Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

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verunreinigte Wunde der großen Zehe gegeben; die 
Krankheit verlief unter sehr stürmischen Erscheinungen 
und endete bereits nach 30 Stunden tödtlich. 
Bezüglich meiner bisherigen wissenschastlichen. 
Thätigkeit habe ich zu berichten, daß sich dieselbe vor 
Eintreffen der Ausrüstungsgegenstände des Labora- 
toriums, ohne welche subtilere ätiologische Unter- 
suchungen nicht vorgenommen werden konnten, vor 
Allem auf Fortsetzung früher bereits in den indischen 
Tropen begonnener physiologischer Untersuchungen 
bezogen, die individuelle Akklimatisation betreffend. 
Außer an Europäern wurden an einer großen Zahl 
von Negern vergleichende Untersuchungen angestellt. 
Diese Untersuchungen werden voraussichtlich in nicht 
zu langer Zeit zu einem gewissen Abschlusse gebracht 
werden können. In zweiter Linie suchte ich mir in 
die Materin medica der Eingeborenen, speziell der 
Duallas, nach Möglichkeit Einsicht zu verschaffen, 
wobei mir Herr Lehrer Betz und der Dualla Anju 
(Heilgehülse) förderlich waren. Daß durch die Heil- 
kunde der Neger die unsrige in irgend einer Hinsicht 
eine Förderung erfahren könnte — wie das z. B. 
im indischen Archipel durch die Heilmittel der Ein- 
geborenen entschieden der Fall ist —, scheint mir 
nach meinen bisherigen auf diesem Gebiete gesammel- 
ten Erfahrungen freilich sehr wenig wahrscheinlich. 
Die Heilkunst der Zauberer, sowie der zugleich als 
Hebammen fungirenden alten Welber, in deren 
Händen die Ausübung der Medizin hier vorzugs= 
weise liegt, scheint sich auf die ziemlich unterschieds- 
lose innerliche Anwendung einiger weniger, auschei- 
nend sehr wenig differenter Pflanzenstoffe, sowie auf 
die einer bestimmten Art fetter Thonerde, welche 
namentlich bei Deidodorf gewonnen wird, zu be- 
schränken. Im Uebrigen muß der Fctisch aushelfen. 
Irgend welche operative Thätigkeit — abgesehen von 
der Tätowirung — wird anscheinend gar nicht aus- 
geübt. Die Wundbehandlung beschränkt sich auf das 
Auflegen feuchter Blätter. 
Nachdem die Apparate und Instrumente zur 
Ausrüstung des Laboratoriums inzwischen angelangt 
sind, werden nach Beendigung der Aufstellung der- 
selben die ätiologischen Arbeiten, für welche nicht 
allein die Malaria, sondern auch die spezifischen 
Hautkrankheiten ein ergiebiges Material liefern wer- 
den, ausgenommen werden. Beziglich der Actiologie 
der Kamerun-Malaria habe ich bereits mitgetheilt 
(Kolonialblatt 1893, S. 271), daß cs mir in einer 
größeren Reihe von Fällen gelungen ist, als Erreger 
kleine amöboide Parasiten in großer Zahl in. den 
Blutkörpern nachzuweisen, welche sich in mancher 
Hinsicht verschieden von den in Europa und Java 
von mir beobachteten, sowie in den mir aus Italien, 
Rußland und Vorderindien übersandten Präparaten 
enthaltenen Parasiten verhielten. Zugleich muß ich 
bemerken, daß ich letzthin einige atypisch verlaufende 
zweifellose Malariafälle in Behandlung gehabt habe, 
bei welchen der Parasitennachweis, wenigstens mit 
sämmtlichen bisher dazu verwendeten Methoden, nicht 
  
gelang. Die diesbezüglichen Untersuchungen werden 
weiter fortgesetzt und lassen manche Aufklärung in 
dem vielfach noch so dunkeln Gebiet der Tropen- 
pathologie erhoffen. 
and in Hand mit den ätiologischen gingen 
therapentische Untersuchungen über die Vertretbarkeit 
des Chinins durch andere Arzneikörper. In der 
Hinsicht wurden zunächst Phenokoll und Methylen- 
blau verwendet. Meine Versuche mit Phenokoll sind 
wegen zu geringer Zahl der bisher damit behandelten 
Fälle noch zu keinem Abschluß gelangt, während mich 
die mit Methylenblau angestellten Versuche, welche 
eine Fortsetzung einer bereits vor 3¾ Jahren in 
Java begonnenen Beobachtungsreihe darstellen, jetzt, 
schon zu der Ueberzeugung gebracht haben, daß dem 
genannten Körper in den Tropen wenigstens irgend 
eine erhebliche therapeutische Bedentung neben dem 
Chinin nicht wird zuerkannt werden dürfen. 
Befreiung von Stlaven in Deutsch-Ostafrika. 
Wie uns aus Dar-es-Saläm gemeldet wird, hat 
der Kreuzer „Schwalbe“ in Verbindung mit dem 
Gouvernementsdampfer „Max“ im Aufang Mai an. 
der Rufigimündung eine erfolgreiche Unternehmung 
zur Befreiung von Sklaven ausgeführt. 
Von Sansibar aus war die Nachricht eingetrosfen, 
daß das englische Kriegsschiff „Philomel“ eine Dhau- 
aus Kwala, nicht weit vom Rufigi entfernt, weg- 
genommen hatte, die mit nicht weniger als 40 Sklaven 
beladen war, und daß noch 20 weitere Sklaven in 
Kikunja festgehalten würden. 
Am Vormittag des 5. Mai trafen die Schisfe 
an der Rufigimündung ein und „Schwalbe“ ent- 
sandte sogleich ihre Dampfpinasse unter Führung des 
Stenermanns Schuster zur Unterstühung des 
Dampfers „Max“, auf dem sich der Kompagnie- 
führer Podlech mit 16 schwarzen Soldaten befand, 
nach der Zollstation Gimba-Uranga. Es gelang der 
Expedition, das zehn Meilen stromanfwärts gelegene. 
Kikunja so vollstäudig zu überraschen, daß die dort 
festgehaltenen Sklaven ohne große Mühe befreit 
werden konnten. Nur einige von ihnen waren aus 
Furcht vor den weißen Männern im letzten Augen- 
blicke davongelaufen. Am 9. Mai traf „Max“ mit 
12 befreiten Sklaven, meist Frauen und Mädchen, 
sowie mit drei Gefangenen aus dem Dorfe und einer 
wegen Zolldefraudation beschlagnahmten Dhau wieder 
bei der „Schwalbe“ ein. Leider ging die Dhau bei 
dem überaus stürmischen Wetter unter, ohne daß 
indessen Menschenleben dabei zu beklagen waren. 
Am folgenden Tage konnten die gefangenen. Sklaven- 
in Dar-es-Saläm ans Land gesebt werden. 
 
	        
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