Die Waffen bestehen aus Schild und Speer;
Bogen und Pfeile habe ich nicht gesehen. Der runde
Schild ist aus dickem Antilopenfell gearbeitet, über
meierhoch und ebenso breit, dabei in der Mitte um-
gebogen, so daß er drei Seiten des Körpers zugleich
schützen kann. Die Speere sind die längsten, die ich
je gesehen, über 3 Meter lang, sie haben keinen
Schuh. Die Form des Eisens erinnert theils an die
bei den Massai, theils an die bei den Watusi ge-
bräuchliche Form. Beim Angriff wird der Speer
weit vorn gefaßt und im letzten Augenblick geworfen,
jedoch so, daß er durch die hohle Hand hindurch-
gleitet bis zum Ende, wo er schnell wieder gefaßt
und nach kurzem Nachstoß zurückgeschnellt wird, so
daß er in seine ursprüngliche Lage zurücksliegt.
Das Land fand ich bei den Wagaia, die selbst
keinem Angriff ausgesezt sind, verhältnißmäßig gut
angebaut, auch war das Rindvieh zahlreicher als bei
den Waruri.
Wenn ich mich jeßt nach oberflächlicher Dar-
legung der Verhältnisse zur Hauptaufgabe, die ich
meiner Expedition gestellt hatte, wende, ob nämlich
die Anlage einer Station an der Ostküste rathsam
sei, so wird es keinem Zweifel unterliegen, daß eine
Station einerseits dem Lande selbst, andererseits dem
deutschen Handel nutbringend sein würde. Dem
Lande würde endlich der Friede gegeben werden
können, den es mehr als irgend ein mir bekanntes
Land nöthig hat. Andererseits würde es wohl mög-
lich sein, von der Station aus Handelsbeziehungen
mit Ussoga und dem im englischen Gebiet liegenden
Kavirondo, von welchen beiden Ländern das Elfen-
bein jetzt meist nach Mombassa herunterkommt, an-
zuknüpfen. Auch im Hinterland unserer Küste ist
noch Elfenbein, und sollen Elefanken am Maroa und
Mgori keine Seltenheit sein.
Mit diesem Nutzen, den die Station bringen
würde, scheint mir indeß vorläufig bei den be-
schränkten Geldmitteln in keinem Verhältniß zu stehen,
was die Errichtung und erste Erhaltung der Station
kosten würde.
Die Station, die natürlich nur in der Nähe der
englischen Grenze, also im Wagaialande, einen Zweck
haben würde, müßte bei dem kriegerischen Sinn der
Bevölkerung, Wagaia und im Hinterlande Massai,
eine unverhältnißmäßig große Besatzung haben, so
daß wenigstens siets 40 bis 50 Mann außerhalb
verwendet werden können. Die Verpflegung der
Besahung würde große Schwierigkeiten machen, da
namentlich Vegetabilien, die doch schließlich die Haupt-
nahrung des Negers bilden, in keiner Weise genügend
vorhanden; und selbst das Vorhandene würde, we-
nigstens einer Sudanesen= oder Suahelitruppe, schlecht
behagen. Es müßte also fast der ganze Proviant
aus Usukuma oder Ukerewe herangeschafft werden.
Des Ferneren endlich würden sich die Wagaia wohl
kaum zur Arbeitsleistung beim Stationsbau bereit
finden lassen, sich auch wenig dazu eignen; es müßte
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also die Station mit von außen herbeigeführten
Arbeitern errichtet werden.
Aus den angeführten Gründen lann ich der Er-
richtung einer Station unter den jetzigen Verhältnissen
nicht das Wort reden. Falls dieselbe jedoch trobdem
gebaut werden sollte, so würde ich als geeigneten
Plat dafür die Nordküste der sogenannten Kavirondo-
bai vorschlagen, die nach den neuesten Karten südlich
des 1. Grades, also noch im deutschen Gebiete liegt.
Der südliche Theil der Bucht erscheint mir viel weniger
günstig. Das Ufer ist hier auf der ganzen Strecke
steinig, oder es sind ihm Schilffelder vorgelagert, in
denen das Wasser stagnirt; dabei liegen die nächsten
Hügel immer noch so weit zurück, daß, wenn man
auf ihnen die Station errichten wollte, die Wasser-
frage eine schwierige sein würde. Am nördlichen
Ufer dagegen treten die Berge dicht an das Wasser
heran, das hier völlig frei von Schilf und Schlamm
ist; man kann also hier hohe Lage der Station mit
Nähe des Wassers verbinden.
Die Expedition ist im Allgemeinen friedlich ver-
laufen; nur nölhigte mich das feindliche Verhalten
der Unterthanen des Sultans Rufumbo, der gerade
mit Kulinga im Krieg lag, von den Waffen Gebrauch
zu machen. Es kam zu einem ziemlich harmlosen
Scharmützel, an welchem auch eine Schar von
Wagaiaräubern, die sich an der Grenze zwischen den
beiden Gebieten in einem Felsennest festeleht hatten,
theilnahmen. Im Anschluß hieran habe ich dies
Raubnest, von dem aus weit und breit Furcht und
Schrecken unter der Bevölkerung verbreitet, die
Männer getödtet, Weiber und Kinder als Sklaven
geraubt worden waren, aufgehoben. Die Ränber,
die uns mit unglaublicher Tollkühnheit, nur mit
Schild und Speer bewaffnet, auf offenem Felde an-
griffen, wurden nach verzweifelter Gegenwehr fast
vollständig aufgerieben, die Lebten jagten die Waruri
zum Lande hinaus. Das Gerücht hiervon mag dazu
beigetragen haben, daß es mir später auch bei den
Wagaia, die sonst noch keine Expedition unangefochten
gelassen haben, gelungen ist, friedliche Verhandlungen
anzuknüpfen. Ich habe die Sultane der von mir
besuchten Landschaften fast sämmtlich persönlich ge-
sprochen und sie auf das Unsinnige des fortwähren-
den Kriegführens untereinander aufmerksam gemacht.
Einige, vor Allen Kulinga, sowie der Sultan von
Uthiri und Mohurun, würden die Anlage einer Station
mit Freuden begrüßen. Auch die Wagaia von Bugu
zeigten sich schließlich friedlicher, als ich erwartet hatte,
wenn sie auch die Anlage einer Station in ihrem
Gebiete freiwillig nie zugeben würden. Auf meinem
Nückmarsche hat auch Rufumbo versichert, daß er ein
Freund der Deutschen werden und Frieden mit seinen
Nachbarn halten wolle. Was allerdings auf alle
solche Versicherungen der Neger zu geben ist, ist ja
bekannt, immerhin ist es möglich, daß die Waruri
wenigstens eingesehen haben, daß sie gegen den ge-
meinsamen Feind, die Wagaia, zusammenhalten
müssen.