Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

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werden. Einer der Hauptzwecke des Büreaus, die 
Centralisirung der für die verschiedenen Marinen 
zum Zweck der Bekämpfung des Sklavenhandels zur 
See bestimmten Informationsmaterials zum jeder- 
zeitigen Gebrauch derselben, hat infolge dessen vor- 
läufig nur in sehr unvollkommener Weise erreicht 
werden können. . 
Die Formulare für die drei Klassen von Schiffs- 
papieren (Berechtigungsschein zur Flaggenführung, 
Mannschaftsliste, Passagierverzeichniß), zu deren 
Niederlegung in dem Archiv des Büreaus sich die 
Mächte in Artikel 41 der Brüsseler Akte verpflichtet 
haben, sind bisher von deutscher Seite, sowie von 
Seiten Großbritanniens (für Sansibar) und Frank- 
reichs eingegangen. Italien, Portugal und die 
Britisch-Ostafrikanische Gesellschaft für die unter ihrer 
Verwaltung stehende Küste sind damit noch im 
Rückstande. 
Dagegen sind bisher nur Frankreich und Groß- 
britannien der durch den vorletzten Absatz des citirten 
Artikels 41 begründeten Verpflichtung zur Einsendung 
einer beglaubigten Abschrift jedes ertheilten Be- 
rechtigungsscheines zur Flaggenführung, sowie der 
Entziehungsurkunden nachgekommen. 
Seitens des hiesigen französischen Konsulates sind 
20 Berechtigungsscheine zur Flaggenführung dem 
Büreau zugegangen. 
Außerdem sind zwei durch das französische Kon- 
sulat in Aden ausgestellte Berechtigungsscheine über- 
geben worden. Dieselben sind Ende des vorigen 
Jahres an Sur-Araber verliehen. Ermächtigungs- 
scheine der Kolonialbehörden von Obock, Madagaskar 
und den Comoren sind bisher nicht eingegangen. 
Großbritannien hat bisher 242 durch die hiecsige 
Vertretung ertheilte Ermächtigungen zur Führung 
der englischen Flagge und 119 Ermächtigungsscheine 
des Gouvernement zur Führung der Sansibarflogge 
vorgelegt. Von diesen war eine größere Anzahl an 
ausschließlich an der deuitschen Küste beheimathete 
Fahrzeuge verliehen worden. Diese sind zum Theil 
bereits jetzt durch Uebergang der Fahrzeuge unter 
die deutsche Flagge hinfällig geworden. Im Schoße 
der britischen Agentur ist man gegenwärtig damit 
beschäftigt, die in großer Eile vorgenommenen Regi- 
strirungen zu ordnen und die neuerdings in den 
deutschen Küstenhäfen eingetragenen und mit der 
deutschen Flagge versehenen Dhaus zu löschen. 
Dic Aufstellung der Liste über die zur Führung 
der verschiedenen Flaggen berechtigten Fahrzeuge soll 
nach dem Entwurf der Geschäftsordnung für die 
Thätigkeit des Bürcaus durch das Büreau selbst er- 
folgen; sie ist aber naturgemäß noch nicht in Angriff 
genommen worden, da das Reglement noch nicht die 
Genehmigung der Mächte erlangt hat und es noch 
an einem mit der Ausstellung der Listen zu betrauenden 
Beamten fehlt. 
Für die Benachrichtigung des Bureau inter- 
national von der Zurückziehung einer bereits über- 
gebenen Ermächtigung sollen behufs Vereinfachung 
  
und Herstellung der wünschenswerthen Einheitlichkeit 
des Verfahrens Formulare hergestellt werden. Ebenso 
hat das Büreau es für wünschenswerth erkannt, daß 
die Offiziere der betheiligten Marinen jederzeit in der 
Lage seien, sich aus den im Archiv des Büreaus 
niedergelegten Urkunden über die Person des jeweiligen 
Führers einer Dhau zu unterrichten, und deshalb be- 
schlossen, daß die Delegirten das Büreau ungesäumt 
von jeder zu ihrer Kenntniß gelangenden Aenderung 
in der Person eines Dhauführers (Nahosa) mittelst 
gedruckten Formulars verständigen sollen. Sache des 
Büreaus wird es dann sein, die daselbst hinterlegten 
Flaggenatteste und Listen in der angegebenen Richtung 
jederzeit auf dem Laufenden zu erhalten. 
Was die übrigen, nach Artikel 77 dem Büreau 
zu machenden Mittheilungen betrifft, so ist der den 
Artikel 47 und 48 zu Grunde liegende Fall, soweit 
die Kenntniß des Büreaus reicht, in hiesigen Ge- 
wässern seit dem Bestehen der Behörde erst zweimal 
eingetreten. In beiden Fällen handelte es sich um 
die Anhallung einer unter französischer Flagge segelnden 
Dhau durch das englische Kriegsschiff „Philomel“. 
In dem ersten Falle, im März d. Is., wurde 
ein unter verdächtigen Umständen in einer einsamen 
und versteckten Bucht der Insel verankertes Fahrzeug 
mit einer auffallend großen Anzahl von Passagieren 
an Bord durch ein Boot des genannten Kriegsschiffes 
gebordet und auf seine Papiere geprüft. Da sich 
die Dhau als unter französischer Flagge segelnd aus- 
wies und die Papiere in Ordnung waren, so nahm 
der das Boot kommandirende Offizier von weiteren 
Nachforschungen Abstand. Es wurde jedoch seitens 
des Kommandanten in Gemäßheit des Artikels 47 
Bericht erstattet und ein Auszug desselben durch 
Mr. Nodd in der Sitzung des Bureau international 
vom 24. März d. Is. verlesen. Die Mittheilung 
einer Abschrift für das Archiv wurde in Aussicht 
gestellt. In der Sache selbst konnte durch den fran- 
zösischen Konsul nur so viel festgestellt werden, daß 
die Dhau nach erfolgter vorschriftsmäßiger Kontrole 
und Abfertigung nicht ihren angegebenen Kurs ein- 
geschlagen hatte, sondern in der erwähnten Bucht — 
angeblich um Wasser einzunehmen — vor Anker ge- 
gangen war. 
In dem zweiten Falle wurde am 9. April 
d. Is. eine französische Dhau durch die „Philomel“ 
beobachlet, wie sie unsern der Stadt Sansibar 
vor Mtoni verankert war und im Gefühl ihrer 
Sicherheit ungeschent am hellen Tage Sklaven 
verlud. Der französische Konsul wurde trotz des 
Sonntags von dem offenbaren Verbrechen benach- 
richtigt und sandte seinen Dragoman mit dem Boot 
des englischen Kriegsschiffes an Bord, wo eine große 
Anzahl von Kindern in einem verschlossenen Raume 
eingepfercht gefunden wurde. Sie waren zum großen 
Theil hier in der Stadt geraubt und gestohlen worden 
und sollten nach dem Persischen Golf gebracht werden. 
Auch diese Dhau war vorschriftsmäßig durch das fran- 
zösische Konsulat kontrolirt worden und ihre Papiere
	        
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