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Nachrichten aus den deutschen Schuhgebieken.
Deutsch-Dstafrika.
Die letzten Tagebuchblätter Emin paschas.
Der deutschen Regierung sind aus Brüssel zwei
Tagebuchblätter Emin Paschas zugegangen, welche
der Kommandant Ponthier in Kibonge aufgefunden
hat. Durch einen Zufall scheinen dieselben der Ver-
nichtung entgangen zu sein, da berichtet wird, daß
die Araber nach Emins Ermordung alle Papiere
und Sammlungen, die derselbe mit sich führte, ins
Wasser geworfen hätten. Die Blätter enthalten
Aufzeichnungen in englischer Sprache, die von Januar
bis Mitte März 1892 reichen und größtentheils
naturwissenschaftlichen Inhalts sind. Jannar und
Februar, von denen der erstere Monat viele Krank-
heiten unter den Leuten des Paschas gebracht zu
haben scheint, hielt sich derselbe in Ndussuma auf.
Es heißt dann: ,
Am 8. März nahmen wir Abschied von Ndussuma
und marschirten südwestlich durch ausgedehnte Sa-
vannen, deren Graswuchs theilweise niedergebrannt
war. Zahlreiche kleine Finken besuchten die offenen
Stellen, wo sie leicht Samenfutter fanden, aber keine
Vögel von Interesse wurden beobachket, bis wir die
ausgedehnten Bananenhaine bei den Hütten von
Bumanye erreichten, woselbst wir einen Tag zubrachten.
(Hier folgen einige naturwissenschaftliche Auszeich-
nungen.) Der Weg von Bumanya zum Ituri geht
durch sehr große Bananenhaine, die voneinander
durch Strecken von Savannenland oder durch Süß-
kartoffel= und Maisfelder getrennt sind. Das Ge-
lände steigt allmählich nach dem Flusse zu ab, und
etwa vier Stunden, ehe man diesen erreicht, beginnt
der Urwald. Nur ein schmaler Pfad führt durch
dies Labyrinth von verschlungenem Unterholz und
niedrigem Gestrüpp, das von den breiten Kronen
ragender Baumriesen mit ewigem Schatten bedeckt
wird. Man muß genau Acht geben, daß man den
Pfad nicht verläßt, da an beiden Seiten Elefanten-
fallen angebracht sind, schwere Holzbäume, unten mit
großen Lanzenspitzen versehen, die an dünnen Leinen
aufgehängt sind. Einige Tage bevor wir diesen
Plat erreichten, war ein Manyema durch den Fall
eines solchen Baumes an den Boden genagelt und
augenblicklich getödtet worden. Endlich am 12. März
setzten wir auf zwei Eingeborenen-Kähnen über den
Ituri und betraten die Manyema-Station Irumu,
gewöhnlich nach ihrem Häuptling Ismaili genannt,
ein Name, aus dem die Eingeborenen Njali gemacht
haben. Da es einige Zeit währen sollte, bis wir
wieder aufbrachen, so hatte sich Jeder nach einer
Wohnung umzusehen, und zwei Tage verstrichen, ehe
ich daran denken konnte, mich an die Arbeit zu
machen. Hülfe beim Sammeln wurde mir von den
Leuten der Station und den Eingeborenen versprochen,
doch kann ich mich nicht erinnern, irgend welche
wirksame Unlerstühung erhalten zu haben.
Irumu, auf 29° 50“ östlicher Länge und 1° 22“
nördlicher Breite, liegt am rechten Ituriufer in einer
kleinen Lichtung des Urwaldes, der von hier ohne
Unterbrechung bis zum Kongo hinabreicht. Ein
Komplex von Häusern mit Lehmwänden, die mit
breiten Blättern gedeckt sind, weil sich Gras nicht
leicht beschaffen läßt; große Blattzäune, die geräumige
Höse umschließen, zwischen den Häusern enge, schmutzige
Gassen; weiter nach dem Flusse zu, dessen Ufer hoch
und abschüssig ist, ein offener Platz, auf dem sich die
Einwohner versammeln; ringsherum Reisfelder, die
gerade jetzt in die Reife treten, und dahinter der
majestätische dunkle Wald — das ist die Residenz
Jmailis.
Der Rest der Tagebuchblätter enthält Aufzeich-
nungen, die lediglich wissenschaftliches Interesse
haben. «
EinemBevichtedezikaijcplichcaGouverneuvgiiiv
Deutsch-Ostafrika über eine Inspektionsreise desselben
nach dem südlichen Theile des Schutzgebietes
entnehmen wir Folgendes:
Bei dieser Gelegenheit sind die Plätze für die
noch zu erbauenden Leuchtthürme in Süd-Fanjowe
und auf der Nordspibe von Mafia ausgesucht und
die europäischen Bauleiter mit den nöthigen ein-
geborenen Handwerkern und Werkzeugen dortselbst
installirt worden. Der Bau der Thürme kann vor-
aussichtlich in fünf Monaten beendet sein.
Von dort habe ich den Bezirk Mohoro bereist,
woselbst demnächst eine neue Zollstation und eine
Post= und Telegraphenstation errichtet wird. Schon
durch Berichte des Bezirksamtmannes von Kilva auf
die große Fruchtbarkeit und für hiesige Verhältnisse
ziemlich hohe Kultur der dortigen Gegend aufmerksam
gemacht, war es mir von hohem Interesse, persönlich
diese Gegend kennen zu lernen. Das Land vom
Rufidjifluß bis zum Mohorofluß und namentlich
südlich dieses bis halbwegs zur Landschaft Samanga
ist ein außerordentlich fruchtbarer Anschwemmungs-
boden, in welchem Reis und Baumwolle in vorzüg-
lichster Weise gedeihen. Das Land ist ganz eben,
sast ohne Baumwuchs, zum geringsten Theile bebaut.
Wenn man bedenkt, daß bei diesem geringen Anban
von der Reisausfuhr des Distrikts Kilwa, welche sich
etwa auf jährlich 150 000 Centner Reis beläuft, der
größere Theil auf dieses kleine Gebict und sein Hin-
terland entfällt, so liegt der Gedanke nahe, ob nicht
hier für größere Kulturen von Europäern ein geeig-
netes Feld wäre. Das Land ist für den Ackerbau
mit Maschinenbetrieb vermöge seiner absoluten Ebene,
Steinarmuth und des geringen Baumwuchses wie ge-
schaffen, der Absatz sehr günstig, da Dhaus den
Mohorofluß hinaufgehen, der Landtransport der
Produkte sich daher auf wenige Kilometer erstrecken