bold, ohne jede Würde. Der kleinste Dorf-King giebt
sich mehr Ansehen. Troh der ganz bedeutenden Ge-
schenke, welche ich ihm leider (beeinflußt von Cor-
nelius) überreichte, bettelte er ungufhörlich. Da die
Haudelsexpedition, welche mit Hauptmann Morgen
war, in Ngiln sehr viel Elfenbein gesammelt hat,
suchte er mich stets durch Versprechungen von großen
und vielen Zöhnen zu stets neuen Geschenken zu be-
wegen. Da ich ihm jedoch erklärte, daß ich lein
Händler sei und kein Elfenbein wolle, verlegte er sich
einsach nur aufs Betteln. Ich mußte deshalb bedacht
sein, möglichst rasch wegzukommen, und habe mit der
Expedition am 5. April Ngila verlassen.
Nach den Erkundigungen, welche ich jedoch hier
eingezogen habe, dürfte in nicht zu langer Zeit das
Land bis zum Sannaga direkt unter Tibati stehen.
Es wird dann ein Unterhäuptling des Sultans von
Tibati in Ngila sein, mit welchem sich entschieden
leichter geregelte Handelsbeziehungen erzielen lassen.
Nach meinen Erfahrungen hat vorläufig der Weg
am Sannaga als Handelsstraße gar keinen Werth,
und deshalb dürfte es wohl für das Schutzgebict
von größtem Interesse sein, die Straße nach Yaunde
vollkommen sicher zu siellen. Wie gering der Verkehr
am Sannaga ist, beweist der Umstand, daß ich von
Volckamers Tod erst in Yambasa erfuhr.
Dagegen müßte die Maunde-Station, welche bis jeßzt
eben nur wissenschaftlichen Zwecken diente, zu einer
starken politischen Station gemacht werden mit so viel
Besatzung, daß es dem Stationschef ermöglicht wäre,
Expeditionen nach Norden und Osten in der Dauer
bis zu vier Wochen zu unternehmen. Haupterforderniß
dabei wäre eine allmonallich geregelte Verbindung
mil der Küste.
Bezüglich der Barongos erfuhr ich, daß sie ein
direkt unter Ngute stehendes Wute-Volk sind. Es
ist sehr zu bedauern, daß Herr v. Volckamer sich
nicht vorher über die Stammesangehörigkeit des
Volkes, das er bekriegen wollte und welches eigent-
lich den Weißen durchaus freundlich gesinnt war,
orientirt hat. Bis jetzt sollen die Barongos sich
nicht wieder angebaut haben.
Am 5. April habe ich Ngila verlassen und bin
am 11. April in normalen Märschen von Angura
bis Kukuni, nicht der Morgenschen Route, sondern
der alten Karawanenstraße folgend, in Joko ange-
kommen. Schon in Ngila hatte ich erfahren, daß
der Sultan noch immer im alten Sanserni sei. Da
es in diesen großen mohammedanischen Staaten
unmöglich ist, ohne den King begrüßt zu haben, das
Land zu passiren, mußte ich wohl oder übel nach
Sanserni. Ich schickte deshalb Boten zu ihm und
war inzwischen in Joko als Gast vorzüglich auf-
genommen.
In Joko hatte ich ein sehr trauriges Ereigniß
zu beklagen. Der Expeditionsmeister Gillwald
ist am 17. April nachts 2 Uhr 50 Minuten an
hochgradigster Dysenterie gestorben. Er erkrankte in
Ngila an den Folgen eines Diätfehlers, den wir
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drei Weiße begingen und welchem er wohl anfangs
nichl genügend Beachtung schenkte. Die Pflege,
welche wir ihm als Laien bieten konnten, ist ihm
im vollsten Maße geworden. Am 17. April morgens
haben wir ihm unter militärischen Ehren ein christ-
liches Begräbniß bercitet. Ich verliere an ihm
einen pflichttreuen tüchtigen Untergebenen.
In Joko erhielt ich am 20. April Nachricht
vom Sultan, daß er mit großer Freude mich er-
warte. Am 21. bin ich deshalb nach Sanserni ab-
marschirt und habe dasselbe am 25. erreicht. Ich
habe von Jakum aus, die Rina Berge umgehend,
einen bedeuntend näheren Weg als Hauptmann
Morgen eingeschlagen. In Sanserni wurden wir
von Sultan und Volk aufs Freudigste empfangen.
Meine Leute erhielten sogleich viel zu essen und
guie Unterkunft. Am 27. April übersandte ich dem
Sultan durch den schwarzen Expeditionsmeister Cor-
nelius und meinen Haussa-Dolmetscher ganz bedeutende
Geschenke. Zu meiner nicht geringen Ueberraschung
kamen dieselben zurück, weil derselbe auf Grund an-
geblicher Morgenscher Versprechungen viel mehr
und insbesondere Wassen verlangte.
Um die Expedition nicht weiter zu gefährden,
sah ich mich in die Nothlage versetzt, über Gebühr
dem Sultan Geschenke zu machen.
Nun ist offiziell die alte Freundschaft wieder
hergestellt und werde ich voraussichtlich am 6. Mai
meinen Weg über Tibati fortsetzen können.
Da ich mit dem Expeditionsmeister Cornelins
absolut unzufrieden bin, sende ich ihn mit den
Elminaträgern und dem Elsenbein, welches ich in
Ngila geschenkt bekommen habe (10 Lasten, davon
zwei Zähne über 50 Pfund, einer über 40 Pfund,
fünf zwischen 20 und 30 Pfund, die anderen kleiner),
auf dem von mir bisher eingeschlagenen Wege nach
Yaunde und von da zur Küste zurück.
Kontscha, 29. Juni 1893.
Der Kaiserlichen Kolonialabtheilung bringe ich,
anschließend an meine am 1. Mai l. Is. von San-
serni Tibati abgegangene Meldung, über den Weiter-
verlauf der Expedition Folgendes gehorsamst in
Vorlage.
Ehe ich den Fortgang der Expedition schildere,
glaube ich in Kurzem die Verhältnisse in Sanserni
Tibati klar legen zu müssen.
In Sanuserni bestehen zwei Parteien, die der
Fulahs und diejenige der alten Einwohner von
Tibati, der Kapulas, letztere stamm= und sinnes-
verwandt den Wutos. Ganz verschicden von den
anderen Adamana-Reichen, welche ich bereiste, bilden
hier die Fulahs nur gewissermaßen den Großadel;
im niederen Volke giebt es fast keine Fulah, auch ist
die Fulahsprache nicht die allgemein gebräuchliche.
Alle Aemter, auch das des Galadima, sind in den
Händen der Kapulas. Der König stützt sich mehr
auf Lettere, denen er auch an Gesinnung näher