 
zu orientiren, um später zu versuchen, ob sich nicht 
mit Hülfe des etwa eine Stunde von der Mündung 
des Campo flußaufwärts mündenden Bongola, der 
nach Aussage der Eingeborenen nur ein Arm des 
Campo sein soll und der, soweit bisher festgestellt, 
eine fast südöstliche Richtung hat, sich nicht eine 
wenigstens theilweise benußbare Wasserstraße in das 
Gebiet der Pangwe finden läßt. 
Am 13. Februar brach ich mit vier Krujungen 
und sechs Pangwelenten, die ich als Träger an- 
geworben, von Campo auf. Infolge der täglich 
niedergehenden schweren Gewitter, wodurch sämmtliche 
Gebirgsbäche zu reißenden Flüssen angeschwollen und 
nur schwer zu passiren waren, wie der durch vielen 
Regen aufgeweichten Wege kamen wir nur langsam 
vorwärts. Nach einem höchst beschwerlichen Marsche 
erreichte ich am vierten Tage das erste, vor den 
Felsengebirgen liegende Pangwedorf Bembe, Häupt- 
ling Bekada. Am nächsten Tage setzte ich meine 
Reise fort und erreichte nach einem abermaligen au- 
strengenden Marsche über hohes Felsengebirge am 
sechsten Tage mittags Benyemayong, das Dorf des 
vom Kaiserlichen Gonvernement anerkannten Pangwe- 
Häuptlings Mange. 
Mange freute sich, daß ich seiner Bitte, den Streit 
zu schlichten, nachgekommen war, und versprach Alles 
zu thun, damit derselbe nunmehr beendigt werde. 
Nachdem ich Erkundigungen über den Ausbruch der 
Fehde eingezogen hatte, überzeugte ich mich, daß die- 
selbe nur dann endgültig beigelegt werden könne,
	        
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