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werden. Einer der Hauptzwecke des Büreaus, die
Centralisirung der für die verschiedenen Marinen
zum Zweck der Bekämpfung des Sklavenhandels zur
See bestimmten Informationsmaterials zum jeder-
zeitigen Gebrauch derselben, hat infolge dessen vor-
läufig nur in sehr unvollkommener Weise erreicht
werden können. .
Die Formulare für die drei Klassen von Schiffs-
papieren (Berechtigungsschein zur Flaggenführung,
Mannschaftsliste, Passagierverzeichniß), zu deren
Niederlegung in dem Archiv des Büreaus sich die
Mächte in Artikel 41 der Brüsseler Akte verpflichtet
haben, sind bisher von deutscher Seite, sowie von
Seiten Großbritanniens (für Sansibar) und Frank-
reichs eingegangen. Italien, Portugal und die
Britisch-Ostafrikanische Gesellschaft für die unter ihrer
Verwaltung stehende Küste sind damit noch im
Rückstande.
Dagegen sind bisher nur Frankreich und Groß-
britannien der durch den vorletzten Absatz des citirten
Artikels 41 begründeten Verpflichtung zur Einsendung
einer beglaubigten Abschrift jedes ertheilten Be-
rechtigungsscheines zur Flaggenführung, sowie der
Entziehungsurkunden nachgekommen.
Seitens des hiesigen französischen Konsulates sind
20 Berechtigungsscheine zur Flaggenführung dem
Büreau zugegangen.
Außerdem sind zwei durch das französische Kon-
sulat in Aden ausgestellte Berechtigungsscheine über-
geben worden. Dieselben sind Ende des vorigen
Jahres an Sur-Araber verliehen. Ermächtigungs-
scheine der Kolonialbehörden von Obock, Madagaskar
und den Comoren sind bisher nicht eingegangen.
Großbritannien hat bisher 242 durch die hiecsige
Vertretung ertheilte Ermächtigungen zur Führung
der englischen Flagge und 119 Ermächtigungsscheine
des Gouvernement zur Führung der Sansibarflogge
vorgelegt. Von diesen war eine größere Anzahl an
ausschließlich an der deuitschen Küste beheimathete
Fahrzeuge verliehen worden. Diese sind zum Theil
bereits jetzt durch Uebergang der Fahrzeuge unter
die deutsche Flagge hinfällig geworden. Im Schoße
der britischen Agentur ist man gegenwärtig damit
beschäftigt, die in großer Eile vorgenommenen Regi-
strirungen zu ordnen und die neuerdings in den
deutschen Küstenhäfen eingetragenen und mit der
deutschen Flagge versehenen Dhaus zu löschen.
Dic Aufstellung der Liste über die zur Führung
der verschiedenen Flaggen berechtigten Fahrzeuge soll
nach dem Entwurf der Geschäftsordnung für die
Thätigkeit des Bürcaus durch das Büreau selbst er-
folgen; sie ist aber naturgemäß noch nicht in Angriff
genommen worden, da das Reglement noch nicht die
Genehmigung der Mächte erlangt hat und es noch
an einem mit der Ausstellung der Listen zu betrauenden
Beamten fehlt.
Für die Benachrichtigung des Bureau inter-
national von der Zurückziehung einer bereits über-
gebenen Ermächtigung sollen behufs Vereinfachung
und Herstellung der wünschenswerthen Einheitlichkeit
des Verfahrens Formulare hergestellt werden. Ebenso
hat das Büreau es für wünschenswerth erkannt, daß
die Offiziere der betheiligten Marinen jederzeit in der
Lage seien, sich aus den im Archiv des Büreaus
niedergelegten Urkunden über die Person des jeweiligen
Führers einer Dhau zu unterrichten, und deshalb be-
schlossen, daß die Delegirten das Büreau ungesäumt
von jeder zu ihrer Kenntniß gelangenden Aenderung
in der Person eines Dhauführers (Nahosa) mittelst
gedruckten Formulars verständigen sollen. Sache des
Büreaus wird es dann sein, die daselbst hinterlegten
Flaggenatteste und Listen in der angegebenen Richtung
jederzeit auf dem Laufenden zu erhalten.
Was die übrigen, nach Artikel 77 dem Büreau
zu machenden Mittheilungen betrifft, so ist der den
Artikel 47 und 48 zu Grunde liegende Fall, soweit
die Kenntniß des Büreaus reicht, in hiesigen Ge-
wässern seit dem Bestehen der Behörde erst zweimal
eingetreten. In beiden Fällen handelte es sich um
die Anhallung einer unter französischer Flagge segelnden
Dhau durch das englische Kriegsschiff „Philomel“.
In dem ersten Falle, im März d. Is., wurde
ein unter verdächtigen Umständen in einer einsamen
und versteckten Bucht der Insel verankertes Fahrzeug
mit einer auffallend großen Anzahl von Passagieren
an Bord durch ein Boot des genannten Kriegsschiffes
gebordet und auf seine Papiere geprüft. Da sich
die Dhau als unter französischer Flagge segelnd aus-
wies und die Papiere in Ordnung waren, so nahm
der das Boot kommandirende Offizier von weiteren
Nachforschungen Abstand. Es wurde jedoch seitens
des Kommandanten in Gemäßheit des Artikels 47
Bericht erstattet und ein Auszug desselben durch
Mr. Nodd in der Sitzung des Bureau international
vom 24. März d. Is. verlesen. Die Mittheilung
einer Abschrift für das Archiv wurde in Aussicht
gestellt. In der Sache selbst konnte durch den fran-
zösischen Konsul nur so viel festgestellt werden, daß
die Dhau nach erfolgter vorschriftsmäßiger Kontrole
und Abfertigung nicht ihren angegebenen Kurs ein-
geschlagen hatte, sondern in der erwähnten Bucht —
angeblich um Wasser einzunehmen — vor Anker ge-
gangen war.
In dem zweiten Falle wurde am 9. April
d. Is. eine französische Dhau durch die „Philomel“
beobachlet, wie sie unsern der Stadt Sansibar
vor Mtoni verankert war und im Gefühl ihrer
Sicherheit ungeschent am hellen Tage Sklaven
verlud. Der französische Konsul wurde trotz des
Sonntags von dem offenbaren Verbrechen benach-
richtigt und sandte seinen Dragoman mit dem Boot
des englischen Kriegsschiffes an Bord, wo eine große
Anzahl von Kindern in einem verschlossenen Raume
eingepfercht gefunden wurde. Sie waren zum großen
Theil hier in der Stadt geraubt und gestohlen worden
und sollten nach dem Persischen Golf gebracht werden.
Auch diese Dhau war vorschriftsmäßig durch das fran-
zösische Konsulat kontrolirt worden und ihre Papiere