Um 3 Uhr befanden wir uns etwa 300 m vor
der 400 m langen Ostfront des Kwikuru. Ich ließ
zur Kompagniekolonne aufmarschiren, die Irregulären
der Antisklavereilotterie als 4. Zug dahinter und
rückte vorsichtig bis auf 80 m ans Kwikuru heran,
in welchem wir Lärm hörten. Es gelang, die Sturm-
leitern unbemerkt an die Tembewand zu legen.
Dann kommandirte ich Sturm, der in der angeord-
neten Weise, wie der Plan zeigt, mit „Tritt gefaßt!“
bis 30 m heran, dann „Marsch, Marsch, hurrah!“
auf die Tembe hinauf erfolgte. Der mir folgende
Gewehrträger erhielt sofort einen Pfeilschuß, in
kürzester Zeit aber waren alle Truppen auf dem
Tembedach und eröffneten ein heftiges Schnellfeuer.
Die Fackeln beleuchteten ein wirres Durcheinander
der Feinde in den Höfen. Ich ließ daher das
Feuer nach kaum einer Minute einstellen und setzte
den weileren Sturm in vier getrennten Zügen an,
Direktion die in Fackelschein sichtbar gewesene Fahnen-
stange. Ohne Zaudern sprangen die Sudanesen von
den sast 3 m hohen Temben in die Höfe; die In-
sassen liefen blindlings davon und sielen theilweise
den Hülfsmannschaften draußen in die Hände, welche
die Tembe mittlerweile umgangen hatten und die
Verwirrung durch Geschrei erhöhten. In der beson-
deren Tembe des Mtwana kam es zu einem kurzen
Handgemenge, wobei drei weitere Leute, darunter
der Kapitän Spring, verletzt wurden. Innerhalb
10 Minuten war das Kwikurn vom Feinde gesäubert,
Muimi Mtwana und sein Vater durch den 1. und
2. Halbzug, welche allen vorangingen, verwundet
und gefangen. Nach kurzem Verhör ließ ich Beide
hinrichten, die Tembe in vorläufig hinreichendem
Maße in Brand stecken. Dann sammelte ich die
Truppe und wartete, eines Angriffs gewärtig,
Sonnenaufgang ab. Elwa 50 Todte lagen am Platze.
Von den Regulären der Schutztruppe war Niemand
verleczt.
Ueber 100 Gefangene, an 150 Gewehre (darunter
zwei M/71 der Zelewsky-Expedikion) ein kleines
Vorderladergeschütz nebst Munition, die Fahne
Mtwanas, viele Schilde u. s. w. der ebenfalls ge-
flüchteten Wahehe und gegen 500 Stück Vieh wurden
erbeutet. Einen beträchtlichen Theil der Beute
brachten die „Hülfsvölker“ noch vor Sonnenaufgang
bei Seite, die nach geglückter Ueberrumpelung natürlich
alle zur Hand waren.
Der geringe Widerstand und die daraus resul-
tirenden geringsügigen Verluste sind der Thatsache
zuzuschreiben, daß der vor der erwarteten Zeit und
von allen Zügen scharf durchgeführte Sturm sowie
das grelle Magnesiumlicht in dunkler Nacht den Feind
in panischen Schrecken versetzte und in kopflose Flucht
jagte.
Um 8 Uhr morgens marschirte ich nach dem
dreiviertel Stunden entsernten Magongorle und bezog
in Erwartung eines Angriffs der Wahehe und
Mdaburu-Leute ein festes Lager.
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Die Hinrichtung Muini Mtwanas hatte aber die
Organisation des Feindes gebrochen und von allen
Seiten brachten die benachbarten Ortschaften, ihre
Unterwerfung darzuthun, Elfenbein und Vieh an.
Ich blieb deshalb noch den folgenden Tag in
Mdaburu und trat am 12. März den Rückmarsch
nach Unyangwira an.
Eine Expedition in das südlichste Ramerungebiet.
Der Zollbeamie Spaete, welcher an der Mün-
dung des Campoflusses mit vielem Geschick eine Zoll-
station errichtet hat, macht unter dem 26. März d. Is.
nachstehende interessante Mittheilungen über eine
Expedition, die er in der Zeit vom 13. bis 26. Fe-
bruar d. Is. in das noch wenig bekannte Gebiet der
Paugwes unternommen hat.
Den Anlaß zu der Expedition gaben die mehr-
maligen Aufforderungen der Pangwe, eine seit zwei
Monaten zwischen den Stämmen Sasu und Yapo
ausgebrochene Fehde, wodurch der hiesige Handel
fast zum Stillstand gebracht wurde, zu schlichten.
Gleichzeitig wollte ich versuchen, die hinter genannten
Stämmen wohnenden Samagundeleute, die Handel
nach Iwuni treiben sollen, zu veranlassen, ihre Pro-
dukte in Campo abzusetzen, wie mich über die Lage
der Pangwedörfer und den Lauf des Campoflusses
zu orientiren, um später zu versuchen, ob sich nicht
mit Hülfe des etwa eine Stunde von der Mündung
des Campo flußaufwärts mündenden Bongola, der
nach Aussage der Eingeborenen nur ein Arm des
Campo sein soll und der, soweit bisher festgestellt,
eine fast südöstliche Richtung hat, sich nicht eine
wenigstens theilweise benußbare Wasserstraße in das
Gebiet der Pangwe finden läßt.
Am 13. Februar brach ich mit vier Krujungen
und sechs Pangwelenten, die ich als Träger an-
geworben, von Campo auf. Infolge der täglich
niedergehenden schweren Gewitter, wodurch sämmtliche
Gebirgsbäche zu reißenden Flüssen angeschwollen und
nur schwer zu passiren waren, wie der durch vielen
Regen aufgeweichten Wege kamen wir nur langsam
vorwärts. Nach einem höchst beschwerlichen Marsche
erreichte ich am vierten Tage das erste, vor den
Felsengebirgen liegende Pangwedorf Bembe, Häupt-
ling Bekada. Am nächsten Tage setzte ich meine
Reise fort und erreichte nach einem abermaligen au-
strengenden Marsche über hohes Felsengebirge am
sechsten Tage mittags Benyemayong, das Dorf des
vom Kaiserlichen Gonvernement anerkannten Pangwe-
Häuptlings Mange.
Mange freute sich, daß ich seiner Bitte, den Streit
zu schlichten, nachgekommen war, und versprach Alles
zu thun, damit derselbe nunmehr beendigt werde.
Nachdem ich Erkundigungen über den Ausbruch der
Fehde eingezogen hatte, überzeugte ich mich, daß die-
selbe nur dann endgültig beigelegt werden könne,