In den ersten Jahren der deutschen Schutzherr-
schaft wäre das nicht möglich gewesen, und auch jetzt
noch versuchen es einzelne Duallas, diese freien Arbeiter
wegen ihrer „sklavenwürdigen" Beschäftigung zu ver-
höhnen, aber die große Mehrzahl der so arbeits-
scheuen Eingeborenen hat schon jebt das Vorurtheil
abgelegt, als ob Arbeit entwürdige, und wird es
mit der Zeit allgemein thun. Daß die Regierung
auf dem Gebiete der Arbeiterfrage, die so innig mit
der Sklavenfrage verknüpft ist, stetig vorwärts
schreitet und keine Gelegenheit versäumt, die Sache
zu fördern, beweist die Thatsache, daß von der
Station Jaunde — drei Wochenmärsche von der
Küste entfernt — im vorigen Monate 50 freie
Arbeiter sich dem Bezirksamt Kribi zur Verfügung
stellten. Ein kleiner Theil kam hierher, der größere
dagegen wurde sofort von den arbeiterbedürftigen
Faktoreien des südlichen Schutzgebietes verschlungen.
Wenmn schließlich noch die Missionen ihre Thätig-
keit weiter ausdehnen, so zweifle ich nicht, daß wenig-
stens in der Küstenzone des Schutzgebietes der Begriff
„Sklave“ in nicht ferner Zeit historisch geworden
sein wird.
Missionen und Araberthum in Ostafrika.
Die katholische Zeitschrift für die Antisklaverei-
bewegung deutscher Zunge „Gott will es“ bespricht
in einem längeren Aufsatze die Ereignisse der letzten
Monate in Afrika, den Abfall Melis im Kilima-
ndjaro-Gebiete, den arabischen Aufstand im Kongostaat
und die betrübenden Vorfälle in Uganda. Sie
kommt dabei zu dem Schlusse, daß an allem Unheil
das Araberthum schuld sei, und daß nicht eher
die Lage in Afrika sich bessern werde, als bis das
Kreuz den Halbmond vernichtet habe. Um aber den
Widerstand des Islam zu brechen, sei ein systemati-
sches und entschiedenes Vorgehen nothwendig.
„Von allen Küsten aus“, heißt es dann weiter,
„ist Afrika mit einem Gürtel von europäischen Sta-
tionen eingeschlossen. Von dieser Operationsbasis
muß ausgegangen werden. Staffelförmig müssen die
Kultur und das Christenthum fortschreiten. Voran
die Missionare, ihnen auf den Fersen, zu ihrem
Schutze die militärischen Stationen, so daß
Eins das Andere stützt, nur so läßt sich Afrika er-
obern.. . Mit abenteuerlichen Zügen tief ins
Innere ist nichts Anderes zu erreichen, als die Auf-
regung solcher Völkerschaften, welche noch nicht vor-
bereitet sind auf die nahende Erlösung. Kommen
solche Abtheilungen von Europäern dann obendrein,
um Elfenbein und andere Marktwaaren zu holen,
so bringen sie damit die Sache der Civilisation in
Verruf und schaden weit mehr, als sie nühen können.
Kriegerische Unternehmungen in jenem Lande
dürfen nicht von Privaten ausgehen; nur die
Staaten können solche beginnen und mit Nachdruck
sortsetzen. Sache der Bölker ist und bleibt die
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Missionsthätigkeit.“ Von keinem verständigen
Manne wird dic hohe Bedeutung der Missionen für
die Gewinnung Afrikas verkannt werden, und man
wird es in kolonialpolitischen Kreisen nur freudig
begrüßen können, wenn die christlichen Missionsgesell-
schaften sich zu noch größerer Thätigkeit aufraffen,
als es bisher geschehen ist.
Aus dem Wahbehe -Gebiet.
Lientenant Prince, über dessen Expedition in
das Wahehe-Gebiet in Nr. 21 des vor. Jahrg. be-
richtet wurde, hat einen vom 2. Okkober v. J. datir-
ten Bericht eingereicht, welcher Aufschlüsse über die
unser Gebiet bedrohenden Stämme, sowie Vorschläge
zu deren wirksamer Bekämpfung enthält. Wir ent-
nehmen dem Bericht Folgendes:
„Die Wambunga bewohnen das Gebiet zwischen
Ruaha und Ulanga. Das Gebiet muß sehr bevölkert
sein, denn die Mafiti unter Mulkatika, etwa 1500
bis 2000, inzwischen von Kisaki, wo sie sich eine
Zeit lang aufhielten, dorthin zurückgekehrt, spielen
daselbst keine Rolle. Sie haben die Gegend am
Msolwe-Fluß besebt, wo auch Mlang, der Bruder
Mitikatikas, mit etwa der gleichen Anzahl Anhänger
ansässig ist. Deren Namen werden nicht unter den
grosßen Häuptlingen genannt.
Oberhäuptling des ganzen Gebieles ist Tsambira,
der den Namen seines verstorbenen Vaters, Nalioto,
weiterführt. Er scheint mehr Schiedsrichter als
wirklicher Oberherrscher zu sein. Nächst ihm werden
genannt: Rubiki und Dwhangire.
Nalioto und Rubiki sollen noch kampflustig sein.
Dwhangire wünscht anscheinend den Frieden.
Das Gebiet südlich des Ulanga steht unter der
Herrschaft des Mpepo. Derselbe gehört zum Stamme
der Lihuhn, so genannt wegen ihres Kampfrufs „hul
hu!“ Die Eingeborenen haben sich den Plural
„Mahuhn“, das ist „Huhuschreier“, gebildet, eine Be-
zeichnung, die ich in einem früheren Berichte irrthüm-
licherweise als Häuptlingsnamen angegeben habe.
Wegen eines Erbstreites mit seinem Bruder wan-
derte Mpepo mit wenigen Tausend Lihuhn aus der
Heimath am Nyassa aus ins Gebiet zwischen Mlanga
und Luwego, wo sie sich zwischen die dort wohn-
haften Wambunga drängten und sich dieselben, trotz
deren numerischer Uebermacht, unterwarfen. Mpepo
herrscht nun unumschränkt vom Luwego bis zum
Ulanga und übt eine Art Oberhoheit bis zum Ruaha
hinauf, insbesondere auch über die am linken Ufer
des Ulanga ansässigen Wambunga-Häuptlinge: Nga-
homa, Magoha u. a. Um sich seinem Einflusse zu
entziehen, war die Auswanderung Mitikatikas erfolgt,
welcher uns beim Stationsbau in Kisaki behülflich
war; 14 der von ihm gestellten Arbeiter befinden
sich noch jetzt auf der Station.
Eine Station bei Nalioto würde sehr vortheilhaft
sein. Sie würde diesem ärgsten Schreier auf dem