Todte wird in ein enganliegendes, die Körperformen
zeigendes Tuch eingenäht und auf einen Holzstoß
gelegt, der 2 Meter lang, 1 Meter breit und 1 Meler
tief ist. Nachdem man Feuer angelegt, setzen sich
die Leidtragenden — Frauen habe ich nie dabei ge-
sehen — um den Todten, indem von Zeit zu Zeit
einer von ihnen aufsteht, um eine fettartige Masse
zur besseren Verbrennung dem Todten aufzugießen.
Gebete oder dergleichen habe ich nicht bemerkt. Ist
der Leichnam verbrannt, so wird die Asche dem
Meere übergeben und nur ein Theil davon für die
Einsenkung in dem heiligen Benares aufbewahrt.
Außer dieser Religionssekte sind noch einige Hundert
indische Mohammedauer in Maskat. Für sie kennt
der Kaufmann bloß das Epitheton „Chikaneur“.
Neben dem Handel betreiben sie Wuchergeschäfte.
Gerade die orthodoxen Mohammedaner sind es, welche
diese Schiiten am meisten hassen. In derselben Ge-
ringschätzung stehen sie in Indien bei der britischen
Regierung, welche sie nur ungern im Staatsdienst
verwendet und die Anhänger der brahmanischen
Religion vorzieht.
Araber giebt es in Maskat wenig, denn das
aus einem Gemisch von Persern, Belutschen, Negern,
Arabern u. f. w. bestehende Element verdient diesen
Namen nicht, besitzt auch keine der Tugenden, welche
dem Araber eigen sind. In Europa und Ostafrika
macht man allgemein den Fehler, Araber und Mo-
hammedaner als gleichbedentende Wörter zu gebrauchen,
obwohl es doch beispielsweise keinen gröseren Unter-
schied geben kann als Türken und Araber oder
indische Mohammedaner und Araber oder Snahelis
und Araber. Alle diese sind von ganz anderer
Nationalität und vor Allem gar keine Semiten.
Es ist geradezu lächerlich, z. B. Buschiri oder Tippo
Tipp als Araber zu bezeichnen, da dieselben völlig
Neger sind und kein Wort Arabisch verstehen. Wer
den Araber verstehen will, muß seine Religion ver-
stehen. Beide sind untrennbar. In ihr lebt und
webt er, in ihr findet er seine Stärke.
Am sympathischsten bei den Oman-Arabern hat
mich stets die ihnen eingewurzelte, zur anderen Nakur
gewordene Liebe zu den Waffen berührt, welche sich
am schönsten in der Beharrlichkeit offenbart, womit
der Einzelne seine Ersparnisse darin anzulegen pflegt.
Seine Waffen sind sein Stolz, das Fehlen derselben
sein größter Kummer. Mit den Waffen legt er sich
schlasen, mit ihnen steht er auf. Er ist das Gegen-
theil einer „Krämerseele“, und in Sansibar sowohl
als in Oman sind es diese Eigenschaften, welche die
Wohlhabenden ruiniren und ihre im Karawanenhandel
erworbenen Güter dem Inder in die Hände spielen.
Höchst interessant sind auch die so lebhaft an das
Mittelalter erinnernden Gebräuche der siets unter-
einander in Fehde lebenden arabischen Großen. Das
Land ist mit Burgen besät — Burg ist selbst ein
arabisches Wort — das Ganze ein Stück Mittel-
alter, wo Kämpfe, Wegelagerei, Minnc= und Schlacht-
gesänge noch heute in Flor stehen.
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Der Zufall wollte, daß ich am Vorabend des
Fastenmonaks in Maskat ankam, und ich fuhr, um
den Beginn desselben besser zu sehen, nach Matrah,
einer eine halbe Stunde von Maskak liegenden
Handelsstadt.
Die hier gebrauchten Boote (böri Pl. hewäri)
zur Ueberfahrt dorthin sind von äußerst leichter Bau-
art, 3 Meter lang, ohne Ruder= und Sitzbänke und
von außen mit bunten Farben, gewöhnlich grün, roth,
weiß, bemalt. Man hat sich auf recht unbequeme
Art auf den Boden desselben zu seben und während
der Fahrt jede Bewegung zu vermeiden. Die zwei
Bootsleute sitzen je an einem Ende. Wo immer die
Felsen nicht ganz an das Meer reichen, sieht man
Ortschaften am Strande. Matrah bietet zu dieser
Jahreszeit wenig Sehenswerthes, soll aber zur Zeit
der Dattelzufuhren aus dem Innern sehr belebt und
der Schauplatz eines ganz eigenartigen Beduinen-
lebens sein. Der Handel hat sich von Maskat nach hier
verzogen, da Matrah im Gegensaß zu Maskat dem
Hinterlande offen sicht und seine Rhede besser und
bequemer für den Barkenverkehr ist.
Als ich wieder in meinem Boote saß, fuhr die
„Oriental“ an uns vorüber, ihrem Endziele Bosra
zu. Ich winkte ihr, der zum Abbruch bestimmten,
Lebewohl zu und es war mir dabei, als ob ich
einem lieben Bekannten das letzte Geleite gäbe. Aus
dieser etwas melancholischen Stimmung weckten mich
plötzlich die zu Ehren des Ramadans von allen Forts
ertönenden Kanonen= und Flintenschüsse, welche das
Echo in nie enden wollender, einem Donner ähnlicher
Weise fortrollte. Man halte den Neumond gesehen
und gab seinen frendigen Gesühlen durch Schießen
überall Ausdruck. Was so einc Flinte bei solchen
Anlässen Alles aushalken muß, ist unglaublich. Der
lange Bedninen-Gewehrlauf wird bis zur Hälfte mit
Pulver, Lumpen und dergleichen voll gestopft und
das Gewehr zur Erhöhung des Knalles beim Ab-
feuern zur Erde gehalten. Es war eines der wir-
kungsvollsten Schauspiele, die ich erlebt. Die glühende
Sonne war eben untergegangen, ihre goldenen Reflexe
lagen noch auf den schwarzen Felsmassen, welche
mich fast völlig umgaben, unter mir das tiefblaue
ruhige Meer, vor mir die Burgen von Maskat und
über dem Ganzen die weihevolle Feststimmung. Im
Grunde genommen, kam mir der Fastenmonat sehr
ungelegen, denn der Araber ist in dieser Zeit nur
schwer zu irgend einer geschäftlichen Abmachung,
gheschweige denn zur Theilnahme an einer Reise in
das Innere zu bewegen. Achtunggebietend ist die
Energie, welche er an diesem Feste und bei solcher
Hitze durch Enthaltung von Speise und Trank des
Tags über bekundet.
Man praßt dafür allerdings von Sonnenunter-
gang an um so mehr, muß aber von dem Momente,
wo ein schwarzer Faden von einem weißen zu unter-
scheiden ist, das Tagesfasten wieder beobachten. Das
Wunderbare an der ganzen Institution ist, daß sie
von allen Mohammedanern, ja selbst von notorischen