Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

und die diesseits geforderte Kriegsentschädigung hat 
er sich Frist erbeten. 
Lob verdienen die Ausdauer, die Widerstands- 
fäbigkeit, der Muth und die Gewandtheit der Soldaten. 
Furcht ist ihnen völlig fremd. Osft sprangen sie, um 
nur schnell an Land zu kommen und auf den Gegner 
u stoßen, bis über den Kopf ins Wasser, nachdem 
ie Gewehr und Patronen einem schon an Land be- 
findlichen Kameraden zugeworfen hatten. Bei den 
Ueberfällen zeigten sie sich zuverlässig. Auch bei den 
größten Strapazen verloren sie die Lust und Liebe 
zum Waffenhandwerk nicht. 
Die mit verhältnißmäßig so geringen Verlusten 
in kurzer Zeit durchgeführte Niederwerfung der Ba- 
kokos vermag einen Anhalt für den Werth der Polizei- 
truppe zu bieten. Der hier geschaffene Grundstein 
ist ein guter. 
Der Exerzirmeister Lewonig hat das geleistet, 
was ich bei seiner Berufstreue von ihm erwartete. 
Ueberall erwies er sich besonnen, umsichtig und 
energisch. Ihm ist es auch vor Allem zu danken, 
daß das Maximgeschütz stets gut funktionirte. 
Gillwald hatte aus Begeisterung für die Sache 
gebeten, sich mir anschließen zu dürfen. Er hat sich 
als tapfer, entschlossen und überaus thatkräftig erwiesen, 
überall war er als einer der Ersten an Land. Die 
größten Strapazen nahm er stets gern auf sich. 
Anerkennenswerth war die Unerschrockenheit, Ruhe 
und Sicherheit, mit welcher der von S. M. Kbt. 
„Hyäne“ zur Steuerung des „Soden“ zur Ver- 
sügung gestellte Oberbootsmannsmaat Nachbar in 
den schwierigsten Situationen das Fahrzeng führte. 
Mit wahrer Virtuosität wußte er den „Soden" stets 
der besten Landungsstelle zuzuführen. Ohne seine 
rühmenswerthe Geschicklichleit hätten uns — ins- 
besondere bei Landungsmanövern — bedeutende Ver- 
luste zugefügt werden können. Seine Opferwilligkeit 
ist des uneingeschränkten Lobes werth. 
  
Ueber die Verhältnisse der Sklaven in Ramerun 
hat der Kaiserliche Gonverneur unlängst bereits aus- 
führliche Mittheilungen gemacht, welche auf S. 514 ff. 
des vor. Jahrg. zum Abdruck gelangt sind. Im 
Anschluß hieran berichtet er neuerdings noch das 
Folgende: 
Daß im Schutgebiete, soweit es bis jetzt bekannt 
geworden ist, Sklavenmärkte nicht existiren, und der 
Handel mit Sklaven nach den Küstengebieten zu 
mehr den Charakter von Gelegenheitskäufen hat, ist 
schon früher berichtet worden, ebenso daß die Sklaven 
meist aus so fernen Gegenden stammen, daß ihre 
Heimath auch nicht annähernd festzustellen ist. Ihre 
Sprache kennt Niemand, und erst wenn sie der Ein- 
geborenensprache so weit mächtig geworden sind, daß 
sie sich verständlich machen können, ist es möglich, 
durch Ermittelung der Zeit, die sie brauchten, um 
den Weg bis zur Küstenzone zurückzulegen, sich an- 
  
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nähernd eine Vorstellung von der gewaltigen Ent- 
fernung zu machen, die sie jeht von ihrer uns dem 
Namen nach nicht bekannten Heimath trennt. Die 
Mehrzahl von Sklaven, die ich befragen konnte, wie 
sie eigentlich zu Sklaven gemacht worden seien, gaben 
mir an, daß sie so gelegentlich, wenn sie sich über 
die Markungen ihres Heimalhsdorfes entfernt oder 
an einen Bade= oder Wasserholplat begeben hatten, 
abgefangen und sofort weit weggeführt worden seien. 
Bei vielen Stämmen im Innern scheint der Kriegs- 
zustand oft bloß darin zu beruhen, daß sie sich gegen- 
seitig Leute abfangen und als Sklaven verkaufen. 
Dies ist nach den mir gewordenen Informationen 
z. B. in den Ländern nördlich von Bali der Fall. 
Bei Gefechten der Eingeborenen werden, soviel ich 
darüber erfahren konnte, überhaupt keine Gefangenen 
gemacht, weil Alles, was gefangen wird, sofort ge- 
tödtet zu werden pflegt. 
Soweit unsere Kenntniß des Schubgebietes reicht, 
darf man wohl sagen, daß die Eingeborenen noch 
nicht raffinirt genng sind, um Sklavenjagden durch 
Kriegszüge zu veranstalten, und daß ein großer Theil 
der philanthropischen Bestrebungen der Neuzeit, so- 
weit das Schuhgebiet in Frage kommnt, gegenstands- 
los ist. 
Die Regierung des Schußgebietes hat es sich zur 
Aufgabe gemacht, der Sklaverei systematisch zu Leibe 
zu rücken, ohne dabei militärische Macht zu enlfalten, 
was weder die beschränkten Miltel gestatten würden, 
noch ein vorhandenes Bedürfniß verlangt. Das 
erste Mittel ist die prinzipielle Nichtanerkennung eines 
Zustandes der Unfreiheit; demgemäß werden z. B. 
Klagen, welche die Sklaverei zur Vorausseung haben, 
gar nicht angenommen, der Sklave wird ebenso be- 
handelt wie ein Freier, er erscheint vor Gericht als 
Kläger und Beklagter auch im Verhältniß zu seinem 
Herrn; in Bezug auf Rechtlosigkeit stehen die Frauen 
den Sklaven nahezu gleich. Es mußte daher die 
Regierung auch hier Stellung nehmen und die recht- 
liche Gleichstellung der Frauen mit den Männern 
als Prinzip festhalten. Es erscheint in neuerer Zeit 
auch die Frau vor Gericht, und es besteht kein Anlaß, 
ihr die persona standi in judicio streitig machen 
zu wollen. 
Die Eingeborenen können sich allerdings mit 
dieser neuen Ordnung der Dinge nicht aussöhnen 
und haben in einer Petition an mich als einen ihrer 
Beschwerdepunkte gerade diese Thatsache hervor- 
gehoben, aber vergeblich. Die heramwachsende Gene- 
ration wird das als selbstverständlich aunehmen, wo- 
gegen sich die Alten noch sträuben. 
Ein weiteres Miltel, die Sklaverei zu belämpfen, 
besteht darin, das Bedürfniß nach Sklaven da- 
durch zu mindern, daß man die Freien zur Arbeit 
erzieht. Auch in dieser Nichtung ist ein großer 
Fortschritt zu verzeichnen. Allein am Hafenbau in 
Kamerun werden jetzt, abgesehen von den aus der 
Kruküste eingeführten Negern, 137 freie einheimische 
Eingeborene beschäftigt.
	        
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