anzuschließen. Allmählich sehen auch manche Eltern
ein, wie glücklich unsere Kinder sind nach jeder Rich-
tung hin; daß sie, statt zu sterben, zusehends gedeihen;
daß ihre Wunden und Krankheiten bald heilen u. s. w.
Da übergeben sie uns ihre Söhne, damit wir sie
zum christlichen Leben erziehen möchten. Wir haben
jetzt nahezu hunderk dieser Kinder; die meisten waren
ohne Familie, ohne Stütze, dem Elend und dem Ver-
derben preisgegeben. Unsere Aufgabe ihnen gegen-
über ist eine ziemlich tröstliche und fruchtbringende;
denn bei ihnen stößt man nicht auf jene unerhörten
Schwierigkeiten, welche sich uns bei den Erwachsenen
hierselbst in Allem, was sich auf Religon und Er-
ziehung im Allgemeinen bezieht, entgegenstellen. Gänz=
lich gekrennt von den anderen Eingeborenen und ihren
Familien, stehen sie unter unserer vollen Botmäßig-
keit, die uns erlaubt, alle nöthigen Mittel zu ge-
brauchen, deren man bedarf, um sie in wahrhaft
christlicher Weise heranzubilden. Uebrigens fühlen
sich diese Kinder bei uns auch selbst ganz glücklich;
sie leben unter milden Regeln, die ihren Bedürfnissen
angemessen sind. Die Zeit ist eingetheilt zwischen
Religions= und sonstigem Unterricht, Handarbeiten
und Erholungen. Darum kennen unsere Kleinen auch
kaum die böse Langweile. Einige fühlten anfänglich
eine Art Heimweh und sehnten sich seufzend nach
dem Walde zurück; nach einigen Monaten ist aber
Alles überstanden, und sie sind dann gründlich ein-
gewöhnt. Bei mehreren genügt es, um ihr Betragen
zu bessern, daß man ihnen droht, man werde sie
wieder in ihre Wälder zurückschicken. Ueberhaupt
legen sie eine für Kanachen bemerkenswerthe Will-
fährigkeit an den Tag, sie, die bis dahin keine Zügel
kannten. Sie lernen rasch lesen, schreiben und singen;
besonders gerne aber wohnen sie dem chrsstlichen
Unterricht bei. Hierin besteht in Bezug auf diese
Kinder unser Trost für die Gegenwart und unsere
Hoffnung für die Zukunft. Wir freuen uns selber
recht innig, wenn wir sie sich vorbereiten sehen auf
die heilige Taufe und ihre erste heilige Kommunion.
Das sind dann auch für uns schöne Feste, welche
uns das Leben versüßen und uns inmitten der Ent-
behrungen und Schwierigkeiten aller Art, in denen
wir leben müssen, mit neuem Muthe erfüllen.
Auf der Station werden auch Familienfeste ge-
feiert. Ueber den Namenstag des Direktors wird
heschrieben:
Lange vorher hatten sie sich darauf vorbereitet
und, eine Abwesenheit des Paters benutend, ihr
Haus mit Blumen, Zweigen und Standarten ge-
schmückt, ganz nach ihrem Geschmack. Am Morgen
des Tages kündele ein Minialur-Kleingewehrseuer das
Fest des heiligen Philibert an: ta Philiberto
atakocoo. Dann trat einer unter ihnen vor, um in
bilderreicher Sprache die Gefühle der Dankbarkeit
und die Wünsche der braven Truppe zum Ausdruck
zu bringen. Ihm zur Seite stellte sich ein reizender
Pag#e dar, mit Goldverbrämungen auf allen Nähten,
und übergab einen Blumenstrauß; ein dritter als
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himmlischer Sendbote gekleidet, reichte auf einer
Silberplatte Papierrollen dar, auf welche unsere
„Litteraten“ ihre eigenen stillen Wünsche geschrieben
atten. . . .«
Der Pater Direltor war nicht wenig überrascht
über diese kindlichen offenherzigen Worte all dieser
theuren Kleinen. Einer bat ihn, er möge ihm so
gut sein wie bisher. Ein anderer flehte ihn an, er
möge ihn in den Wald schicken, um — für sein Fest
eine große Fledermaus zu tödten; derselbe wünschte
ihm auch, daß er noch tausend und abermals tausend
Jahre leben möge.
Schön sind die Worte, mit denen die getauften
Heidenkinder ihrem Lehrer danken: „Wir lebten wie
wilde Thiere, Du hast uns umgewandelt; Du gabst
uns ein Herz und unserer Seele das Leben.“
Aus fremden Kolonien.
Der deutsche Pandel in Madagaskar.
Wie die belgische Zeilschrift „Le Mouvement
géographique“ mittheilt, hat der Generalresident
von Frankreich in Tananarivo jüngst die Aufmerk-
samkeit seiner Landsleute auf die Entwickelung des
deutschen Handels in Madagaskar hingelenkt. Be-
sonders eine Hamburger Firma — vermuthlich W.
O'Swald & Co. — sei, wie der Generalresident
hervorhebt, in der glücklichen Lage, ihre Handels-
beziehungen von Tag zu Tag weiter ausdehnen zu
können und besonders die Produltenausfuhr aus der
großen Insel immer mehr au sich zu ziehen. Wäh-
rend eines Jahres habe sie den Handel mit Kaut-
schuk, aus den neuentdeckten Kautschukwäldern im
Südwesten der Insel, fast ganz monopolisirt und
hierdurch einen reichen Gewinn erzielt. Es sei dies
auf den Umstand zurückzuführen, daß die vorerwähnte
Firma don vornherein die Bedeutung dieses Pro-
dukles für den Welthandel erkannt und den aus-
gesprengten Gerlüchten über den geringen Werth
dieser Waare keinen Glauben geschenkt habe
Die italienische Rolonie Massaua. «
Wie der „Corriero di Napoli“ meldet, hat
sich der bekannte italienische Kolonialpolitiker Baron
Franchetti am 25.Oktober d. Is. im Hafen von Neapel
auf dem Dampfer „Po“ nach der Kolonie Massaua
eingeschifft, um neun italienische Bauernfamilien, im
Ganzen 60 Seelen umfassend, als Ansiedler nach
Godofelassi zu geleiten.
Eine jede Familie, von denen sieben aus der
Lombardei und zwei aus Sizilien stammen sollen,
erhält nach dem „Corriere“ 20 Hektar Ackerboden.
Die Regierung trägt die entstehenden Reisekosten und
liefert den Ansiedlern die nöthigen Sämereien, sowie
auch den Lebensunterhalt während des ersten Jahres.