Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

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Zoll auf 10 Prozent erhöht werden. Neu auf- 
genommen in den Ausfuhrzolltarif ist Syrup und 
Melasse mit einem Zollsatz von 5 Prozent. Da- 
gegen ist auf Anregung des Kolonialraths eine Zoll- 
herabsetzung auf Erdnüsse und Sesam von 13½ Pro- 
zent auf 2 Prozent beschlossen worden. 
Der neue Tarif der Einfuhrzölle weist zum Theil 
nicht unerhebliche Erhöhungen der Zollsätze auf, 
welche in erster Linie den Ausfall an Schifffahrts- 
abgaben decken sollen. Unverarbeitete Baumwoll= 
zeuge und Perlen werden in erster Reihe als die- 
jenigen Waaren erachtet, welche am ehesten die 
Erhöhung des biöherigen Zollsatzes von 6½ Prozent 
auf 10 Prozent vertragen können. Zur Begrün- 
dung dieser Annahme verweist die Zollverwaltung 
auf die bei dem Weiterverkauf der Stoffe erkennbare 
rapide Werthsteigerung. Mit der Entfernung von 
der Küste stiegen die Preise dieser Waaren durch die 
Zwischenhändler zu einer Höhe, welche mit den 
Transportkosten in keinem Verhältniß steht, woraus 
zu folgern ist, daß derartige Stoffe die beschlossene 
Zollerhöhung wohl tragen können. 
Eine Erhöhung der Zollsätze für Petroleum, 
Tabak, Cigarren, Bier und Wein auf 10 Prozent, 
Schaumwein auf 15 Prozent rechtfertigt sich dadurch, 
daß einerseits die Preise dieser Waaren an der 
deutsch-ostafrikanischen Küste gegenüber den in an- 
deren Kolonien herrschenden Preisen als niedrig zu 
bezeichnen sind, andererseits aber dadurch, daß durch 
eine nicht unwesentliche Mehreinnahmen versprechende 
Erhöhung des Zolles die Preise selbst nur in ge- 
ringem Maße vertheuert werden würden. 
Von entscheidendem Einfluß bei der Erhöhung 
des Zolltarifs war für die Kaiserliche Regierung, 
abgesehen von der Nothwendigkeit, den durch Auf- 
hebung der Schifffahrtsgebühren entstandenen Ein- 
nahmeausfall anderweitig zu decken, namentlich auch 
die Erwägung, daß bei den erheblichen Aufwendungen, 
welche im letzten Jahre zur Sicherung der Handels- 
und Verkehrswege im Innern gemacht worden sind, 
die Kolonie auch in höherem Maße als bisher zur 
Tragung der Verwaltungskosten herangezogen werden 
müsse, insofern dadurch eine Störung der wirth- 
schaftlichen Entwickelung des Schutzgebietes nicht zu 
besorgen stand. Nach der im Kolonialrath statt- 
gefundenen sehr eingehenden Berathung und nach 
Anhörung der betheiligten Geschäftskreise in der 
Heimath und in Afrika muß jedoch angenommen 
werden, daß mit der gegenwärtigen Erhöhung des 
Zolltarifs die Grenze der Leistungsfähigkeit der 
Kolonie auf lange Zeit hinaus erreicht ist. 
Um den an der ostafrikanischen Küste durch deren 
große räumliche Ausdehnung begünstigten, in erheb- 
lichem Maße betriebenen Waarenschmuggel in wirk- 
samer Weise zu bekämpfen und gleichzeitig den be- 
sonders in dem schwach besetzten südlichen Theil der 
Küste noch immer vereinzelt vorkommenden Sklaven- 
schmuggel wirksamer zu verhindern, hat die Kaiser- 
liche Regierung auf deutschen Werften zwei Zoll- 
  
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kreuzer erbauen lassen, welche ihrer Fertigstellung noch 
in diesem Jahre entgegensehen und voraussichtlich im 
Dezember d. Is. und Januar u. Is. zur Ver- 
schiffung gelangen werden. Eine hierdurch ermög- 
lichte schärfere Zollkontrole wird, wie zu erhoffen ist, 
zur Vermehrung der Zolleinnahmen beitragen und 
durch eine bessere Ueberwachung der Küste den 
Sklavenhandel gänzlich lahm legen. Die Zolleingänge 
betrugen im Jahre 1892 Rp. 776 377.3.1 gegen 
Rp. 786 722.13.1 im Vorjahre. 
Missionsgesellschaften und Schulwesen. 
Ueber die Thätigkeit der Missionsgefellschaften in 
Deutsch-Ostafrika ist im amtlichen Deutschen Kolonial- 
blatt fortlaufend berichtet worden und kann auf diese 
ausführlichen Mittheilungen verwiesen werden. Es 
sei hier nur im Allgemeinen erwähnt, daß auch im 
vorliegenden Jahr in der Missionsarbeit ein erfreu- 
licher Fortschritt zu verzeichnen ist. 
Es wurden in diesem Jahre fünf neue Missions- 
stationen in Deutsch-Ostafrika errichtet und zwar von 
der Berliner Mission eine zweite Station im Nyassa- 
lande am Kiedjoberge, von der evangelischen Missions- 
gesellschaft für Deutsch-Ostafrika die Stationen Mtili 
in Usambara und Hoffnungshöhe bei Kißwawe in 
Usaramo. Von der katholischen Missionsgesellschaft 
du St. Esprit et du Sacré Coeur de Marie ist 
eine neue Niederlassung in Madessa unweit der 
älteren Missionsstation Mandora und von der 
Algerischen Mission eine solche am Westufer des 
Victoria = Sees in der Nähe von Bukoba gegründet 
worden. Die Leipyziger Missionsgesellschaft hat die 
Kilimandjarostation der Church Missonary Societ) 
übernommen und wird demnächst in ihrem neuen 
Wirkungsfelde in Thätigkeit treten. 
Die Kaiserliche Regierung hat es sich auch im 
verflossenen Jahre angelegen sein lassen, die Missions= 
gesellschaften in ihrem segensreichen Wirken unter 
den heidnischen Eingeborenen des Schutzgebiets, nach 
Maßgabe der Verhältnisse, mit allen ihr zur Ver- 
fügung stehenden Mitteln zu schützen und zu fördern, 
da in der immer weiter fortschreitenden Christiani- 
sirung und Civilisirung der Negerstämme die sicherste 
Gewähr für die Aufrechterhaltung des Friedeus und 
die allmähliche kulturelle Entwickelung des Schutz- 
gebietes gegeben ist. Eine materielle Unterstützung 
haben die im Schutzgebiet ansässigen christlichen 
Missionsgesellschaften auch durch eine ihnen gewährte 
Zollermäßigung für die von ihnen zu Missions- 
zwecken eingeführten Gegenstände im Betrage von 
1200 Mk. jährlich erfahren. Die zu Kultuszwecken 
bestimmten Gegenstände sind völlig zollfrei. 
Außerdem hat in dankenswerther Weise die 
Königlich preußische Regierung auf die gegebene 
Befürwortung es zugelassen, daß den Pallotinern, 
den Weißen Vätern und der Gesellschaft vom Heiligen 
Marlin Niederlassungen in Preußen gestattet wurden, 
durch welche einheimische Jünglinge zu Missionaren 
für die deutschen Schutzgebiete herangebildet werden
	        
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