westlicher Richtung ab und verbindet sich ini Weiteren
mit den Ausläufern des Nwandje- und Usafagebirges.
Der Nordhang fällt fast senkrecht zur Usango-Hoch-
ebene (Ruaha) herab und läuft keilförmig spit zu;
der Osthang dagegen verliert sich ganz allmählich mit
vielen Vorgebirgen in der Ubena-Ebene. In der
Höhe der Station Langenburg ist das Gebirge etwa
15. Meilen (deutsche Meilen) breit, doch scheint nach
Süden zu die Breite noch zuzunehmen. Nach Westen
elwa 97 südlicher Breite schließt sich hart an das
Gebirge das Usafa-, an dieses das Porotogebirge an.
Nordwestlich von der Nordspitze, etwa eine Meile
entfernt, beginnt das Bejagebirge, welch letzteres
Usango von Usofa trennt. (Höhe des Beja siehe
oben.) Besonders interessant und für einen Botaniker
sehr lohnend, ist die Flora des Livingstone-Gebirges,
die entsprechend der Höhe immer mehr der euro-
päischen gleichkommt, so bemerkten wir Brombeer-
strauch, Vergißmeinnicht, Veilchen, wilde Rosen,
Gänse= und Butterblünchen, Rittersporn, Klee, ver-
schiedene Arten Farne= und Heidekraut; kurz, man
glaubt eher auf blumigen Anen Schweizer Gebirgs-
halden als unter tropischer Sonne 10° südlicher
Breite zu wandeln. Um so trauriger sieht es da-
gegen mit der Thierwelt, wenigstens in jaydlicher
Beziehung aus, außer Assen und Völkern von Feld-
und Perlhühnern haben wir auf der ganzen Tour
nichts angetrossen. Das Gestein ist plutonisch, meist
Gneis, vereinzelt Schiefer, nicht, wie vielfach behauptet,
vulkanisch.
Von dem Nordrand des Livingstone-Gebirges
erreichte ich in Eilmärschen an den Ausläusern des
Usafagebirges entlang, durch die reichen Schamben
und Dörfer der an diesen Hängen angesiedelten
Wasafa, dem Bejagebirge zu, die Ebene Mereres in
zwei Tagen und traf bei Merere selbst am vierten
Tage, dem 13. d. Mts., ein.
Merere hatte mir Voten zur Begrüßung entgegen-
gesandt und auch in seine Stadt eingeladen, doch zog
ich es vor, außerhalb seiner Residenz auf einer die-
selbe vollständig beherrschenden Anhöhe Lager zu
bezichen.
Mereres Stadt ist am Balisi (Nebenfluß des
Sofu bezw. Songwe, welcher sich in den Rickwa
ergießt — nicht zu verwechseln mit dem Songwe
des Nyasa), der hier hart an den Fuß des
Bejagebirges herantritt, gelegen; nach Süden und
Westen ist offenes Gelände, am Westhorizont zieht
sich von Süd nach Nord das Uraga= oder Songwe-
gebirge hin. Die Stadt ist von einer mit zahlreichen
Bastionen versehenen, etwa 15 Juß hohen, 1 m
dicken Ningmauer aus Lehm umgeben und für Neger-
begriffe jedenfalls uneinnehmbar. Die Häuser sind
Temben, mit Erde bedeckt und Gras bewachsen, als
Abwehr gegen Brandlegung. Genau im Centrum
der Stadt liegt Mereres Pallisadenboma. Ich glaube
nicht, daß Ostafrika eine zweite derartige Festung
357 —
aufzuweisen hat. Während Mereres innere Behausung
sehr rein gehalten ist, herrscht innerhalb der Stadt
infolge des zahlreichen Rindviehs, das hier in großen
Ställen untergebracht ist und nur über Tag auf
die Weide getrieben wird, ein unheimlicher morast-
artiger Schmutz, ein wahrer Herd für Seuchen.
Leider ist die große ostafrikanische Rinderpestauchhierher
gedrungen und hat Merere seines ganzen enormen
Viehreichthums beraubt. Er hat sich in neuerer Zeit
wieder Rindvieh zu verschaffen gewußt und stellt
sich heute etwa auf 20 000 Stück, doch ist dies nur
ein kleiner Prozentsatz des früheren Bestandes, da
er mehr Rindvieh besaß, als Gras wächst, wie der
Negermumd berichtet. Merere scheint eine große Vor-
liebe für Damen zu besitzen, deren er mehrere Hundert
besitzt. Bei denselben fiel mir neben der graziösen
Gestalt besonders die äußerst kleidsame Tracht auf.
Zahlreiche übereinander gelegte Perlenschnüre von
allen Farben bilden einen breiten losen Gürtel, der
von dem Becken aus Scham und Gesäß bedeckt. Von
diesem Gürtel hängen zu beiden Seiten je zwei
schmale Streifen feiner Stoffe zu den Fußgelenken
herab, so daß die Beine (das Ganze erinnert an das
Gewand der indischen Tänzerin) theihweise verhüllt,
nur beim Gehen sichtbar werden.
Für meine Verhandlungen mit Merere kam mir
die Anwesenheit einer großen Belutschenkarawane,
deren Führer mich von der Küste her kannten und
für den Sohn Ener Hochwohlgeboren hielten und
als solchen bei Merere einführten, sehr zu statten.
Wie an der Küste, an der großen central-
afrikanischen Heerstraße nach Tabora, bei den Ge-
birgsbewohnern des Livingstone= und Usafagebirges,
ja selbst bei den Wakonde, so ist auch hier bei
Merere der Wahehe der Schrecken aller Schrecken
geworden. Merere, ursprünglich an den Ufern des
Ruaha k(wie alle Karten zeigen) ansässig, Beherrscher
des fruchtbaren Usango, das besonders durch seinen
Elfenbeinreichthum die Handelskarawanen der Araber
hierher gezogen hatte, mußte im Laufe der Jahre
Schritt für Schritt vor den immer hochmüthigeren
wilden Waheheschaaren zurückweichen, erst seine Rcsi-
denz nach dem Süden Usangos nach Utengula ver-
legen, schließlich aber das ganze Land räumen und
der Zerstörungswuth seiner Feinde preisgeben. Zur
Zeit ist das einst von Schamben und Gärten
lachende Usango ein verlassenes ödes Gebiet; die
Wasango haben sich zum Theil mit Merere zurück-
gezogen, zum Theil wurden sie als Sklaven von
den Wahehe weggeschleppt. Merere allein hat drei
Töchter an dieses Raubgesindel verloren, eine wurde
getödtet, zwei sind mit Wahehehäuptlingen verhei-
rathet. Alle Anstrengungen, sein Land wieder zu
erobern, waren erfolglos, und blieb ihm nichts übrig,
als im Lande Usasa im Schutz des Bejagebirges
eine neue Heimath zu gründen. Hier scheint er
endlich sicher zu sein, denn alle Versuche der Wahehe,
die jetzige Festung zu stürmen, wurden bislang blutig