Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

und da auch ich es für günstiger hielt, die Wirkung 
des ersten Feuers von unserer Seite auf dichtere 
Massen abzugeben, möglichst überwältigend zu machen 
und dann, den ersten Schreck benutzend, durch einen 
Auzfall den Feind nachhaltig zu wersen und in die 
Flucht zu schlagen, so ging ich auf dasselbe ein. 
Der Sprecher forderte mich auf, mit meinen Leuten 
das Dorf zu verlassen, da Kitimkurn nicht 
mit uns, sondern mit den Warungu Krieg führe. 
Ich schlug dies ab und machte die Wawemba 
auf die Tragweile des ersten Gefechtes, dem 
sie sich mit Europäern aussetzten, aufmerksam. 
Während der Sprecher schlauerweise sehr ruhig und 
maßvoll blieb, wurden viele Krieger ungeduldig, 
kamen bis auf 20 Schritt an die Voma und be- 
schimpften durch Worte und Geberden uns Europäer. 
Als ich sah, daß die Feinde hinter den die Higel 
besetzt haltenden Kriegern eine Anzahl gefangener 
Weiber und Kinder wie zum Kugelfang aufgestellt 
hatten, und die große Masse der Speerkämpfer eben 
zum Anlauf heranziehen wollte, sezte ich eine Gra- 
nate in einen dichten Hausen anscheinend von 
Führern oder Häuptlingen, zum Zeichen, daß meine 
Leute — 60 Soldaten, 20 Irreguläre und etwa 
30 Eingeborene des Dorfes — auf das vorher ge- 
wählte Ziel Feuer geben sollten. Der Erfolg war 
ein überraschend großer — Viele brachen zusammen, 
Viele stürzten verwundet, die ganze vordere Linie 
mit sich reißend, nach rückwärts auf die zum Sturm 
bestimmte Masse. Es entstand eine wilde Unord- 
nung, die die Wirkung des Maximgeschüßes und 
der Gewehre außerordentlich erhöhte. Während der 
Feind sich zu ordnen suchte und, von der Masse 
aufgehalten, zum Stehen gekommen war, ließ ich 
Dr. Bumiller mit zwei Zügen zum Ausfall, der 
bis auf eine Entsernung von 20 Schritt gedeckt ge- 
schehen konnte, so vorgehen, daß das Feuer von der 
Pallisade nicht maskirt wurde. Die Ausfallab- 
theilung eröffnele sosort lebhaftes Feuer auf die noch 
nicht völlig geordnete Masse des Feindes und drang 
dann mit Hurrah, unterstützt durch das Feuer aus 
dem Dorfe, vor. Die Wawemba wandten sich rück- 
wärts, und es entstand eine regellose Flucht ums 
Leben, immer dicht verfolgt von dem nachdrängenden 
Ausfallkorps. Die gesangenen Männer, Weiber und 
Kinder benutzten die wilde Verwirrung, um auf uns 
zu ins Dorf zu slüchten oder, sich im hohen Grase 
verbergend, ihren Räubern zu entziehen. Alles ge- 
raubte Gut, was die flüchtigen Krieger am Laufen 
hindern konnte, wurde weggeworsen, und so groß 
war die Panik, daß die Wawemba, die ganze Nacht 
hindurch marschirend und den nächsten Tag, nicht 
eher Halt machten, bis sie ihre südlich der Stevenson 
Road gelegene Grenze, vier gewöhnliche Tagereisen 
entfernt vom Platze ihrer Niederlage, erreichten. 
Viele Verwundete erlagen unterwegs der Anstren- 
gung einer solchen Flucht; manche Säumige und 
der Rest der gemachten Sklaven fiel den Warungu, 
die nach dem Gefecht von allen Seiten zu mir her- 
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beistürmten, und die ich ihren Todfeinden auf die 
Fersen hetzte, in die Hände. Die befreiten Sklaven, 
meist Weiber und Kinder, zusammen etwa Hundert, 
entließ ich am folgenden Tage in ihre Dörfer. 
Da unter diesen Umständen die französische 
Mission außer Gefahr war, gab ich den Marsch 
dahin auf und wandte mich direkt nach Kitutu, der 
englischen Station am Südende des Tanganyika, wo# 
ich nach einem sehr beschwerlichen Marsch über end- 
loses Felsgerölle am User des Tanganyika entlang am 
12. d. Mts. eintraf; leider war die Post, welche 
ich hierher bestellt hatte, noch nicht eingetroffen. 
Wenn auch der rücksichtslosen Raublust der 
Wawembas durch diese gänzliche Niederlage, die 
in ihrer Ausdehnung und Tragweite in der Ge- 
schichte der Kämpfe in Afrika zur Unterdrückung des 
Sklavenhandels vielleicht einzig dasteht, für die 
nächsten Jahre ein Ziel gesetzt sein mag, so 
ist damit die ganze Frage doch nicht als erledigt 
zu betrachten. Es sind vielmehr nachhaltige Sicher- 
heitsmaßnahmen dringend geboten, wenn nicht das 
ganze deutsche Gebiet zwischen dem Rickva und 
Tanganyika, ja sogar bis zum Nyassa, ein Gebiet, 
welches, wie man aus früheren Reiseberichten ersehen 
kann, durch seine zahlreiche Bevölkerung mit weit 
vorgeschrittener Kultur sowohl in industrieller wie 
wirkhschaftlicher Beziehung gerade zu den werthvollsten 
Theilen unseres deutsch-ostafrikanischen Besitzes ge- 
rechnet werden kann, allmählich entvölkert, schließlich 
zur wildesten Einöde verwandelt werden soll. Be- 
reils zur Zeit meiner Durchreise im Jahre 1887 
mußte ich die Greuel und Verheerungen, welche 
damals die ranbenden Wawemba im ganzen Lande 
angerichtet halten, beobachten, und darf ich auf 
meine diesbezüglichen eingehenden Berichte in meiner 
„zweiten Durchquerung Afrikas“ verweisen. 
  
Matumbi, das Dinterland von Samanga und die Land- 
schaft Moboro. 
Einem Berichte des Bezirksamtmanns in Kilwa, 
Frhrn. v. Eberstein, über eine von ihm nach dieser 
Gegend in Begleitung des landwirthschaftlichen 
Agenten beim Gonvernement, John Schroeder, im 
August d. Is. uniernommene Inspektionsreise ent- 
nehmen wir Folgendes: 
Am 20. August früh brachen wir von hier auf 
mit 6 Polizeisoldalen, 13 Trägern und den beiden 
hiesigen Akidas der Mrimabevölkerung, Makran bin 
Schande und Abdallah bin Omar, die ich zur besseren 
Anknüpfung und Erleichterung der Verhandlungen 
mit den Wangindo und Wamatumbi mitgenommen 
hatte. Nach 1 bVeberonng über den Mgingera-Fluß 
entfernten wir uns in nordwestlicher Richtung von 
der Küste und erreichten über Furu, Mtejia und 
Mahonga gegen 6 Uhr abends nach 10½ stündigem 
Marsch Mingumbi. Mingumbi liegt in Ma- 
tumbi auf beiden Ufern des Homanga-Baches und
	        
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