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konnte. Als Lieutenant Prince am 14. Dezember
v. Is. zur Ablösung des Dr. Schwesinger in
Tabora eintraf, war die Lage der Station eine
äußerst bedrohliche geworden. Sikke hatte alle
Karawanenstraßen gesperrt, vier Karawanen ab-
gefangen, eine zum größten Theile ausgeplündert und
zweimal die Postboten getödtet. Der Handel stockte
gänzlich, ganz Unianjembe befand sich in hellem Auf-
ruhr und jeden Tag war ein Angriff auf die
Station zu erwarten. Ein großer Theil der arabischen
Händler nahm jetzt offen für Sikke Partei, die
Kwihivg-Araber durchzogen mit ihrem Anhang die
Stadt und suchten die Bevölkerung gegen die Deut-
schen aufzuwiegeln; die Verproviantirung der Station
wurde von Tag zu Tag schwieriger und die Lage
unerlräglich. Jetzt entschloß sich Lieutenant Prince
zur Offensive und dazu, Sikke in seiner befestigten
Tembe selbst anzugreifen. Nach 21 stündiger Be-
lagerung wurde das stark befestigte Dorf Sikkes
erstürmt und gänzlich zerstert. Sikke selber hatte
sich mit seinen Frauen und seinen Schätzen durch
Anzündung seines Pulvermagazins in die Luft ge-
sprengt (vergl. Bericht des Lieutenants Prince
D. K.-B. IV Nr. 8 S. 198).
Durch diese kühne Waffenthat haben sich die
politischen Verhältnisse in Tabora mit einem Schlage
zu unseren Gunsten gewendet. Die arabischen Händ-
ler, welche früher theils offen, theils im Geheimen
den unbotmäßigen Wanyamwesi-Häuptling unterstützt
hatten, unterwarfen sich freiwillig, und ihnen wurde
zur Strafe eine Abgabe von 25 Frasila Elfenbein
(I Fras. = 34 Pfd.) auferlegt. Fast alle kleineren
Häuptlinge aus Unyamwesi schickten Gesandtschaften
zur Station, um ihre Unterwerfung anzuzeigen, die
Karawanenstraßen sind wieder dem Verkehr geöffnet
und der Friede in diesem Theil des Schutzgebietes
jedenfalls auf lange Zeit hinaus gesichert.
Viktoria-Nyansa.
Am Viktoria-Nyansa haben sich die politischen
Verhältnisse im letzten Jahre wenig geändert. Nach-
dem der frühere Stationschef von Bukoba Kompagnie=
führer Herrmann im Oktober v. Is. die Wasiba,
einen Volksstamm im Westen des Sees, welcher sich
vielfache Uebergriffe gegen die katholische Mission
hatte zu Schulden kommen lassen, bestraft hat, ist
der Friede im Allgemeinen aufrecht erhalten worden.
Die Hauptstation am Viktoria-See ist nach einem
im Mai d. Is. hier eingelaufenen Berichte von
Bukoba nach Mwansa verlegt worden. An Stelle
des Kompagnieführers Herrmann, welcher einen
wohlverdienten Urlaub nach Europa angetreten hat,
ist im Januar d. Is. der Kompagnieführer Lang-
held wieder nach dem Viktoria-See zur Uebernahme
der Station Mwansa entsandt worden; ihm ist
zugleich auch die Leitung der Unternehmungen der
Antisklaverei-Gesellschaft am Viktoria-See übertragen
worden. Die weitere Ausdehnung des deutschen Ein-
flusses nach dem Tanganyika-See ist angebahnt.
5
Das Kilimandf arogebiet.
Nach dem unglücklichen Gefecht gegen den Häupt-
ling Meli von Moschi, den Sohn und Nachfolger
des deutsch-freundlichen Mandara, und dem Tode
des derzeitigen Stationschefs Freiherrn v. Bülow
waren durch eine größere Truppenmacht unter dem
Befehl des Oberführers v. Manteuffel im Kilima-
ndiarogebiet insoweit wieder friedliche Verhältnisse
hergestellt worden, als die Moschileute, durch eine
Dinreichende Besatzung der in Marangu am Kilima-
ndjaro angelegten Station in Schach gehalten, sich
weiterer Feindseligkeiten gegen die deutschen Stationen
und Uebergriffe gegen die dem deutschen Schutz unter-
stellten Völkerschaften enthielten. Durch die um-
sichtige und erfolgreiche Geschäftsführung des Kom-
pagnieführers Johannes wurden diese Verhältnisse
während eines ganzen Jahres aufrecht erhalten, bis
es dem Kaiserlichen Gouverneur möglich war, eine
genügend starke Truppenmacht zusammenzuziehen,
um mit sicherer Aussicht auf Erfolg eine Straf-
expedition gegen den unbotmäßigen Häuptling Meli
zu unternehmen. Mitte Juli d. Is. brach der Gou-
verneur Freiherr v. Schele mit einem Expeditions-
korps von drei Kompagnien nach dem Kilimandjaro
auf und langte, nachdem die Truppe noch durch alle
verfügbaren Mannschaften aus den berührten Stationen.
Masinde und Kisuani verstärkt war, Anfang August
in der Marangu-Station am Südostabhange des
Kilimandjaro an. Am 11. August trat das Ex-
peditionskorps in Stärke von fünf Kompagnien mit
23 Europäern und 566 farbigen Soldaten unter
persönlicher Führung des Freiherrn v. Schele den
Marsch auf Moschi an. Nach mehrstündigem Gefecht
wurde die Boma Melis eingenommen und die
Moschileute unter erheblichen Veilusten aus ihrer
befestigten Stellung vertrieben. — Vergl. D. K.-B.
Nr. 19 S. 449. — Leber die jetzige politische Lage
am Kilimandjaro berichtet der Kaiserliche Gouver-
neur aus Moschi unter dem 21. August d. Is., daß
die seit dem unglücklichen Gefecht des Kampagnie-
führers v. Bülow im Aufstande befindlichen Häupt-
linge von Moschi, Kilema und Kirna (Meli,
Fumba und Kitongati) sich vollständig unter-
worfen und die ihnen von dem Sieger gestellten
Friedensbedingungen angenommen haben. Auch in
diesem Gebiet kann der Friede jetzt als gesichert
gelten.
Grenzregulirung am Kilimandjaro.
Zur Festlegung der deutsch-englischen Grenze
zwischen dem Kilimandjaro und der ostafrikanischen
Küste war im vergangenen Jahre eine gemischte
Kommission eingesetzt worden. Die Verhandlungen,
welche von dem Kaiserlichen Kommissar Dr. Peters
und dem Konsul Steward Smith zunächst an Ort
und Stelle, sokann unter Mitwirkung der Kolonial=
Abtheilung in Berlin geführt worden sind, haben
im Juli d. Is. ihren Abschluß gefunden und zu einem
Abkommen mit der Königlich Großbritannischen Re-