Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

litterär-arabisch zu sprechen, und er andererseits auch 
noch keinen Europäer gesunden habe, der seine Landes- 
sprache studirt hätte. Als ich ihm darauf erklärte, 
daß ich dieselbe sogar wissenschaftlich bearbeitet hätte, 
machte er ein ungläubiges Gesicht, und es mochte ihm 
dies etwa so vorkommen, als wie wenn ich einem 
solchen Studien Fernstehenden sagte, ich hätte über den 
Schweizer oder Berliner Dialekt eine wissenschaftliche 
Abhandlung geschrieben. Es war 10½ Uhr, als 
ich das Palais verließ, und schon zeigte das Thermo- 
meter 25°%R im Schatten. Um den Sonnenstrahlen 
zu entgehen, schlug ich meinen Heimweg durch den 
Vazar ein. Es ist ein Abbild von Maskat in Bezug 
auf seine Aermlichkeit und Erbärmlichkeit. Die 
Händler sind meist Fremde, Inder, Belutschen, Perser 
und Neger. Am eigenartigsten wirken noch die hier und 
da feilschenden Wüstensöhne, braune Gestalten mit 
langen schwarzen Locken, Gazellenaugen, einer Lanze 
in der Hand und den unvermeidlichen Dolch um die 
Hüsten gebunden. Ich kam an einer zerfallenen 
Kirche vorüber, welche die Porkugiesen in ihrer Glanz= 
geit hebaut und die gegenwärtig als eine Art Marstall 
iente. 
Die Herrschaft ist bei den patriarchalischen Ver- 
hältnissen Omans eine äußerst beschränkte. Sie reicht 
nicht über gewisse Stadibezirke hinaus. Ihr parallel 
laufen die althergebrachten Scheichschaften der ver- 
schiedenen arabischen Stammeshäupter. Bemerkens- 
werth ist es, daß Oman noch das einzige nicht unter 
Fremdherrschaft stehende arabische Reich ist. 
Ueber die Erbfolge existirt kein geschriebenes 
Gesetz. Traditionell geht dieselbe immer auf den 
ältesten Bruder des Verstorbenen oder auf den 
ältesten Sohn eines der regiert habenden Sultane 
über. Der Ausnahmen sind jedoch mehr als der 
Fälle, wo diese obige Theorie ihre Bestätigung ge- 
funden. 
Ein geistliches und zugleich weltliches Amt ist 
die Imamschaft, eine Wahlregentschaft, zu deren Er- 
langung ein tadelloses Leben und große Kenntnisse 
nothwendig sind. Seit Langem ist diese Stelle un- 
besetzt, wahrscheinlich wegen Mangel geeigneter Per- 
sönlichkeiten. 
Staatsverträge hat der Sultan von Maskat 
mit England, Frankreich und den amerikanischen 
Staatengeschlossen. Dieletzteren beiden Staaten werden 
durch den amerikanischen Konsul vertreten. 
Das Heerwesen besteht in einer Folgeschaft der 
Freien. Eine siehende Truppe fehlt. Die Flotte 
besteht aus zwei Dampfern und einigen Segelschiffen. 
Eine eigene Münze besitzt Oman nicht. Conrant 
ist die indische Rupie, der Maria-Theresia-Thaler, 
das englische Pfd. Strl. 
Die Revenuen des Sultans sind: 
1. die englischerseits gezahlten Subsidien, 
. die Zölle, welche an einen Inder für 
17 000 Pfd. Strl. jährlich verpachtet sind, 
Export ist zollfrei, 
Import 5 pCt. vom Werthe, Transit 5 pCt. 
  
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Datteln zahlen etwa 2 Rupien per Kameels- 
last und ½ Anna Wiegelohn per Pack. 
3. das Privatleinkommen aus den Ländereien 
und Sklaven, welches die häuslichen Bedürf- 
nisse des Herrschers deckt. 
Das Verkehrswesen ist wenig entwickelt. Einen 
regelmäßigen Passagier= und Postverkehr Bombay— 
Basra vermittelt alle 14 Tage die Britisch-India- 
Kompagnie. Agenturen derselben sind in: Kurrachee, 
Gwadur, Maskat, Jask, Bender-Abbas, Linga. 
Bahren, Buschyr, Fau und Boska. 
Alle diese Stationen haben britisch-indische Post- 
ämter. 
Der Post= und Passagierverkehr nach dem Innern 
ist ein gelegentlicher und privater. 
Die Telegraphenstation für Maskat und Oman 
ist Jask. ' 
Bodenbeschaffenheit: Ueber den vegetations- 
losen, gebirgigen Charakter von Maskat ist bereits 
oben gesprochen. Die Berge sind vulkanischen Ur- 
sprungs und bestehen aus Serpentin. Sie führen 
Eisen. . Nur ein Paß — der nach Sedeb — gestattet 
den Zutritt im Süden zur Stadt. 
Der El batne (d. h. Mittelland) genannte Land- 
strich ist Sandwüste, infolge der Kultur aber an 
vielen Orten zu den schönsten Feldern und Dattel- 
wäldern umgeschaffen. 
Das Grüne Gebirge (gebel laxdar) erhebt sich 
zu sehr beträchtlicher Höhe. Es zeitigt fast alle 
enropäischen Früchte und einen gulen Wein. Ihm 
entspringt eine Anzahl kleinerer Flüsse (eleg), 
welche einem großen Theil des Landes zur Be- 
wässerung dienen. Von Ristag bis Nizeve am 
Fuße dieses Gebirges ist ein wahres Arabia telix, 
woselbst alle Thäler (wadi) in der denkbar groß- 
artigsten Weise bebant und fruktifizirt werden. Das 
Wasser ist natürlich auch hier die Hauptsache. 
In Maskat wird der Bedarf an Trinkwasser 
aus dem Thale der tiurjän gedeckt. Neger tragen 
es in Hammel-Säcken, d. h. in Fellen, die dem ge- 
schlachteten Hammel derartig über den Kopf gezogen 
werden, daß dieselben unaufgeschnikten bleiben und 
bloß der Zuschnürung der Beingelenkstellen bedürfen, 
auf dem Rücken zur Stadt. Zu Badezwecken und 
dergleichen dient das in einer Wasserleitung (welche 
durch ein Fort beschützt wird) in die Stadt geleitele 
Wasser. Im Innern der Stadt befinden sich außer- 
dem noch einige Ziehbrunnen, bestimmt, in Zeiten 
der Belagerung das nothwendigste Wasser zu liefern. 
In Oman ist der Regenfall ein geringer und 
der Landmann infolge dessen gezwungen, eine künst- 
liche Bewässerung des Bodens herzustellen. Zu 
diesem Zwecke werden die Gebirgsbäche und die 
Schöpfbrunnen verwandt. Die Ersteren im Bereiche 
des „Grünen Gebirges“ derartig, daß einem jeden 
Grundbesitzer das Wasser des Baches zur Ableitung 
auf seine Felder täglich für gewisse Stunden zur 
Verfügung steht. 
 
	        
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