Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

wenn ich selbst die anderen betheiligten Stämme 
aufsuchte. Ich brach nach einem Ruhetage Montag 
früh von Benyemayong auf und erreichte gegen Mittag 
Endule, das Dorf des Häuptlings Meterte, eines 
der Hauptbetheiligten an dem Streite. Meterte 
zeigte sich ebenfalls meinen Vorschlägen geneigt, und es 
wurde beschlossen, sämmtliche betheiligten Stämme für 
Donnerstag an die Grenze zwischen Sasu und Yapo 
zusammenzurufen. Am nächsten Morgen begab ich 
mich zu den MYapoleuten, deren Dorf Nyemi ich nach 
vierstündigem Marsche erreichte; auch diese Leute 
willigten gern in meine Befehle und Wünsche. Den 
nächsten Tag widmete ich der Besichtigung des Campo, 
dessen rechtes Ufer von Nyemi in etwa drei Stunden 
zu erreichen ist. Hart am linken Ufer, das ich mit 
Hülfe zweier aneinander gebundener Baumstämme, 
die die Stelle eines Kanus vertreten mußten, erreichte, 
liegt das erste Dorf der Samagunde, Lum. Hierher 
bestellte ich für Nachmittag die Samagundeleute zum 
Palaver und erfuhr von denselben, daß sie lieber 
nach Campo als nach Ivuni Handel treiben wollen, 
aber bisher von den Sasu, deren Gebiet sie durch- 
ziehen müßten, daran gehindert würden. Ich ver- 
sprach ihnen, dafür Sorge zu tragen, daß die Sasn 
und Yapo in Zukunft die Wege frei geben, und 
bestellte sie zu diesem Zwecke ebenfalls zu dem für 
Donnerslag anberaumten Palaver. 
Am Donnerstag Morgen begab ich mich zu dem 
vorgenannten Palaverplatz und fand hier bereits die 
hierzu gerufenen Häuptlinge und Leute versammelt. 
Ich ließ den Leuten klar machen, daß sie sich selbst 
durch die fortwährenden Streitigkeiten am meisten 
schaden und aufreiben; sie sollten in Zukunft ihre 
Zwistigkeiten in der vom Kaiserlichen Gonvernement 
gewünschten Weise zum Austrag bringen, womit sich 
Alle einverstanden erklärten. Die in Frage stehende 
Fehde wurde in der Art beigelegt, daß die Yapoleute 
den Sasuleuten für die während der Dauer des 
Krieges mehr getödteten zwei Leute den Sasu so- 
fort sechzig Gewehre zahlten, worin beide Stämme 
einwilligten. Außerdem befahl ich den versammelten 
Stämmen, in Zulunft den Handel nicht mehr zu 
sperren, sondern alle Wege freizugeben. Jeder Mann, 
sei es Pangwe, Campo oder Buschmam, solle fortan 
frei nach der Küste oder von derselben ins Innere 
passiren können. Dieser Befehl fand Beifall und sie 
versprachen mir, denselben zu halten. Noch am selben 
Tage begab ich mich nach Benyemayong zurück und 
beschloß, am nächsten Tage meine Heimreise anzu- 
treten. Um einen ungefähren Anhalt über die Länge 
des Weges zu erhalten, wollte ich den Rückweg im 
Parforcemarsch von Benyemayong zurücklegen. Ich 
erreichte bei einer täglichen Marschdauer von 11½ 
Stunden bereits nach drei Tagen Campo und dürfte, 
da ich annehme, daß ich in 1½ bis 2 Stunden eine 
deutsche Meile zurückgelegt habe, die Länge des 
Weges von Benyemayong bis Campo elwa 18 bis 
20 deutsche Meilen betragen, bis nach Samagunde 
etwa 25 Meilen. 
270 
  
Bereits heute kann ich feststellen, daß die Expe- 
dition von Erfolg war und die Pangwe die ge- 
gebenen Versprechen halten. Im Laufe der ver- 
flossenen wie der vorigen Woche sind bereits 
Angehörige der verschiedenen Stämme mit Gummi 
und anderen Produkten nach Campo gekommen. 
Der Campo ist bei dem Samagundedorfe Lum 
ein breiter und sehr tiefer Fluß und hat, durch die 
Ebene fließend, hier keine Stromschnellen. Bei den 
Samagunde konnte ich leider über die Schiffbarkeit 
des Campo keinen sicheren Aufschluß erlangen, da 
dieselben keine Kanus zur Bereisung des Flusses be- 
sitzen; doch erzählten sie mir, daß der Campo meh- 
rere Stunden flußabwärts einen Wasserfall hältte, 
ebensolche befänden sich flußaufwärts. Für die 
Strecke flustaufwärts dürfte diese Aussage zu be- 
zweiseln sein, da in dieser Richtung weder Er- 
hebungen noch Gebirge zu sehen sind. 
Sollte nun der Bongola wirklich ein Arm des 
Campo sein, so muß derselbe bei seiner füdöstlichen 
Richtung sich nicht allzu weit von der Stelle, wo ich 
den Campo überschritten habe, abzweigen, und die 
Möglichkeit ist nicht ausgeschlossen, daß sich hier eine 
zum Theil benutzbare Wasserstraße in dieses unstreitig 
sehr fruchtbare und reiche Hinterland von Süd- 
Kamerun finden läßt. Bei den ersten Stromschnellen 
des Bongola, die sich etwa vier Stunden flußauf- 
wärts von seiner Mündung befinden, dürfte sich, da 
dieselben nur aus zusammengeschobenem Gerölle be- 
stehen und sich leicht beseitigen lassen, unschwer eine 
kleine Wasserstraße für Kanus herstellen lassen. 
Die von mir durchzogene Landschaft hat welliges 
Terrain, das hin und wieder durch kleinere oder 
größere Hügel unterbrochen wird. Drei Stunden 
vor Bembe wird es gebirgig, hinter Bembe beginnt 
das Felsengebirge, das in Benyemayong überschritten 
ist. Benyemayong selbst liegt in einem von acht hohen 
Bergkuppen umrahmten Kessel, der nach Süd-Ost- 
Süd offen ist. Nach dieser Richtung flacht allmählich 
das Gebirge ab und liegen die Napo= und Sama- 
gundedörfer zum Theil in fast ebenem Terrain. 
Die Bodenbeschaffenheit ist Lehm, der an einigen 
Stellen zu kiesigem oder sandigem Lehm abwechselt. 
Unstreitig ist der Boden sehr fruchtbar, Flüsse und 
Bäche durchziehen in genügender Anzahl das Land. 
Das Land selbst ist mit an guten und werthvollen 
Hölzern reichen Wäldern bestanden. Die Anlage von 
Plantagen in diesem Theile Süd-Kameruns müßte 
sich nutzbringend gestalten. Der lehmige und frucht- 
bringende Boden fängt bereits in dem von Campo 
nur ½ Stunde entfernt liegenden Dorfe der Mabeas, 
Belango, an, und läßt sich die Verbindung mit der 
Küste leicht herstellen. 
Die Pangwe sind ein starker, zäher und aus- 
dauernder Gebirgsstamm. Der Jagd mehr ergeben 
als dem Handel, ist ihnen das Gewehr ihr Ein und 
Alles; sic scheinen besser als ihr Ruf zu sein, denn 
während der vierzehn Tagc, in denen ich unter ihnen 
lebte, ist auch nicht ein einziger Diebstahl an meinen
	        
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