Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

metrische Beobachtungen, einem Fleischlschen oder 
Gowersschen Hämoglobinometer, einem v. Basch- 
schen Sphygmomanometer und eventuell Sigmund 
Exners Neurabömeter, einigen Maßzylindern und 
Aräometern lassen die meisten der in Betracht kom- 
menden Bestimmungen sich ohne besondere Umstände 
auch an Bord ausführen und nach mancher Richtung 
hin schätbares Material gewinnen. Nochmals be- 
tont muß die Nothwendigkeit des Nebeneinander- 
gehens der klimatologischen und physiologischen Unter- 
suchungen werden, die Angabe des Schiffsortes am 
Tage der Untersuchung genügt nicht. Der Absland 
vom Aequator spielt gegenüber den jeweiligen spe- 
ziellen melcorologischen Einflüssen nur eine sekundäre 
Rolle. An einem windstillen Tage kommen unter 
dem Wendekreise im Rothen Meere Einflüsse des 
Tropenklimas auf den Körper außerordentlich viel 
ausgesprochener zu Tage, als an einem Tage mit 
frischem Monsun im Indischen Ocean in unmittel- 
barer Nähe des Aequators. F. Faber, in dessen 
schönen Arbeiten die sorgfältigsten Untersuchungen auf 
diesem Gebiete veröffentlicht sind, hat genaue meteoro- 
logische Untersuchungen leider nicht angestellt, sondern 
die Ergebnisse seiner physiologischen Untersuchungen 
für zehn Grad breite Zonen angegeben, ein Vorgehen, 
das ich nach dem Ergebniß meiner eigenen Unter- 
suchungen auf diesem Gebiete nicht als gerechtfertigt 
ansehen kann. Genau im Auge zu behalten ist bei 
den in Frage stehenden Untersuchungen das Maß 
der gleichzeitig vom Körper geleisteten Arbeit, welches 
der Untersucher in den Tropen von außerordentlichem 
Einfluß auf das Ergebniß seiner Untersuchungen finden 
wird. In der Hinsicht kommt auf der einen Seite 
der mit einem Minimum von körperlicher Arbeit ver- 
bundene Aufenthalt an Vord während einer Seereise 
in Belracht, auf der anderen Seite das Besteigen 
von Bergen in den Tropen, das freilich nicht Jeder- 
mams Sache ist. Der Pik von Penang und von 
Hongkong eignen sich zu diesem Zwecke ausgezeichnet 
und ermöglichen das Erhalten absoluter Werthe hin- 
sichtlich der geleisteten Arbeit im Kilogrammmelern. 
Von besonderer praktischer Bedentung sind die 
regelmäßig und über mindestens ein Jahr lang fort- 
gesetzten meteorologischen Untersuchungen speziell für 
die Wahl von tropischen Sanatorien, diesem unab- 
weisbaren Bedürfnisß jeder Kolonie in einer Fieber- 
gegend. Geeignete Orte dafür bietet in erster Linie 
das tropische Gebirge. Die Sanatorien auf dem Pik 
von Penang, die Kuranstalt auf dem Pit von Hong- 
kong, sowie die in Melany im Gebirge über Soera- 
baya mit ihrer paradiesischen Lust mögen als Muster 
in der Hinsicht gelten. Wo die klimatologischen und 
allgemein hygienischen Eigenschaften sowie die Kommu- 
nikationsverhältnisse eines hoch im Gebirge gelegenen 
Ortes sich als günstig erweisen, werden wir, wenn 
wir keine direkten Beweise vom Gegentheil haben, 
berechtigt sein, dieselben als gecignet zum Sanatorium 
anzusehen. Hunsichtlich der metcorologischen Ver- 
hältnisse müssen wir vor Allem fordern, daß dieselben 
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den betresfenden Ort das ganze Jahre hindurch zur 
Aufnahme von Patienten geeignet machen, was nicht 
bei allen in Betracht kommenden Pläten der Fall 
ist; die Kommunikationsverhältnisse müssen derart 
sein, daß auch durch Krankheit entkräftete Personen 
ohne allzu erhebliche Gefährdung ihrer Gesundheit 
in nicht zu langer Zeit übergeführt werden können. 
Den Sanatorien wird in unseren Kolonien speziell 
späterhin, wenn sie sich in lebenskräftiger Weise 
weiter entwickeln, unzweifelhaft eine ganz erhebliche 
Aufgabe zufallen, wie jeßt schon den Gesundheits- 
stationen in Holländisch und Englisch Indien. Bei 
den Gesundheitsverhältnissen an den Küsten wird 
ihnen voraussichtlich in späterer Zeit ein erheblicher 
Theil der Aufgaben zufallen, welche jenzt die Kranken- 
häuser dort zu erfüllen haben. Um so größere Vor- 
sicht wird erforderlich sein bei der Wahl ihres 
Ortes. 
Die Immunität gegen Malaria können wir einst- 
weilen, d. h. so lange es uns nicht gelungen ist, die 
ursächlichen Parasiten in der umgebenden Natur 
nachzuweisen, als Kriterium der Brauchbarkeit eines 
Platzes zum Sanatorium nicht heranziehen. An sich 
beweist das Vorkommen von Malariaanfällen bei 
Leuten in den genannten hochgelegenen Gegenden 
gegen die Gesundheit eines Tropenkurorles natürlich 
ebenso wenig, wie gegen die der Kurorte im euro- 
päischen Gebirge oder auf See, wo wir auch jeder- 
zeit Rezidive beobachten können; die an den Einzelnen 
gemachten Erfahrungen werden ihre Probe m der 
sanitären Statistik der gesund gelegenen Tropenorte 
zu bestehen haben. Auf die Nothwendigkeit dieser, 
soweit sie in ausreichender Weise sich ermöglichen 
läßt, Rücksicht zu nehmen, muß hier besonders hin- 
gewiesen werden. Sie ist keineswegs ganz allgemein 
ungünstig in den Tropen. Die Möglichkeit der Fort- 
pflanzung des Europäers in gesunden Tropengegenden 
ist nicht zu leugnen. In höher gelegenen Gegenden 
Javas haben sich holländische Familien nachweislich 
durch Reihen von Generationen erhalten. Daß das 
verwendbare Material ein verhältnißmäßig geringes, 
liegt in der Temperatur des Tropenlebens — sehr 
vielfach in rein wirthschaftlichen Gründen. Es sind 
das Fragen von außerordentlichem und auch für 
unsere Kolonien keineswegs nur theoretischem In- 
teresse. Die Assanirungsmöglichkeit berüchtigter Fieber- 
gegenden in den Tropen ist in überzeugender Weise 
in den englischen wie holländischen Kolonien nach- 
gewiesen. Besondere Aufmerlsamkeit muß der Lebens- 
weise der Bevölkerung geschenkt werden, deren Einfluß 
im Tropenklima wesentlich mehr als bei uns ent- 
scheidend für die Entwickelung der Bewohnerschaft 
isl. In Tropengegenden selbst läßt sich der rein 
klimatische Einfluß auf den Organismus nicht oder 
doch nur unter Anwendung sehr großer Vorsicht ge- 
winnen bei den vielfachen Wechselbeziehungen zwischen 
beiden Faktoren. Individnalisirung in der Beur- 
theilung dieser Fragen ist zunächst durchaus erforder- 
lich, wenn wir zu einem klaren Einblick in die
	        
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