Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

bold, ohne jede Würde. Der kleinste Dorf-King giebt 
sich mehr Ansehen. Troh der ganz bedeutenden Ge- 
schenke, welche ich ihm leider (beeinflußt von Cor- 
nelius) überreichte, bettelte er ungufhörlich. Da die 
Haudelsexpedition, welche mit Hauptmann Morgen 
war, in Ngiln sehr viel Elfenbein gesammelt hat, 
suchte er mich stets durch Versprechungen von großen 
und vielen Zöhnen zu stets neuen Geschenken zu be- 
wegen. Da ich ihm jedoch erklärte, daß ich lein 
Händler sei und kein Elfenbein wolle, verlegte er sich 
einsach nur aufs Betteln. Ich mußte deshalb bedacht 
sein, möglichst rasch wegzukommen, und habe mit der 
Expedition am 5. April Ngila verlassen. 
Nach den Erkundigungen, welche ich jedoch hier 
eingezogen habe, dürfte in nicht zu langer Zeit das 
Land bis zum Sannaga direkt unter Tibati stehen. 
Es wird dann ein Unterhäuptling des Sultans von 
Tibati in Ngila sein, mit welchem sich entschieden 
leichter geregelte Handelsbeziehungen erzielen lassen. 
Nach meinen Erfahrungen hat vorläufig der Weg 
am Sannaga als Handelsstraße gar keinen Werth, 
und deshalb dürfte es wohl für das Schutzgebict 
von größtem Interesse sein, die Straße nach Yaunde 
vollkommen sicher zu siellen. Wie gering der Verkehr 
am Sannaga ist, beweist der Umstand, daß ich von 
Volckamers Tod erst in Yambasa erfuhr. 
Dagegen müßte die Maunde-Station, welche bis jeßzt 
eben nur wissenschaftlichen Zwecken diente, zu einer 
starken politischen Station gemacht werden mit so viel 
Besatzung, daß es dem Stationschef ermöglicht wäre, 
Expeditionen nach Norden und Osten in der Dauer 
bis zu vier Wochen zu unternehmen. Haupterforderniß 
dabei wäre eine allmonallich geregelte Verbindung 
mil der Küste. 
Bezüglich der Barongos erfuhr ich, daß sie ein 
direkt unter Ngute stehendes Wute-Volk sind. Es 
ist sehr zu bedauern, daß Herr v. Volckamer sich 
nicht vorher über die Stammesangehörigkeit des 
Volkes, das er bekriegen wollte und welches eigent- 
lich den Weißen durchaus freundlich gesinnt war, 
orientirt hat. Bis jetzt sollen die Barongos sich 
nicht wieder angebaut haben. 
Am 5. April habe ich Ngila verlassen und bin 
am 11. April in normalen Märschen von Angura 
bis Kukuni, nicht der Morgenschen Route, sondern 
der alten Karawanenstraße folgend, in Joko ange- 
kommen. Schon in Ngila hatte ich erfahren, daß 
der Sultan noch immer im alten Sanserni sei. Da 
es in diesen großen mohammedanischen Staaten 
unmöglich ist, ohne den King begrüßt zu haben, das 
Land zu passiren, mußte ich wohl oder übel nach 
Sanserni. Ich schickte deshalb Boten zu ihm und 
war inzwischen in Joko als Gast vorzüglich auf- 
genommen. 
In Joko hatte ich ein sehr trauriges Ereigniß 
zu beklagen. Der Expeditionsmeister Gillwald 
ist am 17. April nachts 2 Uhr 50 Minuten an 
hochgradigster Dysenterie gestorben. Er erkrankte in 
Ngila an den Folgen eines Diätfehlers, den wir 
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drei Weiße begingen und welchem er wohl anfangs 
nichl genügend Beachtung schenkte. Die Pflege, 
welche wir ihm als Laien bieten konnten, ist ihm 
im vollsten Maße geworden. Am 17. April morgens 
haben wir ihm unter militärischen Ehren ein christ- 
liches Begräbniß bercitet. Ich verliere an ihm 
einen pflichttreuen tüchtigen Untergebenen. 
In Joko erhielt ich am 20. April Nachricht 
vom Sultan, daß er mit großer Freude mich er- 
warte. Am 21. bin ich deshalb nach Sanserni ab- 
marschirt und habe dasselbe am 25. erreicht. Ich 
habe von Jakum aus, die Rina Berge umgehend, 
einen bedeuntend näheren Weg als Hauptmann 
Morgen eingeschlagen. In Sanserni wurden wir 
von Sultan und Volk aufs Freudigste empfangen. 
Meine Leute erhielten sogleich viel zu essen und 
guie Unterkunft. Am 27. April übersandte ich dem 
Sultan durch den schwarzen Expeditionsmeister Cor- 
nelius und meinen Haussa-Dolmetscher ganz bedeutende 
Geschenke. Zu meiner nicht geringen Ueberraschung 
kamen dieselben zurück, weil derselbe auf Grund an- 
geblicher Morgenscher Versprechungen viel mehr 
und insbesondere Wassen verlangte. 
Um die Expedition nicht weiter zu gefährden, 
sah ich mich in die Nothlage versetzt, über Gebühr 
dem Sultan Geschenke zu machen. 
Nun ist offiziell die alte Freundschaft wieder 
hergestellt und werde ich voraussichtlich am 6. Mai 
meinen Weg über Tibati fortsetzen können. 
Da ich mit dem Expeditionsmeister Cornelins 
absolut unzufrieden bin, sende ich ihn mit den 
Elminaträgern und dem Elsenbein, welches ich in 
Ngila geschenkt bekommen habe (10 Lasten, davon 
zwei Zähne über 50 Pfund, einer über 40 Pfund, 
fünf zwischen 20 und 30 Pfund, die anderen kleiner), 
auf dem von mir bisher eingeschlagenen Wege nach 
Yaunde und von da zur Küste zurück. 
Kontscha, 29. Juni 1893. 
Der Kaiserlichen Kolonialabtheilung bringe ich, 
anschließend an meine am 1. Mai l. Is. von San- 
serni Tibati abgegangene Meldung, über den Weiter- 
verlauf der Expedition Folgendes gehorsamst in 
Vorlage. 
Ehe ich den Fortgang der Expedition schildere, 
glaube ich in Kurzem die Verhältnisse in Sanserni 
Tibati klar legen zu müssen. 
In Sanuserni bestehen zwei Parteien, die der 
Fulahs und diejenige der alten Einwohner von 
Tibati, der Kapulas, letztere stamm= und sinnes- 
verwandt den Wutos. Ganz verschicden von den 
anderen Adamana-Reichen, welche ich bereiste, bilden 
hier die Fulahs nur gewissermaßen den Großadel; 
im niederen Volke giebt es fast keine Fulah, auch ist 
die Fulahsprache nicht die allgemein gebräuchliche. 
Alle Aemter, auch das des Galadima, sind in den 
Händen der Kapulas. Der König stützt sich mehr 
auf Lettere, denen er auch an Gesinnung näher
	        
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