Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

Der Missionar P. Poussaint in Mrogoro, einer 
westlich van Bagamoyo gelegenen Station der Väter 
vom heiligen Geist (Apostolisches Vikariat Nord- 
Sansibar) ist leider dem Fieber erlegen. 
  
Dem kürölich veröffentlichten Geschäftsbericht der 
Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft 
für das Jahr 1892 entnehmen wir folgenden Auszug: 
Das Jahr 1892 ist für unsere Gesellschaft eine 
Zeit ruhiger Entwickelung gewesen. Diese Entwicke- 
lung kann bei der Natur unseres Unternehmens nur 
eine allmähliche sein. Wir dürfen aber mit Befrie- 
digung hier aussprechen, daß insbesondere unsere 
großen Pflanzungsunternehmungen, deren Schicksale 
nicht nur für die Einträglichkeit unseres eigenen 
Betriebes, sondern überhaupt für die Zukunft der 
Kolonie von durchschlagender Bedeutung sein werden, 
sich bis jetzt ausgezeichnet anlassen und uns die 
Hoffnung auf ein gutes Endergebniß gestatten. In 
erster Linie ist es der Kaffec, für den wir auf den 
Hochflächen der Berglandschaft Usambara die rich- 
tigen Erzeugungsbedingungen gefunden zu haben 
glauben. Die in dem Geschäftsberichte über das 
Jahr 1891 an unsere Pflanzung Derema gelnüpften 
Erwartungen haben inzwischen keine Herabsetung, 
sondern vielmehr eine Befestigung und Steigerung 
erfahren. Die aus den Saamenbeeten ausgepflanzten 
Kaffeebäumchen, etwa 80 000 an Zahl, sind nach 
den Berichten des Herrn Cowley in tadellosem Zu- 
stande und sie versprechen ein gesundes weiteres 
Wachsthum. Neben dem Java-Kaffec ist auf Derema 
— in weit geringerem Umfange, nur im Nahmen 
eines größeren Versuches — Thee, Kakao und Kar- 
damom gezogen worden. Auch in dieser Hinsicht 
liegen bis jetzt zufriedenstellende Resultate vor. — 
Die in dem Geschäftsberichte über 1891 gleichfalls 
erwähnte Pflanzung Nguelo ist einstweilen nur auf 
die Gewinnung von Java-Kaffee gerichtet; es beträgt 
auf ihr die Zahl der Kaffeebäume 35.000. — Ueber 
die Arbeiterfrage haben wir uns früher wiederholt 
dahin ansgelassen, daß die einheimische Bevölkerung 
an sich ein sehr gutes Material bilde, daß indessen 
die Unmöglichkeit, sich auf ihre regelmäßige Thätig- 
keit durchaus zu verlassen, dazu nöthige, für die 
edleren Kulturen einen Stamm zuverlässiger Kulis 
zu beschaffen. Zur Verwirklichung dieses lange er- 
wogenen Planes haben wir uns im Vorjahre enk- 
schlossen und sind dabei Hand in Hand mit der 
Deutsch-Ostafrikanischen Plantagen-Gesellschaft ge- 
gangen, welche für ihre Plantage Lewa gleichfalls 
ein Bedürfniß nach geschulten und sicheren Arbeits- 
kräften empfand. Als Bezugsquelle kamen lediglich 
Singapore und Sumatra in Frage. Von den mit 
Dampfer „Flinishire“ Ende Juni 1892 in Tanga 
eingetroffenen 462 Kulis empfingen wir für Derema 
und Nguelo 277 (davon 110 Chinesen, 167 Ja- 
vancn). Wenn sich auch unter den Ankömmlingen 
  
319 — 
manche ungeeignete Elemente befinden, so darf das 
Experiment in der Hauptsache doch als gelungen 
gelten. Die Mehrzahl der Javanen und Chinesen 
leistet uns vortreffliche Diensie, und die erhoffte Ein- 
wirkung auf die Eingeborenen ist insofern voll 
eingetreten, als diceselben nunmehr gesonnen sind, sich 
dem Zwange der Regelmäßigkeit zu fügen und ihre 
Lohnforderungen der jeßt vorliegenden Konkurrenz 
entsprechend zu ermäßigen. Erhebliche klimatische 
Schwierigkeiten liegen auf den Usambara-Höhen für 
die fremden Kulis nach den bisherigen Erfahrungen 
nicht vor. Was die von Tanga ins Hinterland 
längs des Usambara-Gebirges zu führende Eisenbahn 
betrifft, so liegt dies Unternehmen bekanntlich in den 
Händen einer besonderen Gesellschaft, der Eisenbahn= 
Gesellschaft für Deutsch-Ostafrika (Usambara-Linie), 
deren Antheile sich am Ende des Verichtsjahres zum 
größten Theile in unserem Besitze befanden. Die 
technischen Vorarbeiten sind im Jahrc 1892 bis 
Bombna erfolgt. Der aus dem preußischen Eisen- 
bahndienst beurlaubte Königliche Eisenbahn-Bau= und 
Betriebs-Inspeltor Herr Bernhard ist gegenwärtig 
schon in Oslafrika eingelroffen, um den Bau der 
Strecke Tanga—Muhesa zu leiten. Wofern nicht un- 
erwartete Umstände dazwischen treten sollten, ist die 
Ferligstellung dieser Strecke innerhalb des Zeil- 
raumes von 11,2 Jahren zu gewärtigen, und Mu- 
hesa, in dessen Nähe zur Zeit der Weg nach 
Derema und Rguelo abzweigt, wird zu Anfang 
1895 auf dem Schienenwege von Tanga aus zu er- 
reichen sein. Die Eisenbahn-Gesellschaft für Deutsch- 
Ostafrika (Usambara-Linie) läßt sich inzwischen auch 
die Trazirung der Strecke Bombua— Korogwe angc- 
legen sein. Die Enkwickelung unserer Baumwoll= 
pflanzung Kikogwe, gegenüber Pangani, hat im 
Jahre 1891 erhebliche Fortschritte gemacht. Die 
Ernte, zusammengenommen mit derjenigen des Vor- 
jahres (deren Entkernung sich unerwartet verzögert 
hatte) 1600 kg Texas= und 300 kg Sea-Island- 
Baumwolle ausmachend, ist eingebracht und nach 
Europa schwimmend. Die hier vorliegenden Proben 
haben eine vortreffliche Beurtheilung gefunden. Im 
laufenden Jahre sind 50 Morgen mehr als in 
1892 bestellt worden. Erst eine noch weit größere 
Ausdehnung der Pflanzung wird dieselbe in das 
richtige Verhältniß zu den Generalunkosten bringen; 
indessen ist wohl zu beachten, daß Kikogwe nicht nur 
auf die eigene Erzeugung, sondern ebenso wohl auf 
den Ankauf von (ungereinigler) Baumwolle von der 
umwohnenden Bevölkerung und auf die Reinigung 
fremder Baumwolle in Lohn ausgeht. Im Jahre 
1892 haben wir dem Kaiserlichen Bezirksamt in 
Pangani abermals größere Mengen Baumwollsamen 
zur Austheilung an die Einwohnerschaft zur Ver- 
fügung gestellt, und man darf daraus einer gestei- 
gerten Kulturthätigkeit derselben enlgegensehen. Die 
schwierigen Verhältnisse, durch die wir unsere kauf- 
männischen Unternehmungen hindurchzuführen haben, 
haben wir im Geschästsbericht über 1891 eingehend 
 
	        
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