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steht als den Fullahs. Tibati ist das richtige
Centrum des Sklavenhandels und Exportes für das
ganze nördliche Westafrika. — Uns hatte der König
den Kapulas übergeben, welche uns absichtlich von
den Fulahs fernhielten. Der König ist nun schon
vier Jahre in Sanserni im Kriege gegen die Man-
diongolos. Die Befestigung der feindlichen Stadt
Ngambe liegt von den letzten Hütten von Sanserni
höchstens 500 bis 600 Meter entfernt. Der Krieg
wird in echt afrikanischer Weise geführt; jebzt, nach-
dem ich auch die Mandiongolos kenne, glaube ich
nicht, daß es jemals einem Tibatimann gelingen
wird, Ngambé zu betreten.
Obgleich ich glaubte, dem Könige nunmehr ge-
nügend entgegengekommen zu sein, trat sein Verlangen
nach und nach immer mehr zu Tage. Zweimal stellte
er auch an mich das Ansinnen, ihn gegen die Man-
diongolos zu unterstützen, unter Hinweis darauf,
daß Hauptmann Morgen dem Ngilaking eben-
falls gegen Ngaundere II. geholsen hätte. Selbstver-
ständlich mußte ich ablehnen.
Ich theilte dem König meinen Entschluß, wegzu-
ziehen, mit und erhielt nach langer Verzögerung
endlich für den 14. Mai das Versprechen, daß er
mir Führer stellen werde.
Doch auch an diesem Tage wurde ich wieder
unter nichtigem Vorwande ausgehalten. Es war
mir eben schon lange klar, daß der habgierige König
und die Kapula-Chiefs die Expedition nicht passiren
lassen, sondern, wenn irgend möglich, alle Sachen
derselben in ihren Besitz bringen wollten. Da ich
nun wieder in meinen Hoffnungen getäuscht war,
erklärte ich dem Könige, unter allen Umständen, auch
ohne Führer am nächsten Tage weggehen zu wollen.
Da er mir die Passage nach Banyo und Tibati
verweigerte, erklärte ich offiziell zurückgehen zu wollen,
hatte jedoch nakürlich die Absicht, nach Banyo zu
marschiren.
Als ich am Morgen des 15. Mai ausstand, um
mich zur Abreise sertig zu machen, wurde mir ge-
meldet, daß in der verflossenen Nacht acht Lagos-
träger, welche in einem entfernteren Hause schliefen,
gefangen worden seien. Außerdem erhielt ich die
Nachricht, daß die Chiefs Leute vorausgesandt hatten,
welche uns im Busch überfallen sollten. Da ich
meine Leute nicht zuücklassen konnte, beschloß ich
vorerst zu bleiben. Ich setzte unser Lager in Ver-
theidigungszustand.
Als das feige Volk uns nun kampfbereit sah, ver-
legten sich König und Chiefs auf Unterhandlungen
und versprachen mir meine Leute zurück. Ich hielt
nun die Sache für beendet, nun wurde aber ein An-
schlag auf mich ausgeführt, so hinterlistig und feige,
wie ihn nur ein Schwarzer ersinnen kann. Im
Laufe des Tages wurden dreißig meiner Leute, dar-
unter meine sämmtlichen Dolmetscher, als sie auf
den Markt gehen wollten, einzeln von den Kapulas
in die Häuser gelockt und gefangen genommen und
somit war ich lahm gelegt.
Glücklicherweise gelang es meinem ersten Lagos-
headman und Haussa-Dolmetscher Musa, zu entkommen,
und nun setzte ich mich mit den Fulahs in Verbindung.
Durch ihre Vermittelung gelang es mir, im Verlauf
von einer Woche endlich alle meine Leute zurückzu-
bekommen. Nun hatte ich wieder Boden unter den
Füßen und konnte das Gehpalaver von Neuem be-
ginnen. Höchste Zeit war es, wollte ich überhaupt
noch weiter kommen, denn mit der Zeit war das
Leben in Sanserni so theuer geworden, daß ich be-
hauplen kann, während der ganzen Dauer der
Expedition nicht so viel verbraucht zu haben als in
den fünf Wochen meines Aufenthalts in Sanserni.
Diesmal schien Alles glatt gehen zu wollen und
der König sagte mir für den 27. Mai Führer zu
und sandte mir am 26. Mai abends drei mindere
Elfenbeinzähne und einen elenden Klepper, den ich
am nächsten Tage stehen ließ, als Abschiedsgeschenk
und ließ mich zu sich entbieten.
Mit dürren Worten eröffnete er mir, er wünsche
nicht, daß ich nach Ngaundere oder Banyo ziehe,
ich müsse wieder umkehren. Zugleich hatte er die
unglaubliche Unverschämtheit, mich um Patronen und
einen Teppich zu bitlen. Dies Verlangen schlug ich
selbstoerständlich ab. Im Uebrigen sogte ich zu
Allem Ja, denn mein Plau stand mir seit langer
Zeit fest. Das war mir schon nach wenigen Tagen
klar, daß das ganze Trachten des Königs und seiner
Berather darauf hinausging, sich aller Expeditions=
sachen zu bemächtigen, und daß es mir unmöglich
sein würde, auf geradem Wege aus diesem Räuber--
nest zu entkommen. Deshalb war ich schon längst
fest entschlossen, zu den Mandiongolos überzugehen.
Trotzdem das Unternehmen bei der Nähe der Be-
festigungen von Ngambe nicht so schwierig aussah,
war es doch immerhin eine gewagte Sache, und ich
fand auch anfangs bei den Wenigen, die ich ins
Vertrauen zog, Bedenken. Vor Allem war cs un-
möglich, ohne Alles zu verderben, sich mit den Man-
diongolos ins Einvernehmen zu setzen. Ein Hinüber-
laufen der Soldaten wäre ja leicht gewesen, aber der
Schritt durste doch nur dann Anspruch auf Erfolg
machen, wenn auch der letzte Knopf der Expedition
glücklich aus Sanserni herauskam. Ich mußte des-
halb geduldig den Zeilpunkt abwarten, an welchem
meine Leute mir mit vollem Vertrauen folgen würden,
und der war nun gekommen, denn unverproviantirt
den Weg nach Joko und Ngila zurückzumachen, konnte
wohl Niemand wünschen.
Ich war mir der Verantworklichkeit dieses Schrittes
vollkommen bewußt, aber es war besser, auf einmal
ein Ende zu machen, als uns auf diesem Wege lang-
sam abschlachten zu lassen, und darauf war es ab-
gesehen.
Am 27. Mai, morgens 5½ Uhr, als der Nebel
zu weichen begann, setzte ich mich mit der Tete der
Expedition in Marsch, in der Richtung auf den Busch,
welcher Sanserni vor der Südwestecke der Besesti=
gungen von Ngambe tremnt. Der erstaunt gaffenden