Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

Die Waffen bestehen aus Schild und Speer; 
Bogen und Pfeile habe ich nicht gesehen. Der runde 
Schild ist aus dickem Antilopenfell gearbeitet, über 
meierhoch und ebenso breit, dabei in der Mitte um- 
gebogen, so daß er drei Seiten des Körpers zugleich 
schützen kann. Die Speere sind die längsten, die ich 
je gesehen, über 3 Meter lang, sie haben keinen 
Schuh. Die Form des Eisens erinnert theils an die 
bei den Massai, theils an die bei den Watusi ge- 
bräuchliche Form. Beim Angriff wird der Speer 
weit vorn gefaßt und im letzten Augenblick geworfen, 
jedoch so, daß er durch die hohle Hand hindurch- 
gleitet bis zum Ende, wo er schnell wieder gefaßt 
und nach kurzem Nachstoß zurückgeschnellt wird, so 
daß er in seine ursprüngliche Lage zurücksliegt. 
Das Land fand ich bei den Wagaia, die selbst 
keinem Angriff ausgesezt sind, verhältnißmäßig gut 
angebaut, auch war das Rindvieh zahlreicher als bei 
den Waruri. 
Wenn ich mich jeßt nach oberflächlicher Dar- 
legung der Verhältnisse zur Hauptaufgabe, die ich 
meiner Expedition gestellt hatte, wende, ob nämlich 
die Anlage einer Station an der Ostküste rathsam 
sei, so wird es keinem Zweifel unterliegen, daß eine 
Station einerseits dem Lande selbst, andererseits dem 
deutschen Handel nutbringend sein würde. Dem 
Lande würde endlich der Friede gegeben werden 
können, den es mehr als irgend ein mir bekanntes 
Land nöthig hat. Andererseits würde es wohl mög- 
lich sein, von der Station aus Handelsbeziehungen 
mit Ussoga und dem im englischen Gebiet liegenden 
Kavirondo, von welchen beiden Ländern das Elfen- 
bein jetzt meist nach Mombassa herunterkommt, an- 
zuknüpfen. Auch im Hinterland unserer Küste ist 
noch Elfenbein, und sollen Elefanken am Maroa und 
Mgori keine Seltenheit sein. 
Mit diesem Nutzen, den die Station bringen 
würde, scheint mir indeß vorläufig bei den be- 
schränkten Geldmitteln in keinem Verhältniß zu stehen, 
was die Errichtung und erste Erhaltung der Station 
kosten würde. 
Die Station, die natürlich nur in der Nähe der 
englischen Grenze, also im Wagaialande, einen Zweck 
haben würde, müßte bei dem kriegerischen Sinn der 
Bevölkerung, Wagaia und im Hinterlande Massai, 
eine unverhältnißmäßig große Besatzung haben, so 
daß wenigstens siets 40 bis 50 Mann außerhalb 
verwendet werden können. Die Verpflegung der 
Besahung würde große Schwierigkeiten machen, da 
namentlich Vegetabilien, die doch schließlich die Haupt- 
nahrung des Negers bilden, in keiner Weise genügend 
vorhanden; und selbst das Vorhandene würde, we- 
nigstens einer Sudanesen= oder Suahelitruppe, schlecht 
behagen. Es müßte also fast der ganze Proviant 
aus Usukuma oder Ukerewe herangeschafft werden. 
Des Ferneren endlich würden sich die Wagaia wohl 
kaum zur Arbeitsleistung beim Stationsbau bereit 
finden lassen, sich auch wenig dazu eignen; es müßte 
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also die Station mit von außen herbeigeführten 
Arbeitern errichtet werden. 
Aus den angeführten Gründen lann ich der Er- 
richtung einer Station unter den jetzigen Verhältnissen 
nicht das Wort reden. Falls dieselbe jedoch trobdem 
gebaut werden sollte, so würde ich als geeigneten 
Plat dafür die Nordküste der sogenannten Kavirondo- 
bai vorschlagen, die nach den neuesten Karten südlich 
des 1. Grades, also noch im deutschen Gebiete liegt. 
Der südliche Theil der Bucht erscheint mir viel weniger 
günstig. Das Ufer ist hier auf der ganzen Strecke 
steinig, oder es sind ihm Schilffelder vorgelagert, in 
denen das Wasser stagnirt; dabei liegen die nächsten 
Hügel immer noch so weit zurück, daß, wenn man 
auf ihnen die Station errichten wollte, die Wasser- 
frage eine schwierige sein würde. Am nördlichen 
Ufer dagegen treten die Berge dicht an das Wasser 
heran, das hier völlig frei von Schilf und Schlamm 
ist; man kann also hier hohe Lage der Station mit 
Nähe des Wassers verbinden. 
Die Expedition ist im Allgemeinen friedlich ver- 
laufen; nur nölhigte mich das feindliche Verhalten 
der Unterthanen des Sultans Rufumbo, der gerade 
mit Kulinga im Krieg lag, von den Waffen Gebrauch 
zu machen. Es kam zu einem ziemlich harmlosen 
Scharmützel, an welchem auch eine Schar von 
Wagaiaräubern, die sich an der Grenze zwischen den 
beiden Gebieten in einem Felsennest festeleht hatten, 
theilnahmen. Im Anschluß hieran habe ich dies 
Raubnest, von dem aus weit und breit Furcht und 
Schrecken unter der Bevölkerung verbreitet, die 
Männer getödtet, Weiber und Kinder als Sklaven 
geraubt worden waren, aufgehoben. Die Ränber, 
die uns mit unglaublicher Tollkühnheit, nur mit 
Schild und Speer bewaffnet, auf offenem Felde an- 
griffen, wurden nach verzweifelter Gegenwehr fast 
vollständig aufgerieben, die Lebten jagten die Waruri 
zum Lande hinaus. Das Gerücht hiervon mag dazu 
beigetragen haben, daß es mir später auch bei den 
Wagaia, die sonst noch keine Expedition unangefochten 
gelassen haben, gelungen ist, friedliche Verhandlungen 
anzuknüpfen. Ich habe die Sultane der von mir 
besuchten Landschaften fast sämmtlich persönlich ge- 
sprochen und sie auf das Unsinnige des fortwähren- 
den Kriegführens untereinander aufmerksam gemacht. 
Einige, vor Allen Kulinga, sowie der Sultan von 
Uthiri und Mohurun, würden die Anlage einer Station 
mit Freuden begrüßen. Auch die Wagaia von Bugu 
zeigten sich schließlich friedlicher, als ich erwartet hatte, 
wenn sie auch die Anlage einer Station in ihrem 
Gebiete freiwillig nie zugeben würden. Auf meinem 
Nückmarsche hat auch Rufumbo versichert, daß er ein 
Freund der Deutschen werden und Frieden mit seinen 
Nachbarn halten wolle. Was allerdings auf alle 
solche Versicherungen der Neger zu geben ist, ist ja 
bekannt, immerhin ist es möglich, daß die Waruri 
wenigstens eingesehen haben, daß sie gegen den ge- 
meinsamen Feind, die Wagaia, zusammenhalten 
müssen.
	        
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