Deutsch-Südwestafrika.
Dem Geschäflsbericht der deuischen Nolonial-Gesellschaft
für Südwestafrika für die Seit vom J. April z892 bis
31. März 1395“)
entnehmen wir Folgendes:
In unserem vorigen Geschäftsberichte haben wir
bereits erwähnt, daß Bergbau und Viehzucht die-
jenigen Betriebe seien, durch welche sich unser Besit
in Südwestafrika nutzbar machen lasse, daß aber der
Betrieb des Bergbaues größere Mittel ersordere, als
sie unserer Gesellschaft zu Gebote siehen, und daß
man deshalb darauf Vedacht nehmen müsse, die
Bergwerksgerechtsame unserer Gesellschaft durch Ueber-
ltragung an andere Unternehmer zu verwerthen. Auf
dieses Ziel, bei welchem selbstverständlich eine ange-
messene Betheiligung unserer Gesellschaft aun den zu
gründenden neuen Unternehmungen nicht ausgeschlossen
ist, waren unsere Bemühungen im abgelausenen Ge-
schäftsjahre vorzugsweise gerichtet, und es sind auch
einige Vertragsabschlüsse in der bezeichneten Nichtung
zu Stande gekommen.
Wir bemerken darüber das Folgende:
Der Ingenicur Peter Scheidweiler aus Cöln
leitete aus einer ihm von dem Oberhäuptling Maha-
rero im Jahre 1888 ertheilten Minenkonzession An-
sprüche ab, welche mit unseren Bergwerksgerechtsamen
im Hererolande in Widerspruch standen. Er hatte
behufs Geltendmachung seiner Ansprüche bei der
Kaiserlichen Bergbehörde für Südwestafrika Klage
gegen uns erhoben, welche von uns in ausführlicher
Weise beantwortet war. Zur vergleichsweisen Erledi-
gung dieses Rechtsstreits wurde am 23. August 1892
ein Vertrag mit Peter Scheid weiler abgeschlossen,
wodurch ihm unsere Bergwerksgerechtsame in einem
gewissen Theile des streitigen Minengebieks gegen
eine Förderungsabgabe von 2½ Prozent mit einem
Mindestbetrag von jährlich 3000 Mark unter der
Bedingung abgetreten wurden, daß innerhalb zweier
Jahre vom Tage der Genehmigung des Vertrags
ab eine Gesellschaft zur Ausbentung und Ver-
werthung der abgetretenen Begwerksgerechtsame ge-
yhründet werde, welche die Rechte und Verpflichtungen
Scheivweilers aus dem Vertrage zu übernehmen
habe.
Durch zwei weitere Verträge vom 5./19. und
6./19. Oktober 1892 wurden an denselben Herrn
Scheidweiler bergbauliche Rechte in den sogenannten
Khoousbergen — einem zwischen dem Tsoachaub-
und dem Khomflusse gelegenen Gebirgszuge, in wel-
chem Scheidweiler schon früher Schürferlaubnisse
von der Bergbehörde erlangt hatte — und in einem
zu dem Landbesitze der Gesellschaft gehörigen Ge-
bicte nördlich des Ugabflusses gegen Uebernahme
bestimmter Leistungen verliehen.
Außerdem sind Verhandlungen wegen Verwerthung
des Kaokoseldes gepflogen worden, und wir hegen be-
*) Vergl. D. Kol. Vl. 1892, S. 524.
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gründele Hoffnung, daß dieselben zu einem für die
Gesellschaft annehmbaren Ergebnisse führen werden.
Mit einer englischen Gesellschaft, dem „Kharas-
khoma Exploring and Prospecting Syn-
dicate limite d“ zu London, haben wir unterm
20. Dezember v. Is. einen Vertrag abgeschlossen,
durch welchen — neben anderen, die eventuelle Ver-
vollkommnung der Hafeneinrichtung in Lüderitzbucht
und die Herstellung einer besseren Verbindung zwischen
diesem Hasen und dem Inneren bezweckenden Be-
stimmungen — der genannten Gesellschaft gewisse
Bergwerksgerechtsame in dem südlich von 240 süd-
licher Breite gelegenen Theilc unseres Landbesitzes
und in dem angrenzenden Gebiete von Bethanien
verliehen worden sind.
Ferner ist zwischen uns und dem v. Lilien-
thalschen Gold-Syndikat unterm 20. April
l. Is. ein Vertrag zu Stande gekommen, insolge
dessen unsere Bergrechte in dem Rehobother Gebiet
(die sogenaunte Höpi#nersche Konzession) an die nen
gegründete „Hanscatische Land-, Minen= und Handels-
gesellschaft für Dentschsüdwestafrika“ übergegangen sind.
Auf den Kaufpreis wurden — nach Ablauf des
Berichtsjahres — bereits 25 000 Mark baar bezahlt;
der Nest von 150 000 Mark ist in Antheilen der
genannten Gesellschaft zu entrichten.
Endlich sind noch einige nach Ort und Zeit be-
schränkte Schürfberechtigungen an einzelne Unter-
nehmer verliehen worden.
Die von uns in Gemeinschaft mit unserem Bevoll-
mächtigten E. Hermann betriebene landwirth-
schaftliche Versuchsanstalt in Kubub, welche
insbesondere die Einführung der Wollschafzucht in
Südwestafrika bezweckt, hat sich troß mancher
Schwierigkciten in erfreulicher Weise entwickelt. Die
Anlagen in Kubub sind durch Anbauten am Wohn-
hause sowie durch das Graben von zwei neuen
Brunnen vervollständigt worden. Der alte Brunnen
wurde mit einer zum Pferdebetrieb eingerichteten
Pumpe versehen. Die Aulage eines vierten Brunncus,
eines Wasserreservoirs, einer Schafwaschanstalt und
eines ferneren kleinen Hausanbaues sind von Her-
manu in Augriff genommen.
Die Kububer Heerde, welche am 1. Oktober 1891
aus 20 Pferden, 109 Rindern, 908 Wollschafen und
137 Angornziegen — zusammen 1174 Stück —. be-
stand, vermehrte sich theils durch Ankauf, theils durch
den natürlichen Zuwachs bis auf 25990 Stück am
1. Oktober 1892. Am 1. Jannar 1893 bestand
dieselbe aus 26 Pferden, 204 Rindern, 2343 Woll-
schafen, 246 Angoras, 95 Afrikanerschafen und 70
Afrikanerziegen, zusammen 2984 Stück.
Bis zum 1. Oktober 1892 hatte Hermann
6137 Pfund Wolle nach Kapstadt verschickt, welche
dort zu 4 bis 4½ Pence das Pfund verkauft wurde.
Um die Wollschafzucht im Lande zu verbreiten,
hat Hermann eine Anzahl Zuchtthiere an Ein-
geborene vermittelst Tausches gegen anderes Vieh ab-
gegeben.