Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

6. Der Esel. 
Ist ein ausgezeichnetes Packthier: klein, geduldig, 
billig, braucht nur kleine Rationen. Seine Tragkraft 
beträgt 120 bis 160 Pfund. 
Hiermit sei das Wichtigste aus dem Buche des 
Kapitäns Wickham hervorgehoben. Aber noch viel 
Interessantes bietel dasselbe über diesen Verwaltungs- 
zweig. Allen, die sich für die kolonialen Angelegen- 
heiten interessiren oder gar aktiv in den Kolonien 
thätig sind, kann die Schrift nur empfohlen werden; 
denn die Zeit ist hoffentlich nicht mehr fern, daß 
auch wir in gleichem Sinne der Transportfrage 
näher treten. Jedenfalls dürften sich in unseren 
Kolonien, namentlich in Ostafrika, die Rücken der 
Maulesel oder Ochsen besser und billiger für den 
Transport eignen als die Köpfe der Schwarzen. 
K. A Z. A. . X. . A. A. S. J. 4. . A . S. . S. . A. . u. . L. E. A. A. E. . 4. 
Titterarische Besprechungen. 
„Prés du Tanganika“. par les missionaires 
de S. Em. le Cardinal Lavigerie. Anvers 
1892. 
Kürzlich ist eine von den Missionaren des Kar- 
dinals Lavigerie verfaßte Broschüre „Prés du 
Tanganika“ erschienen, in der in anziehender Weise 
ein sehr anschauliches Bild von dem Wirken der 
Missionare, sowie von dem Lande und dem Volle 
gegeben wird, dem ihre Thätigkeit gewidmet ist. Die 
am Westufer des Tanganika-Sces gelegene Landschaft 
Marungn ist der Schauplatz ihrer Wirksamkeit, Mpala 
ihre Hauptniederlassung. 
Die interessante kleine Schrift zerfällt in sechs 
Kapitel. In dem ersten werden wir mit Land und 
Leuten bekannt gemacht. Von den Vewohnern des 
Landes, welche der Völkerfamilic der Bantu an- 
gehören, wird gerühmt, daß sie sich im Allgemeinen 
durch Seßhaftigkeit und eine für Afrikaner seltene 
Arbeitsamkeit, insbesondere durch große Sorgfalt bei 
der Bestellung der Aecker auszeichnen. Da die Feld- 
arbeit nur einen kleinen Theil des Jahres ausfüllt, 
so bleibt ihnen reichlich freic Zeit zu anderweiter 
Beschäftigung. Besondere Fertigkeit zeigen sie in der 
Herstellung von Schmiedearbeiten und Flechtwerk, 
sowie in der Anfertigung von Kleidungsstücken aus 
Baumwolle. 
In dem zweiten über Sitten und Gebräuche 
handelnden Abschnitte sind interessante Darstellungen 
über Heirath, Gottesverehrung, Todtenfeier, Krieg- 
führung u. s. w. enthalten. Kriege zwischen den 
einzelnen Stämmen hatten infolge der Sklavenjagden 
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so zugenommen, daß sie die Bevölkerung auszurotten 
drohten, bis die Expeditionen von Storms und 
Kapitän Joubert dem Unwesen des Sklavenhandels 
einen Damm entgegenstellten. 
Das nächste Kapitel ist hauptsächlich der Thätig- 
leit der Missionare gewidmet. Es wird ausgeführt, 
daß der Einfluß der Missionare, besonders in der 
Umgebung ihres Hauptsitzes Mpala, stetig zunimmt 
zum großen Verdrusse der Sklavenhandel treibenden 
Araber, deren Einwirkungen die Neger, sobald sie 
Christen geworden, verloren seien. Die Zahl der 
Taufen hat sich im vergangenen Jahre auf 456 be- 
lansen, die Zahl der Katechumenen betrug annähernd 
2000. Nicht weniger als 1000 Waisen bieten die 
Missionsstationen Lavigerieville, Karkma und Mpala- 
ein Asyl. Mit besonderer Freude ist es zu be- 
grüßen, daß die Missionare es sich neben der Ver- 
breitung des Christenthums angelegen sein lassen, die 
Eingeborenen zur Arbeit zu erziehen, indem sie ihnen 
praktische Anweisung geben und in einer Art Hand- 
werksschule im Handwerk und in Kunstserligkeiten 
aller Art unterrichten. Ueber die Gewissenhaftigkeit, 
mit der sie sich an die vorgeschriebenen Muster an- 
lehnen, wird folgende Anekdote erzählt: Einer der 
Missionare übergiebt einem Eingeborenen ein Stück 
Zeug und eine alte Hose als Vorlage mit dem Auf- 
trage, ihm eine gleiche Hose anzufertigen. Nach drei 
Tagen erhält er das neue Beinkleid, welches genau 
dem Modelle entspricht; leider nur zu genau, denn 
da, wo das alte Löcher aufwies, hatte der Schneider 
solche auch in dem nenen angebracht. Alles war 
nachgcahmt, selbst die Risse. 
Die folgenden Kapitel führen uns in eine noch 
unbekannte Gegend des apostolischen Tanganika- 
Vitariats. Eine von dem Missionar Guillemé 
ausgeführte Reise verfolgte den Zweck, einen für die 
Gründung neuer christlicher Dörfer geeigneten Land- 
strich ausfindig zu machen. Derselbe hat nicht nur 
einen günstigen Punkt gefunden, sondern auch den 
Eindruck gewonnen, daß Land und Leute im Innern 
gleichfalls zu den besten Hoffnungen berechtigen. Die 
Schilderung der Reise zeichnet sich durch große Frische 
und Empfänglichkeit für die Naturschönheiten des 
Landes aus. Die reiche Vegetation in den Fluß- 
thälern, die Großartigkeit und Vielseitigkeit der Alpen- 
welt, die Mächtigkeit der Bergriesen werden dem 
Leser in anziehender Weise vor Augen geführt. 
Die Broschüre hinterläßt den Eindruck, daß die 
Thätigkeit der Missionare in einem von der Natur 
reich gesegneten Lande und unter einem europäischer 
Gesittung zugänglichen, arbeitsamen Volle bisher eine 
sehr segensreiche gewesen ist, und daß Gleiches für 
die Zukunft zu erwarten steht.
	        
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