Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

Neichskommissar Or. Peters theilte mir mit, daß 
sie einen noch nördlicheren Ursprung habe und von 
Abessinien ausgegangen sei. In der von mir durch- 
gesehenen Litteratur findet sich aber nichts, daß sie 
in jüngster Zeit in diesem Lande oder bei den So- 
malis aufgetreten ist; früher, 1844, hat in Aegypten 
und Abessinien die echte Rinderpest geherrscht. Als 
Erster berichtet der Schotte Thomson von der Sa- 
doka, der sie 1883/84 auf seiner Reise zum Ba- 
ringosee angetroffen hat. Sie verheerte damals 
Dondole, den Grenzdistrikt zwischen den Hochplateaus 
von Kinangop und Leckipia, Leckipia selbst und die 
Angata Bus. Die tiefer gelegenen und die west- 
licheren Gebiele waren damals noch frei; wenigstens 
spricht der zu gleicher Zeit mit Thomson reisende 
Dr. Fischer von großen Vieh= und Wildherden, 
die er in diesen Gegenden angetroffen hat, und thut 
der Seuche keine Erwähnung. Schon ein halbes 
Jahr später aber war die Seuche auch in die tiefer 
gelegenen Gebiete herabgestiegen, da ihr Thomson 
auf seiner Rückreise am Nordende des El-Meteita- 
sees, in Naiwaseha und Miansini begegnete. Frei 
waren damals noch das spätere Deutsch-Massailand, 
die Gegenden um den Djallasee, Taweta und die 
Gebiete am Kilimandjaro. 1887 trafen v. Höhnel 
und Graf Teleki sie unter den Rindern am oberen 
Pangani, in der Angata Leugulenga und dem ganzen 
Gebiete, das nördlich von Kimangelia bis zur Kikuju- 
grenze geht. Frei von der Seuche sanden sie die flache 
Landschaft zwischen dem Kilimandjaro und dem 
Meruberg, die Gegenden am Engata, am Darjama, 
am Doenje Erok, sowie die Landschaft Kapotéi. 
Auch am Kilimandjaro, in Taweta und in Ugueno 
begegnete Dr. Hans Meyer damals nur gesundem 
Vieh. Weiter nördlich waren nach v. Höhnel frei: 
Kikuju, Ndoro, Subugo, der Njiroberg, das Süd- 
ende, die Ost= und Nordseile des Rudolphsees, das 
Land der Turkang und Samburn (die Gegend östlich 
vom Stephaniesee). Dagegen herrschte die Seuche 
im Lande der Sak, die den Turkana benachbart, so 
stark, daß ein Theil dieses Volkes, durch den gänz- 
lichen Verlust seines Viehes gezwungen, ansässig ge- 
worden war und sich dem Ackerbau zugewandt hatte. 
Auf ihrem Rückwege konnten Teleki und 
v. Höhnel 1888 bereits wieder gesundes Vieh in 
Gegenden erhalten, in denen auf ihrem Hinwege 
Alles verseucht gewesen war. Aus anderen Land- 
strichen erwähnt v. Höhnel, daß er bei den Wa- 
kamba einen schönen noch gesunden Rinderschlag ge- 
trossen hätte und daß in Zaowi und Kikumbulin das 
Vieh gesund gewesen sei. 
In den nördlichen Massaigebieten muß sich ver- 
hältnißmäßig schnell wieder der Biehstand gehoben 
haben, da Dr. Peters auf seiner „deutschen Emin 
Pascha-Expedition“ dort überall wieder reiche Vieh- 
herden traf. Da dies nach den Gewohnheiten der 
Massai sich so erklärt, daß sie in immer neue, bisher 
von der Seuche noch verschont gebliebene Gegenden 
einbrachen und dort Vieh raubten, so erklärt sich 
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auch leicht, wie es kommt, daß die Seuche so schnell 
an Ausbreitung gewonnen hat, sobald sie unter die 
Herden der Massai gekommen war. Diese führen 
nämlich auf allen Raubzügen einen Theil ihrer Vieh- 
herden zur Nahrung mit sich, da die Krieger nur 
und ausschließlich von Rindfleisch leben. Im Jahre 
1888 waren die Ufer des Victoriasees, Uniamwecsi, 
Ugogo, Mpwapwa und die Gegenden von dort zur 
Küste nach Pater Schynse noch frei. 
Dagegen drang die Seuche in den nächsten Jahren 
rasch nach Süden vor. Im Herbst 1890 herrschte 
sie nach persönlich von mir an der Küste eingezogenen 
Erkundigungen bereits in den wildreichen Gebieten 
am Fuße des Kilimandjaro. 1891 begegnete ihr 
Wissmann auf seinem Zuge gegen die Massei bei 
den Herden der zwischen Jipesee und Uguene strei- 
fenden Massai. Frei waren nach Kallenberg dagegen 
damals noch Pare, Usegua, Ugneno, Taweta, Kahe 
und die Dschaggastaaten. Doch drang sie noch im 
gleichen Jahre nach der Küste vor und richtete 
hier in den Missionen und Stationen großen Schaden 
an; so verlor die Mission in Bagamoyo ihre ganze 
Herde und auch die Stationsherde in Dar-es-Saläm 
fiel ihr nach einer mündlichen Mittheilung des Chefs 
v. Elpons zum Opfer. 
Gleichzeitig schritt die Pest auch nach Westen 
weiter an die Ufer des Victoriasees und wüthete 
hier im Juli 1891 unter den prächtigen Herden 
der Baziba. Uganda war noch frei. Dagegen 
scheint sie im Sudan und von dort nach Westen hin 
sich verbreilet zu haben, wenn sich auch aus dem 
Bericht nicht ersehen läßt, welcher Natur die dort 
herrschende Seuche gewesen ist. Treille, der Vor- 
sitzende des obersten Gesundheitsrathes für die fran- 
zösischen Kolonien, führt nämlich eine gelbfieberartige 
Krankheit unter den Truppen am Senegal darauf 
zurück, daß das Trinkwasser, das den Flußläufen 
entnommen wurde, durch die in diese massenhaft hin- 
eingelangten Ninderkadaver verseucht worden wäre. 
Die Kadaver entstammten einer ansleckenden Seuche, 
die Ausgang 1891 im französischen Sudan herrschte 
und das Rindvieh in dem nordöstlich von Nioro 
gegen Timbuktu ansteigenden Lande dezimirte. Auch 
aus dem Hinterlande von Togo wird zu gleicher 
Zeit von einer großen Seuche unter dem Vieh durch 
Hauptmann Kling berichtet, der infolge der dadurch 
hervorgerufenen Verluste den Preis für Rinder in 
Salaga bis auf 40 bis 60 Mark gestiegen fand. 
1892 traf Baumann die Sadoka überall in 
Deutsch-Massailand: bei den Mutiek-, den Serengeti-, 
den Ssogonoimassai, in Simangori und Balanga. 
Vom Victoriasee her wurde sie nach Mpwapwa und 
Ugogo verschleppt und von dort noch weiterhin nach 
dem Süden. Ferner dringt sie in die Kilimandjaro- 
gebiete und nach Uganda ein. 
Zur Zeit herrscht sie nach Zeitungsnachrichten und 
mündlichen Mittheilungen noch immer im Ventschen 
Massaigebiet, an den Ufern des Nyansa, des Tan- 
hanhibn, in Konde und Uhehef sie soll 4) 
 
	        
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