Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

Wenn ich nach dem oben Gesagten zur Anlage 
einer Handelsstation als zu kostspielig vorläufig nicht 
rathen kann, so würde es andererseits doch in unserem 
Interesse liegen, durch häufiger unternommene Expe- 
ditionen in diese Gebiete dem Umwesen der Wagaia- 
räuber zu steuern und einen friedlichen Zustand her- 
zustellen. 
Ich glaube, daß das Letztere möglich ist, auch 
wenn sich keine Station im Lande selbst befindet. 
Ueber Anbau und verwerthung des Suckerrohres am 
unteren Pangani 
wird aus Ostafrika Nachstehendes berichtet: 
Wenn man den Panganisluß im Ruderboot mit 
einsehender Fluth hinauffährt und dabei eine Fahrt 
von etwa 5 Seemeilen über den Grund macht 
(3½ Meilen für das Rudern und 1½ Meilen hier- 
bei für den Strom gerechnet), so passirt man eine 
Stunde lang niedrige, dem Seewasser noch aus- 
gesebte User, die mit dichtem Mangrovengebüsch be- 
standen sind. Dann kommen mit den näher heran- 
tretenden Hügelzügen Striche bebauten oder bebau- 
baren Landes (Buschiris Schamba 2c.) und nach einer 
weiteren halben Stunde erreicht man die erste Zucker- 
rohrplantage beim Orte Kolkof. Von hier aus reihen 
sich dann die Zuckerrohrplantagen auf beiden Seiten 
des Stromes mit wenigen Unterbrechungen eine an 
die andere bis zum Orte Chogwe, 5 Stunden oder 
25 Seemeilen oder 6¼ deutsche Meilen etwa ober- 
halb Pangani. Das Zuckerrohr steht nur in nächster 
Nähe des Ufers auf einem durchschnittlich 200 Meter 
breiten Streifen Landes, der dem Hochwasser (hier 
Süßwasser) des Flusses zugänglich ist. Man kann 
demnach sagen: Das bis jetzt mit Zuckerrohr bebante 
Land nimmt ein Areal ein von 200 TC 2 T16#1850 
Quadratmeter, wenn man die Entfernung von Kolkof 
bis Chogwe gleich 18 Scemeilen, 2 Seemeilen für 
Unterbrechungen durch Gehöfte, Gärten, Hügel- 
rücken 2c. und eine Seemeile gleich 1850 Meter an- 
nimmt. Die Murltiplikation ergiebt dann 11 840 000 
Quadratmeter oder 1184 Hektare. 
Diese 1184 Hektare gehören elwa 90 verschiedenen 
Leuten, meist Arabern, von denen zwei: der Sultan 
von Sausibar und der Araber Said Hamed, je 
zwei Zuckerrohrmühlen und 26 Andere je eine 
Mühle besitzen, so daß wir zusammen 30 Mühlen 
auf der Strecke von Kolkof bis Chogwe zählen, 
zwölf von diesen licgen auf der linken — der 
Pangani- — Uferseite, achtzehn auf der rechten — 
der Bueni= — Uferseite. Jede dieser Mühlen — 
aus drei Walzen bestehend, vermittelst Zahnrad- 
übertragung von 5 bis 6 Eseln oder 15 bis 18 
farbigen Arbeitern getrieben, in einem Fall von einer 
kleinen Dampfmaschine — kann täglich drei Kessel 
77 abgekochten Zuckerrohrsaftes (Syrup, Asali) 
iefern. 
521 
  
In diesen Zuckermühlen läuft das Rohr zwischen 
schweren eisernen Walzen zwei= bis dreimal durch. 
Das Naß träufelt in eine hölzerne Rinne, welche es 
in eine Grube oder Kessel führt. 
Aus den Kesseln wird der Saft, nachdem während 
des Kochens der Schaum und damit die gröberen 
Unreinigkeiten abgeschöpft worden sind, direkt in 
Blechbüchsen gefüllt und so nach Pangani und weiter 
versandt. Jeder Kessel füllt fünf solcher Büchsen 
à 51 lbs.; jede Mühle liefert also töglich 
35 T51 = 765 lbs. und alle 30 Mühlen 
30 X765 = 22 950 lbs. Asali täglich. Der Ge- 
schäftsgang auf den Zuckerrohrplantagen ist nun aber 
folgender: Einen Tag in der Woche wird Zuckerrohr 
geschnitten, zwei Tage wird Brennholz geschnitten, 
zwei Tage arbeitet die Mühle und zwei Tage haben 
die farbigen Arbeiter für ihre eigene Arbeit resp. 
Ruhe. Die Mühlen liefern demnach bei bestem Be- 
triebe wöchentlich 2 22 950 = 45000 oder rund 
46900 lbs. Im Laufe des Jahres arbeiten nun die 
Mühlen höchstens 40 Wochen und zwar in den 
Monaten September, Oklober, Febrnar, März mehr 
als in den anderen Monaten, die mehr zur Boden- 
arbeit benutzt werden. Wir erhalten somit von den 
30 Mühlen einen Jahresertrag von 40 X 46 000 
oder 1 840 000 lbs. Asali. · 
Diese Zahl würde für sich allein wenig verläß- 
lich sein, wenn sie nicht annähernd bestätigt würde 
durch das statistische Material des Hauptzollamts 
Pangani. Nach diesem betrug die Ausfuhr an Asali 
und Melasse im Jahre 1891 im Ganzen 1956 462 lbs., 
nämlich 
im Januar 28 331 lbs. 
Februaor 76 203 
März. 283740 
April 225 413 -- 
: Mai . 59 951 
* Juni 100 0O00 = 
Juli. 112 812 
* August 165 267 
* September 349 480 = 
Oktober 355 335- 
November 100 000 
Dezember 100 000 
Summe 1 956 482 lbs. 
Die Monate Juni, November und Dezember sind 
hier nur angenähert angegeben, da das statistische 
Material dorüber fehlt. Die Monate Januar und 
Februar erscheinen mit sehr niedrigen Zahlen, doch 
hatte dies eine nur für das Jahr 1891 geltende 
Ursache: die Uebernahme der Verwaltung durch das 
Reich im Januar 1891, der damit beginnende Zoll 
auf Imporle und deshalb die abwartende Stellung 
der Händler. Im Jahre 1898 betrug die Ausfuhr 
an Asali und Melasse im Januar 244 266 lbs. und 
im Februar 245 396 lbs. 
Man wird nicht weit fehl gehen, wenn man bei 
dem jetzigen Betriebe die Produltion der 30 Mühlen 
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